Im Zuge der Missbrauchsvorwürfe gegen kirchliche Einrichtungen hat nun auch Papstbruder Georg Ratzinger zugegeben, Zöglinge geohrfeigt zu haben. Außerdem habe er von den Prügel-Praktiken in der Internatsvorschule der Regensburger Domspatzen gehört, sei aber nicht eingeschritten.
Bundesweit wurden auch am Dienstag wieder neue Missbrauchsvorwürfe bekannt. Politiker und Lehrerverbände drangen auf rückhaltlose Aufklärung, die trotz der Debatte um Prävention nicht vernachlässigt werden dürfe.
Der damals als Regensburger Domkapellmeister tätige Georg Ratzinger räumte ein, bis zum Ende der 70er Jahre in den Chorproben selbst hin und wieder Ohrfeigen verteilt zu haben. Doch habe er nie jemanden "grün und blau" geschlagen, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Früher seien Ohrfeigen "einfach die Reaktionsweise auf Verfehlungen oder bewusste Leistungsverweigerung" gewesen.
Von den Prügel-Praktiken in der Internatsvorschule der Regensburger Domspatzen habe der Bruder des Papstes zwar von einigen seiner Sänger erfahren, er wendet jedoch ein: "Das Ausmaß dieser brachialen Methoden von Direktor M. war mir nicht bekannt. Wenn ich gewusst hätte, mit welch übertriebener Heftigkeit er vorging, dann hätte ich schon damals etwas gesagt."
Benedikt XVI. ist nun als Krisenmanager gefragt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sucht am Freitag im Vatikan den Rat des deutschen Papstes. Benedikts Ziel ist klar, das zeigte sich bereits bei den Skandalen in Irlands Kirche: Null Toleranz gegenüber den Schuldigen, Bestrafung, raschere Aufklärung der Fälle, also auch mehr Transparenz. Und dazu Maßnahmen zur Vorbeugung, etwa in der Priesterausbildung. "Richtiges Reinemachen", so nennt das der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der Zeitung bei allen berechtigen Fragen der Prävention dürfe die konkrete Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche nicht in den Hintergrund rücken. Die Grünen-Politikerin Renate Künast erklärte, ihre Partei wolle sich deswegen nicht an einer Debatte über Verjährungsfristen beteiligen. "Diese Debatte lenkt von dem ab, was jetzt erstmal nötig ist: die Aufklärung dessen, was geschehen ist", sagte sie der "Neuen Westfälischen".
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sprach sich derweil für eine Verjährungsfrist von 30 Jahren bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aus. Bei der heutigen Frist von zehn Jahren nach Volljährigkeit des Opfers - diese gilt bei schwerem und schwerstem sexuellen Missbrauch - könnten die Gerichte nicht angemessen handeln, sagte Schick.
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