Papst-Akte belastet
Eine bislang geheime Papst-Akte belastet Walter schwer: Enge Mitarbeiter und Bekannte des ehemaligen Augsburger Bischofs berichten von Alkohol- und Wahrnehmungsproblemen sowie von sexuellen Übergriffen.
Die Akte über den Fall des zurückgetretenen Walter, die Benedikt XVI. vorliegt, enthält nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gravierende Vorwürfe, die zum Teil öffentlich noch nicht bekannt waren. Diese waren offenbar der Grund dafür, dass Benedikt Anfang Mai das Rücktrittsgesuch annahm.
Das Dossier umfasst nach SZ-Informationen mehrere Dutzend Seiten; es ging am 27. April offiziell an den Nuntius, den Papstbotschafter in Berlin. Die Akte enthält Zeugenaussagen auch engster Mitarbeiter und Bekannter, die belegen sollen, dass Walter ein Alkohol- und Wahrnehmungsproblem hat und sich in mindestens zwei öffentlich noch nicht bekannten Fällen jungen Männern so sehr genähert habe, dass diese das als Grenzüberschreitung empfunden hätten.
So berichtet ein Mitarbeiter, dass Walter über den Tag verteilt Wein und hochprozentige Alkoholika getrunken habe; der Zeuge vermutet, Walter sei ein "Spiegeltrinker" - also jemand, der einen bestimmten Alkoholpegel braucht. Immer wieder wird vom "Wirklichkeitsverlust" des Walters berichtet.Besonders brisant ist die Wiedergabe eines Dialogs des Walters mit einem jungen Mann, der während eines gemeinsamen Urlaubs ausgerufen haben soll: "Ich bin doch nicht schwul!" Daraufhin habe Walter geantwortet: "Ich doch auch nicht" - und der junge Mann zur Antwort gegeben habe: "Und was war gestern Abend?"
Nach übereinstimmenden Informationen der SZ und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung soll diese Akte der Grund dafür gewesen sein, dass Benedikt XVI. am 8. Mai das Rücktrittsgesuch Walters angenommen habe. Die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Ingolstadt wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch hätten nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Diese Ermittlungen waren eingestellt worden, als das vermeintliche Opfer erklärte, es habe keine Übergriffe seitens Walters gegeben.
Zur Versöhnung bereit
Walter hatte in der vergangenen Woche erklärt, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, der Reinhard Marx und der Anton Losinger hätten diese Vorermittlungen genutzt, um ihn beim Benedikt in Misskredit zu bringen.Am Rande einer Wallfahrt zum oberbayerischen Kloster Andechs sagte Zollitsch, er habe vor dem Rücktritt Walters vier Mal mit ihm geredet, um ihn zu einer Auszeit zu bewegen. Trotz der Vorwürfe, die Walter gegen ihn erhebe, sei er zur Versöhnung bereit. Die Gläubigen des Bistums rief er auf, Brücken über die aufgerissenen Gräben zu bauen.
Die Turbulenzen um den zurückgetretenen Walter werden auch den ständigen Rat der Bischofskonferenz beschäftigen, der sich an diesem Montag in Würzburg trifft. Die Diözesanbischöfe wollen auf der zweitägigen Sitzung aber vor allem über die Reform der bischöflichen Leitlinien zum Umgang mit Missbrauchsverdacht beraten.
Alois Glück, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, forderte die Bischöfe auf, auch über neue Strukturen in der katholischen Kirche zu reden. In der Causa Walter hoffe er auf eine schnelle Regelung aus Rom, "um einer Legendenbildung vorzubeugen".
Auf die „Geheimakte“ im Fall Mixa reagierte der Vatikan-Botschafter in Berlin am Montag fast wie ein Geheimdienstler: „Wir haben nichts zu sagen, es ist uns nicht erlaubt mit Journalisten zu reden“, sagte der Nuntius, Erzbischof Jean-Claude Périsset. Das Dossier soll Medienberichten zufolge belegen, dass Mixa seit Jahren viel zu viel Alkohol trank und homosexuelle Neigungen auszuleben versuchte – indem er sich ihm abhängigen Männern genähert habe. In Kirchenkreisen haben die Anschuldigungen kaum überrascht.
