Beim Vorgehen gegen Aktivisten haben offenbar auch französische Polizisten zugeschlagen. Grüne und Linke sind empört, das Innenministerium weiß von nichts.

VON FELIX DACHSEL & MARTIN KAUL
"Police" und Polizei, Seit' an Seit' an der Schiene. Foto: Christian Jäger

Beim Castor-Einsatz am vergangenen Wochenende im Wendland sind offenbar auch ausländische Polizisten aktiv gegen Protestierer vorgegangen. Fotos zeigen, wie ein Polizist der französischen Eliteeinheit CRS mit erhobenem Schlagstock auf Aktivisten zuläuft, die am Sonntagmorgen Schotter aus den Schienen entfernen wollten; später hält er einen Demonstranten im Schwitzkasten, in Sichtweite seiner deutschen Kollegen von der Bundespolizei.

"Augenscheinlich rechtswidrig" ist ein solcher Einsatz nach Ansicht des Grünen-Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele. "Ausländische Polizisten haben in Deutschland keinerlei Eingriffsbefugnisse", erklärte er. Würden sie trotzdem tätig und wendeten dabei Gewalt an, sei dies Amtsanmaßung und ein Verstoß gegen das Waffengesetz. Zudem kritisierte Ströbele, dass deutsche Polizisten dabei nicht zusehen dürften, sondern dies unterbinden müssten.
Auch der Berliner Anwalt Christoph Müller, der nach eigenen Angaben am Sonntag persönlich einen gewalttätigen Einsatz eines französischen Polizisten gegen einen Aktivisten an den Schienen bei Leitstade beobachtet hat, hält das Vorgehen für illegal. "Ich habe noch vor Ort Anzeige wegen Amtsanmaßung erstattet", so Müller gegenüber der taz.
Weder die Bundespolizei noch die für den Castor-Einsatz zuständige Polizei Lüneburg wollten die Fotos am Mittwoch kommentieren. Ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte gegenüber der taz, dass französische Polizisten in Deutschland am Einsatz beteiligt waren, aber nur "als Beobachter". Dagegen wies das Bundesinnenministerium diese Darstellung zunächst zurück. "Wir haben keine französischen Beamten angefordert, also waren in Deutschland auch keine französischen Polizisten im Einsatz", erklärte ein Sprecher. Die Bilder seien kein Beweis. Später relativierte er die Aussage und erklärte, ihm sei von einem solchen Einsatz nichts bekannt.

Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke, die am Mittwoch im Innenausschuss des Bundestags vom Innenministerium eine Erklärung zu dem Einsatz der ausländischen Beamten verlangt hatte, reagierte empört. "Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, wenn hier ohne Wissen der Bundesregierung voll bewaffnete Polizeibeamte aus dem Ausland im Einsatz sind", sagte sie.
Unterdessen wies das Bundesverteidigungsministerium Spekulationen zurück, wonach am Wochenende auch Einsatzkräfte der Bundeswehr im Rahmen des Castortransports im Einsatz gewesen sein sollen. Ein Ministeriumssprecher sagte der taz: "Das ist an den Haaren herbeigezogen und entbehrt jeder Grundlage." Bewegungen von Bundeswehrfahrzeugen und -flugzeugen, die von Demonstanten beobachtet wurden, stünden in keinem Zusammenhang mit dem Castoreinsatz.
Beamter der französischen Eliteeinheit CRS mit Teleskopstock beim Castor 2010 an der Schiene. Foto: Christian Jäger