Fußball-Debatte bei Plasberg

Das nächste Outing ist immer das schwerste

Von Markus Brauck

Schwule Spieler, Homophobie im Stadion, der Fall Amerell - Frank Plasbergs Debatte über Homosexualität im Fußball versprach Brisanz. Doch der Diskurs geriet zur Gähnrunde. Selbst Dauermacho Claude-Oliver Rudolph mochte nicht den Bösewicht spielen. Dass es peinlich wurde, lag am Moderator selbst.

Es war fast halb zwölf, als Frank Plasbergs Polit-Talk endlich begann. Und man kann sagen: Auch dann zog es sich noch ziemlich.

Ob es am Moderator lag, der sehr merkwürdige Fragen stellte? An den Gästen, die sich nicht einmal zu einem Schau-Streit hinreißen ließen? Am Thema? Oder einfach daran, dass "Hart aber fair" nicht unbedingt ein Format für Zwischentöne ist? Jedenfalls ging dieser Versuch, worauf er auch immer zielte, gründlich daneben.

Das Thema war schnell umrissen, die Zielrichtung auch. Noch immer hat sich kein aktiver deutscher Profi-Fußballer als schwul geoutet. Hoffentlich traut sich bald mal einer, lasst uns also alle das Klima dafür schaffen, dass es möglich wird. So weit, so gut, so richtig, so wünschenswert - und so öde.

Enormer Energieverlust

Spannend wäre es natürlich gewesen, jemanden zu hören, der dafür verantwortlich ist, dass sich daran nichts ändert. Zumindest einen vom DFB, den man ein bisschen hätte prügeln können. Oder vielleicht auch Ex-Schalke-Manager Rudi Assauer, der jüngst mit der Aussage aufgefallen war, wer sich als schwuler Fußballer oute, solle lieber den Job wechseln.

Aber diese Gäste hatten abgesagt. Und so dümpelte die Show dahin.

Fußballtrainer Peter Neururer hätte kein Problem damit, wenn sich einer outet. Fernsehmoderator Johannes B. Kerner hätte auch keins. Der schwule Grünen-Politiker Volker Beck und der schwule Ex-Fußballer Marcus Urban hätten es ohnehin nicht. Urban brach seine Karriere vor Jahren schon ab. Er erzählte sehr persönlich, wie es war, als er als Schwuler im Fußballmilieu ständig Versteck spielen musste und welchen "enormen Energieverlust" das für ihn bedeutete. "Man überlegt jede Sekunde, was sage ich, könnte das irgendwie schwul klingen, man fühlt sich, als würde man permanent vor dem Richter stehen."

Vielleicht wäre das irgendwie noch ein Ansatz gewesen, über diese Erfahrungen zu reden. Sandra Maischberger bearbeitet diese menschelnden Dinge mitunter gut. "Hart aber fair" ist jedoch ein Format für Konfrontationen. Davon lebt es, doch davon war nichts zu spüren. Nicht einmal in den Einspielfilmen.

Nur Claude-Oliver Rudolph war nicht mal im Ansatz ernst zu nehmen, und offenbar ödete auch ihn selbst die Rolle zusehends an, die ihm von der Sendungsdramaturgie zugedacht worden war.

"Wirkt er unmännlich auf Sie?"

Ein wenig fassungslos starrte er den Moderator an, als der gegen Ende der Sendung auf den bekennend schwulen Rugby-Spieler Gareth Thomas zu sprechen kam, die Regie Bilder von dessen beeindruckend muskulösen Körper zeigte und Plasberg tatsächlich fragte: "Wirkt er unmännlich auf Sie?"

Plasberg war nicht in guter Form. Er bewegte sich unsicher wie selten durch die Abgründe und schwierigen Abschnitte seiner Fragenstrecke. Und so war es nur gerecht, dass ihn ausgerechnet Moderatorenkollege Kerner gleich zweimal rüffelte. Einmal brachte Kerner den Hinweis, der bei Plasberg fehlte: dass es ja auch schwule Fanclubs gebe. Dann hielt er ihm völlig zu recht vor, dass der Fall des Schiedsrichters Amerell mit der Frage schwuler Fußballer eigentlich nichts zu tun hat. Was auch Beck so sah: "Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist keine Erfindung von Schwulen."

So blieb man am Klischee hängen, kam keinen Millimeter vorwärts und war dabei nicht mal unterhaltsam. Dabei hätte es durchaus noch ein bisschen was zu besprechen gegeben, wenn man den Horizont nur ein bisschen erweitert hätte. Die neu zu beobachtende Homophobie unter einigen Gruppen von Jugendlichen. Die ebenfalls spärlichen Outings in den Spitzenetagen der Wirtschaft. Doch daran wurde gerade mal gekratzt.

Richtig peinlich wurde es dann am Schluss, als Plasberg in seiner mittlerweile zum verkrampften Ritual verkommenen Schlussrunde tatsächlich jeden in seiner Herrenrunde fragte, wer denn mit wem am liebsten ins Doppelzimmer wolle. Da wanden sich Plasbergs Gäste unangenehm berührt. Nur der Moderator fand es irgendwie amüsant. Warum, bleibt sein Geheimnis.