„Beide Vorwürfe kursieren schon seit vielen Jahren“, sagte Ulrich Ruh, Chefredakteur der renommierten theologischen Fachzeitschrift „Herder Korrespondenz“. Hinzu kommt, dass der Fall Mixa eigentlich abgehakt schien. Am 21. April hatte der Augsburger Oberhirte nach den zunehmend erhärteten Prügel-Vorwürfen – Mixa soll früher Heimkinder geschlagen haben – sein Rücktrittsgesuch eingereicht und Papst Benedikt XVI. am 8. Mai den Rücktritt angenommen. Inwieweit das Dossier dabei mitentscheidend war, ist unklar, es lag aber im Vatikan damals vor. Roma locuta, causa finita – Rom hat gesprochen, die Sache ist beendet? In diesem Fall nicht. In einem großen „Welt“-Interview vom
„Beide Vorwürfe kursieren schon seit vielen Jahren“, sagte Ulrich Ruh, Chefredakteur der renommierten theologischen Fachzeitschrift „Herder Korrespondenz“. Hinzu kommt, dass der Fall Mixa eigentlich abgehakt schien. Am 21. April hatte der Augsburger Oberhirte nach den zunehmend erhärteten Prügel-Vorwürfen – Mixa soll früher Heimkinder geschlagen haben – sein Rücktrittsgesuch eingereicht und Papst Benedikt XVI. am 8. Mai den Rücktritt angenommen. Inwieweit das Dossier dabei mitentscheidend war, ist unklar, es lag aber im Vatikan damals vor. Roma locuta, causa finita – Rom hat gesprochen, die Sache ist beendet? In diesem Fall nicht. In einem großen „Welt“-Interview vom
16. Juni stellte sich Mixa als Opfer dar, dem Unrecht widerfahren sei. Er sei nur unter großem Druck des Münchner Erzbischofs Reinhard Marx und des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, zurückgetreten. Rom habe auf Grundlage falscher Informationen entschieden, sagte Mixa und erwog sogar den Gang vor den Päpstlichen Gerichtshof. Damit drohte die Gefahr der Legendenbildung, heißt es in Kirchenkreisen. Mixa-Anhänger streuten zudem Darstellungen, hier gehe es um Kirchenpolitik – liberale Kräfte versuchten den Romtreuen Mixa abzuservieren.
Wie eine mediale Gegenoffensive dürften auf Mixa jetzt die Berichte über die „Geheimakte“ des Vatikans wirken. Danach erscheint Mixa als kranker, labiler Mann, der unter Wirklichkeitsverlust leidet und seine sexuellen Neigungen nicht unter Kontrolle hat(te) – also als ein Geistlicher, der für eine neue seelsorgerische Aufgabe nicht mehr infrage kommt – aber genau die strebt der 69-Jährige an. Er hofft auf das ihm zugesagte Gespräch im Juli mit dem Papst, auch wenn der Vatikan bereits klargemacht hat, dass eine Rückkehr auf den Bischofsstuhl ausgeschlossen ist.
„Ein Strauchelnder hat versucht, Kirchenrepräsentanten wie Zollitsch und Marx mitzureißen, das musste klargestellt werden“, meinte ein Insider über das wenige Tage nach dem „Welt“-Interview bekanntgewordene Dossier, das bereits aus dem April stammen soll. Wer hatte es in Auftrag gegeben? In Kirchenkreisen heißt es unter vorgehaltener Hand, dass Nuntius Périsset zunächst Kontakt zu Mixa gesucht haben soll, aber abgeblitzt sei. Daraufhin habe er das Dossier angefordert, wohl nicht ohne Kenntnis des Augsburger Administrators Josef Grünwald und Weihbischofs Anton Losinger - offizielle Bestätigungen gibt es aber dafür nicht. Mit Bekanntwerden der Einzelheiten über Mixas Trinkverhalten und angebliche homosexuellen Präferenzen dürfte Mixas Ansehen in der Öffentlichkeit endgültig nicht mehr zu retten sein, heißt es in Kirchenkreisen. Warum wird der Papst im Juli Mixa dann überhaupt zum persönlichen Gespräch empfangen.
„Es dürfte sich allein um eine menschliche Geste handeln“, sagte Ruh. Der Theologe Hans Küng sieht darin aber auch eine indirekte Anerkennung der Loyalität Mixas zu Rom. Bei theologischen Abweichlern wie ihm – Küng – selbst oder dem Befreiungstheologen Leonardo Boff, habe Joseph Ratzinger eine viel härtere Linie gefahren. Über die besondere Rolle der Nuntiaturen hat Küng eine klare Meinung: „Das ist auch ein Geheimdienst, der in aller Form geführt wird.“ Seit langem gebe es ja deshalb den ironischem Begriff der „De- Nuntiaturen“, sagte Küng am Montag. Es hänge aber stets vom jeweiligen Nuntius ab, wie er Berichte für Rom verfasse.
