Donnerstag, 10. Juni 2010

Lebenslang für Srebrenica-Massaker

Völkermord an Muslimen

Das Uno-Tribunal in Den Haag hat erstmals zwei Serben wegen Kriegsverbrechen zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Sie gelten als Handlanger des immer noch flüchtigen Generals Mladic.
 
15 Jahre nach den Massenmorden in der Uno-Schutzzone Srebrenica sind zwei von sieben mutmaßlichen Haupttätern zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Sollten die Urteile gegen Ljubisa Beara und Vujadin Popovic im Berufungsverfahren bestätigt werden, wären sie die ersten Srebrenica-Täter, die rechtskräftig wegen Völkermordes bestraft wurden.
 
Fünf weitere Angeklagte erhielten im bislang umfangreichsten Prozess zur Aufarbeitung der Massaker an mehr als 7000 bosnisch-muslimischen Männern und Jugendlichen im Juli 1995 Gefängnisstrafen zwischen fünf und 35 Jahren.
534 ermordete bosnische Muslime sind auf diesem Friedhof in ...534 ermordete bosnische Muslime sind auf diesem Friedhof in Srebrenica begraben
 
Der Uno-Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag befand die hochrangigen Kommandeure von Einheiten der bosnisch-serbischen Armee neben dem Vorwurf des Völkermords auch der gezielten Verfolgung und Vernichtung von Menschen sowie des Mordes in zahlreichen Einzelfällen für schuldig. Beara und Popovic hätten im Juli 1995 in den Uno-Schutzzonen Srebrenica und Zepa die Exekutionen bosnischer Muslime durch dafür ausgewählte Truppen persönlich koordiniert, heißt es in dem Urteil.
 
Das Tribunal sah es zudem als erwiesen an, dass die Angeklagten - in unterschiedlich schwerer Form - an systematischen Angriffen auf die muslimisch-bosnische Zivilbevölkerung beteiligt waren. Sie alle hätten auf der Basis der sogenannten Direktive 7 gehandelt, die seinerzeit vom Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, als Anleitung für gezielte Massaker erlassen worden sei.
 
Alle sieben Verurteilten hatten sich als unschuldig bezeichnet. Sie hätten lediglich legitime Interessen des bosnisch-serbischen Volkes verteidigt. Ähnlich argumentiert vor dem Uno-Tribunal auch Karadzic selbst, dessen Völkermord-Prozess im Oktober vergangenen Jahres eröffnet wurde. Die am Donnerstag verurteilten Ex-Militärs sollen teils in direkter Komplizenschaft mit dem damaligen militärische Befehlshaber, Ratko Mladic, gehandelt haben. Mladic ist immer noch flüchtig. Er wurde in Abwesenheit wegen Völkermordes angeklagt.

Am Ort des Geschehens geht die Suche nach Leichen weiter. In einer Kies- und Sandgrube im Ort Bratunac vor den Toren von Srebrenica und nahe des Drina-Flusses wurden am Donnerstag zwölf braune, aufgeschüttete Sandberge abgetragen. Für den Staatsanwalt für Kriegsverbrechen, Emir Ibrahimovic, und sein Team ist das trauriges Tagesgeschäft, dem sie seit zwölf Jahren nachgehen. Allein 41 Massengräber wurden im Fall Srebrenica bisher entdeckt. Mal waren es sieben, mal mehrere hundert Opfer, die dort gefunden wurden.
 
Genau 3749 Opfer des Massakers liegen inzwischen auf dem eigens eingerichteten Friedhof in Potocari am Rande von Srebrenica. Rund 800 neue Gräber kommen am 11. Juli hinzu, wenn der 15. Jahrestag des Massakers begangen wird. In den meisten Fällen enthalten die hellen Holzsärge, die später nach muslimischer Tradition mit grünen Tüchern bedeckt werden, aber nicht die vollständigen Körper, sondern nur Teile davon. Der Rest bleibt verschollen.
Bosnische Muslime vor einer Beerdigungszeremonie in Potocari

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