Montag, 21. Juni 2010

Geheime Akte soll Mixa belasten


Erneut Vorwürfe gegen den zurückgetretenen Augsburger Bischof Walter Mixa: Die Süddeutsche Zeitung berichtet von einer geheimen "Akte Mixa", die dem Papst vorliege. Darin gehe es um Alkohomissbrauch und sexuelle Übergriffe. Mixas Anwalt forderte die Offenlegung der angeblichen Quellen. -

Stand: 21.06.2010
Papst Benedikt und Walter Mixa, der frühere Bischof von Augsburg
Das bislang geheime Dossier zum Fall Mixa habe Papst Benedikt XVI. bei der Entscheidung über das Rücktrittsgesuch des umstrittenen Bischofs vorgelegen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Zeugen aus dem engsten persönlichen Umfeld Mixas sprächen darin von Mixa "als schwer alkoholkranken Mann". Andere Zeugen schilderten homosexuelle Übergriffe des Bischofs in seiner Zeit als Stadtpfarrer, der "am Morgen danach erst zur Beichte ging, ehe er wieder die Messe zelebrierte", heißt es in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Mixa-Anwalt reagiert empört

Walter Mixa
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Mixas Rechtsanwalt Gerhard Decker zweifelte die Quelle an. "Dass Teile der Presse Zugang zum Archiv des Vatikan oder des päpstlichen Nuntius haben, halte ich für eher unwahrscheinlich." Damit bleibe die Quelle ebenso nebulös wie das berichtete Geschehen. "Das war schon bei der Missbrauchsanzeige gegen meinen Mandanten so, die zur eindeutigen Verfahrenseinstellung führte: Einer beruft sich auf den anderen und am Schluss war alles ein Missverständnis", so der Mixa-Anwalt.

Kopfschütteln über Mixas Vorwürfe

Zuletzt war Mixa mit der Infragestellung seines eigenen Rücktritts in der Kirche auf völliges Unverständnis gestoßen. Er kündigte an, vor den päpstlichen Gerichtshof zu ziehen und kritisierte, dass seine Amtsbrüder, insbesondere der Münchner Erzbischof Reinhard Marx und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch, großen Druck auf ihn ausgeübt hätten. Er sei gezwungen gewesen, eine vorgefertigte Resignation zu unterzeichnen und sprach von einem Fegefeuer. Zollitsch und Marx haben dem Papst laut Mixa von einem Missbrauchsfall berichtet, der nur auf einer kurzen handschriftlichen Notiz beruht habe.

Marx wies die Anschuldigung Mixas zurück: "Es ist alles rechtmäßig gelaufen." Nicht zuletzt zum Schutze Mixas sehe man davon ab, Einzelheiten öffentlich auszubreiten. Die Deutsche Bischofskonferenz schloss sich dieser Erklärung an.

Schwere Vorwürfe erhebt Mixa zudem gegen hohe Geistliche seines ehemaligen Bistums. Er beschuldigte sie, den inzwischen wieder entkräfteten Missbrauchsvorwurf an die Presse lanciert zu haben. Mixa wörtlich: "Da war mein Generalvikar dabei und Weihbischof Losinger." Anton Losinger widersprach den Vorwürfen.

Kirchenrechtler und Vatikan: Kaum Chancen für Mixa

Meinung
Walter Mixa

Audio Rücktritt anfechten: Verrennt sich Walter Mixa? [radioWelt]

Der Münchner Kirchenrechtsprofessor Stephan Haering sagte dem Bayerischen Rundfunk, der frühere Bischof von Augsburg werde sich kaum in sein Amt zurückklagen können. Der Papst nähme einen Rücktritt nur nach sorgfältiger Prüfung an. Danach gebe es keinen Rückzieher mehr.

Der Münsteraner Kirchenrechtler Klaus Lüdicke erklärte, dass Mixa zwar gegen sein Rücktrittsgesuch klagen kann. Selbst wenn er vom päpstlichen Gerichtshof Recht bekäme, hätte er aber trotzdem sein Amt verloren. Allein der Papst könnte ihn wieder zum amtierenden Bischof machen.

Zollitsch betonte, der Papst habe das Rücktrittsgesuch angenommen und daran werde sich nichts ändern. Der Vatikan machte dem Bischof keine Hoffnung auf eine Rückkehr ins Amt. Papst Benedikt XVI. werde Mixa in den kommenden Wochen empfangen. Es sei aber äußerst unwahrscheinlich, dass der Papst seine Entscheidung noch einmal ändern werde.

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Mixa teilt aus
Der frühere Bischof von Augsburg will sein Amt zurück! Man habe ihn zum Rücktritt gezwungen, erklärte er. Derzeit erwägt Walter Mixa, vor den päpstlichen Gerichtshof zu ziehen. Scharfe Kritik übte er an den Erzbischöfen Zollitsch und Marx. 



