Marl/Hamburg - Business as usual bei den Grimme-Preisen - aber nur fast. Denn wie jedes Jahr haben die öffentlich-rechtlichen Sender zwar den Löwenanteil der so begehrten wie renommierten Fernsehpreise abgeräumt. Doch die Privaten erhielten im Bereich "Information und Kultur" erstmals zwei von fünf Preisen und erzielten so einen Achtungserfolg.
Wie das Adolf-Grimme-Institut am Mittwoch in Düsseldorf bekanntgab, zeichnete die Jury im Bereich "Information & Kultur" den ProSieben-Film "Galileo Spezial - Karawane der Hoffnung" aus. Für die Dokumentation begleitete der Filmemacher Karsten Scheuren den Profi-Weltenbummler Rüdiger Nehberg sowie dessen Frau Annette bei ihrem Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung in der islamischen Welt.
Das DSF darf sich über einen Spezialpreis für den Filmemacher Aljoscha Pause freuen, den die Jury für seine beiden Dokumentationen über Homosexualität im Fußball würdigte; ein Thema das derzeit durch den Fall Amerell erneut hochaktuell ist. "Das zeigt, das besondere Anstrengungen natürlich bemerkt und auch honoriert werden", erklärte Grimme-Chef Uwe Kammann den überraschenden Erfolg der Privaten in dieser Sparte.
Großer Gewinner des Jahres ist allerdings das ZDF: Sechs der insgesamt zwölf Preise gehen nach Mainz. Allein im Bereich Fiktion dominierte das ZDF mit vier von fünf Preisen. Prämiert werden der Fernsehfilm "Mörder auf Amrum", eine Art friesische Adaption des Western-Klassikers "High Noon", der Fernsehkrimi "Kommisar Süden und der Luftgitarrist" (Regie: Dominik Graf) , das Rache-Drama "Ein halbes Leben" sowie die bestechende ost-westdeutsche Nachkriegssaga "Die Wölfe", ein Porträt der Generation Währungsreform, das bereits einen prestigeträchtigen International Emmy gewann.
Die ARD muss sich in dieser Kategorie mit einem Preis für "Frau Böhm sagt nein" begnügen. In dem Sittengemälde aus den deutschen Chefetagen wehrt sich eine altgediente Firmenassistentin (Senta Berger) gegen Lustreisen-Mentalität, dicke Boni und Vorstandsarroganz. Bemerkenswert auch, dass keine einzige ARD-"Tatort"-Folge ausgezeichnet wurde.
In der Kategorie Unterhaltung befand die Jury die satirische ZDF-Nachrichtensendung "heute-show" mit Oliver Welke und Martina Hill sowie das ARD-Talk-Format "Inas Nacht" für preiswürdig. Der Moderatorin Ina Müller gelinge es, auf freche aber dennoch sehr charmante Art, ihre Gäste nicht nur zum Singen und Tanzen zu animieren, sondern sie auch aus dem Nähkästchen plaudern zu lassen, begründete die Jury ihre Wahl. Der in dieser Kategorie bereits zum fünften Mal nominierte ARD-Comedian Kurt Krömer ging abermals leer aus - er wird also weiterhin darüber witzeln dürfen.
Der Adolf-Grimme-Preis wird seit 1964 jährlich an qualitativ herausragende Fernsehproduktionen vergeben. Er ist der Fernsehpreis des Deutschen Volkshochschul-Verbands und ist nicht mit einem Geldbetrag dotiert. Die Preisträger werden in den drei Kategorien Fiktion, Unterhaltung sowie Information und Kultur ermittelt; dieses Jahr wählte die Jury aus 582 eingereichten Vorschlägen aus. Die Verleihung ist für den 26. März in Marl geplant, dem Sitz des Adolf-Grimme-Instituts.
Im vergangenen Jahr war die ARD der große Grimme-Gewinner: Der Sender wurde mit neun von insgesamt zwölf Trophäen bedacht. Mit der RTL-Serie "Doctor's Diary" zeichnete die Jury lediglich einen einzigen Beitrag eines privaten Senders aus.
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