Montag, 21. Juni 2010

Zwei Tote bei Konflikt um Goldmine in Oaxaca



Zwei Wochen vor der Gouverneurswahl kommt es in San José del Progreso im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca bei einem Zusammenstoß zwischen Befürwortern und Gegnern der kanadischen Goldmine Fortuna Silver/Cuscatlán zu zwei Toten und mehreren Verletzten. Neun Minengegner sind in Haft, unter ihnen der Befreiungstheologe Padre Martín Octavio Cruz.

Hintergrund
Anfang vergangenen Jahres begannen die indigenen zapotekischen Gemeinden des Tals von Ocotlán ihren Widerstand gegen den Ausbau einer Gold und Silbermine auf ihrem Territorium. Seit 2005 hatte das kanadische Explorationsunternehmen Continuum Resources hier Bodenproben vorgenommen, Schürferlaubnisse beantragt und sich in durch Käufe von einzelnen Parzelleninhabern in den Besitz von 200 Hektar Land gebracht. Die Rechtmäßigkeit dieser Vorgänge ist äußerst zweifelhaft, da die Gemeindeversammlung einer Privatisierung ihrer kommunalen Besitztümer nie zugestimmt hat und die einzelnen Parzellen daher rechtlich gesehen noch unveräußerliches Ejidoland darstellen. 2008 wurde die Mine von von dem in Vancouver ansässigen Konzern Fortuna Silver aufgekauft, der seither aggressiv die Vorbereitungen für den für Mitte nächsten Jahres vorgesehenen Schürfbeginn vorantreibt.

Im März 2009 besetzten mehrere hundert Familien aus den umliegenden indigenen Gemeinden die Mine und legten für knapp zwei Monate die Spreng- und Bohrarbeiten lahm. Am 6 Mai 2009 wurden die BesetzerInnen von über 1000 Polizisten gewaltsam geräumt. Unter massivem Einsatz von Bestechungsgeldern und einer PR-Kampagne seitens der Minengesellschaft spaltete sich die Gemeinde von San José. Während ein Teil der Bevölkerung dafür eingestellt wurde, einen hohen Zaun um das Gelände zu ziehen, besetzte der andere Teil das Rathaus. Vermehrt kam es zu Zusammenstößen zwischen den Minenbefürwortern und den Minengegnern, die seit ihrer öffentlichkeitswirksamen Blockade Rückhalt von der oaxaquenischen Lehrergewerkschaft "Sección 22" bekommen.
Aktuelle Situation

Gestern dann kam es zu einem Zusammenstoß zwischen beiden Gruppen, als von der Minengesellschaft eingestellte Dorfbewohner, unter ihnen auch der Präsident des Distrikts, für den Bau eines Verarbeitungswerkes der Mine Kies aus dem Flussbett entnahmen. Per Beschluss der Gemeindeversammlung ist dies nur Gemeindemitgliedern für den Bau ihrer Wohnhäuser gestattet und dient nicht als Gratismaterial für einen multinationalen Konzern. Als in der „Koordination der vereinten Völker des Tals von Ocotlán“ organisierte Minengegner die Kiesentnahme stoppen wollen, kommt es zu einem Schußwechsel bei dem der Distriktpräsident und einer seiner Mitarbeiter sterben; mindestens zwei Minengegner werden verwundet.

Stunden später wird von Angestellten der Minengesellschaft aus San José der Pfarrer Martín Octavio Cruz, der in der Vergangenheit mit den Minengegnern zusammengearbeitet hat, auf dem Weg ins Dorf gekidnappt, geschlagen und bis in die Nacht gefangengehalten. Inzwischen wird von der landesweit für ihre Brutalität gefürchteten Staatspolizei, die mit einem Aufgebot von 30 Fahrzeugen nach San José gekommen ist, mit Hunden nach möglichen Tätern gefahndet. Bei dieser Suche wird Padre Martín gefunden, aber nicht etwa befreit, sondern zusammen mit neun weiteren Minengegnern festgenommen und nach Oaxaca gebracht. Seither sitzen sie in dort in Haft, unter Verdacht, am gewaltsamen Tod des Gemeindepräsidenten und seines Mitarbeiters beteiligt gewesen zu sein. Da dieser Vorwurf zumindest im Fall des Pfarrers unhaltbar ist, da er zum fraglichen Zeitpunkt an einer Podiumsdiskussion mit dem Kandidaten der Opposition für die anstehende Gouverneurswahl teilnahm, bezichtigt man ihn der „intellektuellen Autorenschaft“ des Überfalls.
Die Minengegner präsentieren am Sonntagabend auf einer Pressekonferenz eine andere Version der Vorkommnisse. Demnach seien sie selbst unbewaffnet gewesen und die Toten und Verletzten seien ausschließlich von Kugeln der Minenangestellten sowie eines Provokateurs getroffen worden, der sich in ihre Reihen geschlichen hätte.

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