Chronologie

16. Juni 2010

Mixa erklärt, vor den päpstlichen Gerichtshof ziehen zu wollen, um seinen Rücktritt überprüfen zu lassen. Grund: Er sei als Augsburger Bischof zurückgetreten, weil er extrem unter Druck gesetzt worden sei und spricht von einem "Fegefeuer". Laut bayerischer Bischofskonferenz ist bei der Abwicklung des Rücktritts alles rechtmäßig gelaufen.
12. Juni 2010
Mixa kehrt nach einem Kuraufenthalt in sein Augsburger Bischofspalais zurück und ruft damit Kritiker auf den Plan. Das Bistum erklärt, Mixas Rückkehr sei nur vorübergehend.

18. Mai 2010

Der Sonderermittler Sebastian Knott legt seinen Abschlussbericht über die Prügel- und Untreuevorwürfe gegen Mixa vor. Darin schreibt er von "schweren körperlichen Züchtigungen" in den 70er Jahren. Mixa soll häufig mit der Faust, einem Stock oder einem Gürtel zugeschlagen haben. Auch die Vorwürfe der Veruntreuung von Gelder aus der Waisenhausstiftung sind nicht vom Tisch.
14. Mai 2010
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt stellt die Vorermittlungen zu den Missbrauchsvorwürfen gegen Mixa ein. "Ein Tatverdacht hinsichtlich eines sexuellen Missbrauchs hat sich nicht bestätigt", teilt der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walter mit. Die Prügel- und Untreuevorwürfen gegen Mixa bleiben jedoch bestehen.

8. Mai 2010

Papst Benedikt XVI. nimmt das Rücktrittsgesuch Mixas an.

7. Mai 2010

Das bayerische Justizministerium bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gegen Mixa Vorermittlungen wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch eingeleitet hat.

24. April 2010

An diesem Tag zieht Mixa nach eigener Aussage in einem Brief an den Vatikan sein Rücktrittsangebot wieder zurück.

21. April 2010

Zollitsch sagt, im mehreren Gesprächen habe man mit Mixa überlegt, "ob eine Zeit der geistlichen Einkehr und der räumlichen Distanz hilfreich sein könne". Der Bischof bietet dem Papst daraufhin seinen Rücktritt an.

20. April 2010

In einer außerordentlichen Versammlung der Priesterschaft seines Bistums erklärt Mixa, es tue ihm im Herzen weh und leid, dass er vielen Menschen Kummer bereitet habe: "Ich bitte um Verzeihung."

19. April 2010

Mixa lässt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe finanzieller Ungereimtheiten von einer Münchner Anwaltskanzlei und der bischöflichen Finanzkammer Augsburg überprüfen.

18. April 2010

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagt, er sei im persönlichen Gespräch mit Mixa. Dieser habe versichert, "alles von seiner Seite zu tun, was notwendig ist, um die Sache aufzuklären".

16. April 2010

Er erklärt, als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer könne er "im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watschn von vor 20 oder 30 Jahren natürlich nicht ausschließen". Der Sonderermittler spricht vom Verdacht der "satzungswidrigen Verwendung" von Stiftungsmitteln.

15. April 2010

Die Leitung des Kinderheims entschuldigt sich schriftlich bei den mutmaßlichen Prügel-Opfern. "Leider haben wir keinen Einfluss darauf, wie Herr Bischof Dr. Mixa mit Ihren Vorwürfen umgeht", heißt es in diesem Brief.

12. April 2010

Eine Zeitung berichtet, Mixa habe als Kuratoriumsvorsitzender Antiquitäten im Wert von mehreren zehntausend Euro nicht satzungsgemäß angeschafft. Laut Bistum hat er 1996 einige Gegenstände persönlich übernommen und bezahlt. "Unrichtige Zuordnungen" seinen inzwischen bereinigt worden.
7. April 2010
Das Kuratorium der Waisenhausstiftung des Kinderheims in Schrobenhausen setzt einen Rechtsanwalt als Sonderermittler ein.

1. April 2010

Mixa bietet den ehemaligen Zöglingen des Heimes ein Gespräch an. Er erklärt: "Ich versichere nochmals, dass ich zu keiner Zeit gegen Kinder und Jugendliche körperliche Gewalt in irgendeiner Form angewandt habe."

31. März 2010

Erste Vorwürfe tauchen auf: Mixa soll vor gut 30 Jahren als Stadtpfarrer in Schrobenhausen in einem Kinderheim Mädchen und Buben geschlagen haben. Laut Medien liegen eidesstattliche Erklärungen von sechs Betroffenen über Ohrfeigen, Fausthiebe und Schläge auf das Gesäß vor. Mixa weist die Vorwürfe zurück.

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