Seit seiner vom Vatikan beanstandeten Dissertation über Karl Barth 1957 werde seine Akte unter der Nummer „399/57i“ geführt. Welche Lehren sollte die Kirche aus dem Fall Mixa ziehen? Nach Ansicht Ruhs ist vor allem klar geworden, dass Bischofsernennungen durch Rom allein – wenn auch auf Grundlage von Vorschlagslisten – ein hohes Risiko personeller Fehlentscheidungen mit sich bringen. In anderen deutschen Diözesen wählt das Domkapitel aus einem Dreier- Vorschlag Roms. Dieses Domkapitel-Wahlrecht gibt es in Bayern nicht. „In Bayern hat es wohl die meisten umstrittenen Bischofsernennungen gegeben“, sagte Ruh und verwies neben Mixa auch auf die Bistümer Passau und Regensburg.
Wie eine mediale Gegenoffensive dürften auf Mixa jetzt die Berichte über die „Geheimakte“ des Vatikans wirken. Danach erscheint Mixa als kranker, labiler Mann, der unter Wirklichkeitsverlust leidet und seine sexuellen Neigungen nicht unter Kontrolle hat(te) – also als ein Geistlicher, der für eine neue seelsorgerische Aufgabe nicht mehr infrage kommt – aber genau die strebt der 69-Jährige an. Er hofft auf das ihm zugesagte Gespräch im Juli mit dem Papst, auch wenn der Vatikan bereits klargemacht hat, dass eine Rückkehr auf den Bischofsstuhl ausgeschlossen ist.
„Ein Strauchelnder hat versucht, Kirchenrepräsentanten wie Zollitsch und Marx mitzureißen, das musste klargestellt werden“, meinte ein Insider über das wenige Tage nach dem „Welt“-Interview bekanntgewordene Dossier, das bereits aus dem April stammen soll. Wer hatte es in Auftrag gegeben? In Kirchenkreisen heißt es unter vorgehaltener Hand, dass Nuntius Périsset zunächst Kontakt zu Mixa gesucht haben soll, aber abgeblitzt sei. Daraufhin habe er das Dossier angefordert, wohl nicht ohne Kenntnis des Augsburger Administrators Josef Grünwald und Weihbischofs Anton Losinger - offizielle Bestätigungen gibt es aber dafür nicht. Mit Bekanntwerden der Einzelheiten über Mixas Trinkverhalten und angebliche homosexuellen Präferenzen dürfte Mixas Ansehen in der Öffentlichkeit endgültig nicht mehr zu retten sein, heißt es in Kirchenkreisen. Warum wird der Papst im Juli Mixa dann überhaupt zum persönlichen Gespräch empfangen.
„Es dürfte sich allein um eine menschliche Geste handeln“, sagte Ruh. Der Theologe Hans Küng sieht darin aber auch eine indirekte Anerkennung der Loyalität Mixas zu Rom. Bei theologischen Abweichlern wie ihm – Küng – selbst oder dem Befreiungstheologen Leonardo Boff, habe Joseph Ratzinger eine viel härtere Linie gefahren. Über die besondere Rolle der Nuntiaturen hat Küng eine klare Meinung: „Das ist auch ein Geheimdienst, der in aller Form geführt wird.“ Seit langem gebe es ja deshalb den ironischem Begriff der „De- Nuntiaturen“, sagte Küng am Montag. Es hänge aber stets vom jeweiligen Nuntius ab, wie er Berichte für Rom verfasse.
Seit seiner vom Vatikan beanstandeten Dissertation über Karl Barth 1957 werde seine Akte unter der Nummer „399/57i“ geführt. Welche Lehren sollte die Kirche aus dem Fall Mixa ziehen? Nach Ansicht Ruhs ist vor allem klar geworden, dass Bischofsernennungen durch Rom allein – wenn auch auf Grundlage von Vorschlagslisten – ein hohes Risiko personeller Fehlentscheidungen mit sich bringen. In anderen deutschen Diözesen wählt das Domkapitel aus einem Dreier- Vorschlag Roms. Dieses Domkapitel-Wahlrecht gibt es in Bayern nicht. „In Bayern hat es wohl die meisten umstrittenen Bischofsernennungen gegeben“, sagte Ruh und verwies neben Mixa auch auf die Bistümer Passau und Regensburg.
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