Auf die herbe Schlappe der konservativen UMP bei den Regionalwahlen reagiert der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy mit einer Kabinettsumbildung. Premierminister François Fillon beriet darüber am Montag mit Sarkozy.
Baroin, ein Vertrauter von Ex-Staatschef Jacques Chirac, gilt als Kritiker im eigenen Lager. Er hatte Präsident Sarkozy zuletzt vorgeworfen, zu viele Nicht-UMP-Politiker auf Regierungsposten gesetzt zu haben. Neben Arbeitsministers Darcos wird auch der für Armut und Jugend zuständige Hohe Kommissar Martin Hirsch die Regierung verlassen. Er war einer derjenigen, die für die "Öffnung nach links" standen. Neu ins Kabinett rücken neben Baroin zudem Marc-Philippe Daubresse, der Jugendminister wird, und Georges Tron, der als Staatssekretär für den öffentlichen Dienst zuständig sein wird.
Das Präsidialamt hatte vor der zweiten Runde der Regionalwahlen angekündigt, dass nur eine kleinere, "technische" Regierungsumbildung zu erwarten sei. Offenbar veranlasste das schlechte Wahlergebnis den Staatschef nun zu drastischeren Schritten. Ihren Kurs ändern wollen die Konservativen nach eigenem Bekunden nicht: Die Linke habe die Wahlen zwar gewonnen, sagte Parteichef Xavier Bertrand im Sender RTL. Die Wähler hätten "aber nicht Nein zu den Reformen" gesagt. Sarkozy hat angekündigt, dass er das Rentensystem umgestalten wolle, ein Tabuthema in Frankreich. Aus Angst vor Massenprotesten hatte sich seit den achtziger Jahren keine Regierung an die Reform getraut.
Die von der Sozialistischen Partei (PS) angeführte Linke hatte am Sonntag landesweit fast 54 Prozent der Stimmen erzielt und in 21 von 22 Regionen auf dem Festland gewonnen. Das Elsass bleibt die letzte Bastion der UMP. Damit fiel der Triumph der Linken noch deutlicher aus als 2004, als sie mit knapp 50 Prozent 20 Regionen erobert hatten. Besorgniserregend für Sarkozy zwei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl war zudem das starke Ergebnis des rechtsradikalen Front National (FN), der landesweit 9,2 Prozent holte.
Sarkozy will Frust in den eigenen Reihen bekämpfen
Premier Fillon hatte die Niederlage eingeräumt und erklärt, er übernehme seinen Teil der Verantwortung. Anders als nach Wahlschlappen üblich bot der Regierungschef aber nicht seine Demission an. Sarkozy ist auf seinen Top-Manager angewiesen, um die drängende Rentenreform trotz des starken Gegenwindes noch vor der Präsidentschaftswahl angehen zu können.
Die Abstimmung war der letzte große Stimmungstest vor der Präsidentenwahl in zwei Jahren. Mit der bevorstehenden Kabinettsumbildung reagiert Sarkozy auf den Frust in den eigenen Reihen. Viele konservative Stammwähler sind von Sarkozy und seiner als hektisch und undurchdacht empfundenen Reformpolitik enttäuscht. Steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Kaufkraft trugen zum Popularitätsverlust des einstigen Hoffnungsträgers bei.
Zusätzlich unter Druck gerät Sarkozy durch die anhaltenden Proteste gegen seine Reformpolitik und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. An diesem Dienstag werden der Zugverkehr, der öffentliche Nahverkehr, Schulen und Kindertagesstätten bestreikt. Die Gewerkschaften haben zu Demonstrationen in mehr als 70 Städten aufgerufen.
Villepin will nach Wahldebakel eigene Partei gründen
Die Schlappe der Konservativen gibt den parteiinternen Gegnern Sarkozys Auftrieb. Der ehemalige Regierungschef Dominique de Villepin werde am Donnerstag die Gründung einer neuen Partei ankündigen, die bei der Präsidentschaftswahl 2012 eine Alternative zu Sarkozy bieten solle, sagte der Villepin unterstützende Abgeordnete François Goulard am Montag im Sender France Inter. Sarkozys Strategie sei zum Scheitern verurteilt, wie die Niederlage bei den Regionalwahlen gezeigt habe. Der Gründungskongress der neuen Partei soll laut Goulard im Juni stattfinden.
Villepin war von 2005 bis 2007 Premierminister und hatte sich mit Sarkozy einen harten Kampf um die Präsidentschaftskandidatur 2007 geliefert. Sarkozy wirft Villepin vor, 2004 an einer groß angelegten Verleumdungskampagne gegen ihn beteiligt gewesen zu sein. Villepin musste als Angeklagter in der sogenannten Clearstream-Affäre vor Gericht, wo Sarkozy als Nebenkläger aufgetreten war. Der Ex-Premier wurde Ende Januar freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft beantragte jedoch Berufung. Villepin muss deshalb voraussichtlich Ende des Jahres oder Anfang 2011 erneut vor Gericht.
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