Sonntag, 21. März 2010

Etikettenschwindel einer Edelmarke

Der Schmuckersteller Chopard verkauft eine von der Tochter des usbekischen Präsidenten entworfene Kollektion - angeblich zugunsten Unicefs. Doch das Hilfswerk dementiert.

VON MARCUS BENSMANN

Gibt's sogar im Berliner KaDeWe: Klunker von Chopard.

Chopard tut Gutes und redet darüber. Der exquisite Uhren- und Schmuckhersteller aus Genf unterstützt die Elton-John-Aids- sowie die José Carreras International Leukämie Foundation und veranstaltet Poloturniere mit Prince Charles für dessen Umweltstiftung. Auch in der Kooperation mit der usbekischen Präsidententochter Gulnara Karimowa gibt sich der Juwelier wohltätig. Die Hänger, Ringe und Ohrclipse in Rotgold sind zwar nicht billig, die teuerste Preziose kostet 5.780 Euro.

Aber das Geld kommt einem guten Zweck zugute: "Chopard verkauft weiterhin die Kollektion ,Gulli' zur Unterstützung des Unicef-Projekts von Frau Karimova", erklärt die Managerin für Media Relations, Annette Heuer, der taz - und fügt dem Namen der Schmucklinie ein "l" hinzu. Doch bei dem Kinderhilfswerk gibt es andere Informationen. "Unicef unterhält keinerlei Projekte mit Frau Karimowa", erklärte ein hochrangiger Mitarbeiter gegenüber der taz.

Eine Kooperation von Unicef mit Karimowa käme auch einer am Roulettetisch zockenden und Schnaps saufenden Heilsarmee gleich. Die britische Enviromental and Justice Foundation berichtet Anfang des Jahres im Report die "Sklavennation" darüber, "wie die usbekische Regierung weiterhin die internationale Gemeinschaft belügt und routinemäßig hunderttausend Kinder als Arbeiter in die Baumwollernte zwingt".

Karimowa repräsentierte als usbekische Botschafterin erst in Genf und nun in Spanien diesen zentralasiatischen Staat. Ihr Vater Islam Karimow ist ein Tyrann alter Schule. Tausende Menschen sitzen wegen politischer und religiöser Überzeugungen in usbekischen Gefängnisse ein. Journalisten, Menschenrechtler und Oppositionelle werden verfolgt, verhaftet oder ermordet. Die Folter wird in Usbekistan nach UN-Angaben "systematisch" angewandt. Am 13. Mai 2010 jährt sich der fünfte Jahrestag des Massakers von Andischan. Die Reichtümer des Landes, wie Baumwolle, Gold, Gas und Öl, sind Beute der herrschenden Eliten.

Die 37-jährige Karimowa brilliert dennoch in Europa als Botschafterin und gibt sich vielseitig. Sie versteht sich als Politikerin und Botschafterin, aber auch als Sängerin, Künstlerin, Modeschöpferin und Schmuckdesignerin von "Guli".

Und sie hat in Caroline Gruosi-Scheufele, der Vizepräsidentin von Chopard, eine offenbar passende Begleiterin gefunden. Auf der Website wird die "kreative Symbiose" zwischen beiden beschworen, zum Beispiel bei der gemeinsamen Präsentation in Basel. Gruosi-Scheufele und Karimowa sind auch sonst viel unterwegs. Auf dem Dinner der Elton-John-Aids-Stiftung traten sie 2009 und 2010 gemeinsam auf und feierten auf der von Karimowa gesponserten Cinema Against Aids Gala 2009 während der Filmfestspiele von Cannes.

Die Verkaufserlöse der Kollektion Guli dient der Unterstützung des Kinderfestivals Yangi Avlod in Taschkent, das vom usbekischen Fund Forum organisiert wird. Die Stiftung zur Jugendförderung untersteht Karimowa und zeigt sich in ihrer Arbeit nicht kleinlich. Im Dezember 2009 flog Fund Forum den Fußballer Cristiano Ronaldo von Real Madrid für ein paar Trainingsstunden mit Jugendlichen nach Taschkent ein.

Auf der Website der Fund Forum Stiftung steht, dass das Yang-Aavlod-Festival seit 2009 gemeinsam mit Unicef durchgeführt wird. Kurz nach der Rückkehr der usbekischen Kinder von der Zwangsarbeit aus den Baumwollfeldern sollte im November 2009 das Festival der Stiftung in Taschkent im Zeichen des 20. Geburtstages der UN-Kinderkonvention stehen. Doch Unicef ließ sich nicht einbinden. "Ich bedauere, Unicef ist nicht in der Position, den Gebrauch seines Namens, Logos oder Emblems zu erlauben", heißt es in einem Brief des vormaligen Unicef-Repräsentanten in Taschkent, Mahboob Shareef, an den Geschäftsführer der Fund-Forum-Stiftung vom 11. 11. 2009 wenige Tage vor Beginn des Festivals. Eine Kopie des Briefs liegt der taz vor.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. "Unicef hat keine Partnerschaft mit Fund Forum", erklärte am Freitag ein Unicef-Mitarbeiter auf taz-Anfrage. Die usbekische Stiftung führt dennoch Unicef als Partner auf.

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