Mittwoch, 10. März 2010

Kinder quälten Münchner Seniorin

Sie traten auf eine hilflose alte Frau ein, bespritzten sie mit Rasierschaum und Schnaps. Zwei Teenager haben in München eine demenzkranke 83-Jährige schwer misshandelt. Beide Jungen waren dem Jugendamt bekannt - allerdings nicht aufgrund von Gewaltdelikten.

München - Im Münchner Stadtteil Milbertshofen haben zwei 13-Jährige am Montagnachmittag eine demenzkranke 83-Jährige in ihrer Wohnung brutal misshandelt. Polizeiangaben zufolge flößten sie der Frau Alkohol ein, traten die auf dem Boden liegende Seniorin, spritzten ihr Rasierschaum, Maggi, Parfum und Kräuterschnaps ins Gesicht. Ein Täter soll auch auf die Frau uriniert haben.

Die Ermittler gehen davon aus, dass sie sich mehrere Stunden in der Gewalt ihrer Peiniger befand, bevor diese sie hilflos zurückließen. Stundenlang lag die Seniorin verletzt in ihrer Wohnung. Erst am Abend beichtete einer der Jungen der Mutter des anderen die Tat. Diese alarmierte die Polizei.

Um 20.40 Uhr fanden die Beamten die verstörte Rentnerin noch immer auf dem Boden liegend in ihrer Wohnung. Sie sei fähig gewesen, den Beamten die Tür zu öffnen, sagte der Münchner Kriminaldirektor Frank Hellwig. Ob Spätfolgen bei der Verletzten zu befürchten sind, sei bislang unklar. Das Opfer erlitt unter anderem Verletzungen an Hornhaut und Bindehaut und wurde am Mittwoch noch stationär im Krankenhaus behandelt.

Einer der Jungen kannte die Frau offenbar gut. Er soll ihr öfter schwere Einkaufstaschen in die Wohnung getragen haben. Das Motiv für die Tat sei völlig unklar, sagte Hellwig.

Was hat die zwei Jungen zu solch einer Gewalttat bewogen? "Das ist ohne die nötigen Hintergründe zu kennen schwer zu beurteilen. Man müsste etwa wissen, ob es einen Konflikt gab zwischen Täter und Opfer", sagt der Tübinger Kriminologe Elmar Weitekamp SPIEGEL ONLINE.

Die Ermittlungen gestalten sich offiziellen Angaben zufolge schwierig. Die demente Frau habe bisher keine Aussagen machen wollen. Der Junge, der die Seniorin kannte, soll ihr kürzlich gegen das Schienbein getreten haben. Anschließend hat sie den Kontakt offenbar abgebrochen. Die Polizei geht davon aus, dass dieser Junge größeren Anteil an der Tat hatte. Doch die Jungen bezichtigen sich gegenseitig, die Tat allein begangen zu haben. Nun sollen ihre Handys auf der Suche nach Beweisen ausgewertet werden.

Ein Täter in Psychiatrie eingewiesen

Der mutmaßliche Haupttäter wurde noch am Montag in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Der Junge ist laut Polizei seit frühester Kindheit verhaltensauffällig und war bereits in ambulanter psychologischer Behandlung. Unter anderem soll er bereits mehrfach von Zuhause ausgerissen sein. Als gewalttätig war er bisher allerdings nicht bekannt. Auch der zweite Junge war dem Jugendamt anscheinend bekannt und ist in der Vergangenheit von seinen Eltern ausgerissen.

Strafrechtliche Folgen haben die beiden nicht zu befürchten. Aufgrund ihres Alters sind sie nicht strafmündig. "Dass solche Fälle geschehen, dass ein paar Kinder total ausrasten, ist sehr bedauerlich, und jedes Opfer einer solchen Straftat ist ein Opfer zuviel", sagt Weitekamp, der sich seit Jahren mit Kinderkriminalität beschäftigt.

Laut Kriminalstatistik werden jedes Jahr mehr als 100.000 Straftaten von Kindern begangen - das sind rund 4,5 Prozent aller jährlich gemeldeten Straftaten. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren zwar leicht gesunken, doch innerhalb der Statistik gibt es auch eine gegenläufige Entwicklung: Die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen ist 2008 um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Von einem Trend zur Gewalt will Weitekamp allerdings noch nicht sprechen. "Dass die Taten schwerer werden, ist natürlich sehr bedauerlich. Man müsste es jedoch über einen längeren Zeitraum betrachten, um sagen zu können, dass es wirklich ein Trend ist", so der Kriminalwissenschaftler.

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