Montag, 14. Juni 2010

Aufregung um «innerer Reichsparteitag» von ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein

Der verbale Fehltritt von Katrin Müller-Hohenstein während des deutschen Auftaktspiels bei der Fußball-WM schlägt hohe Wellen.

Das ZDF entschuldigte sich am Montag für die «Entgleisung» seiner Moderatorin. Mit der Reaktion des ZDF sei man «zum jetzigen Zeitpunkt zufrieden», sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin, für die Bundesregierung ist der Vorfall damit vorerst erledigt.

«Und für Miroslav Klose ein innerer Reichsparteitag, jetzt mal ganz im Ernst, dass er heute hier trifft», hatte Müller-Hohenstein in der Halbzeitpause beim 4:0-Erfolg der DFB-Elf gegen Australien am Sonntagabend gesagt. Konsequenzen für die Journalistin schloss das ZDF aus. «Das ist eine verbale Entgleisung, die ihr und uns leidtut. Sie ist im Eifer der Situation entstanden. Wir bedauern das, und das wird so auch nicht mehr vorkommen», sagte ARD/ZDF-Teamchef Dieter Gruschwitz am Montag der Nachrichtenagentur dpa, «das ist ein umgangssprachlicher Ausdruck, der nicht in die Fernsehsprache gehört.»

Die umgangssprachliche Redensart soll das Erleben von großer Freude oder großer Genugtuung beschreiben. Wer allerdings von einem «inneren Reichsparteitag» spricht, stellt nach Ansicht von Kritikern einen sprachlichen Zusammenhang zur Propaganda der NS-Diktatur her. Die NSDAP bezeichnete ihre Massenveranstaltungen als Reichsparteitage. Der von Leni Riefenstahl inszenierte Film «Triumph des Willens» über den Nürnberger Reichsparteitag von 1934 dokumentierte diese Art von Selbstdarstellung des NS-Regimes.

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, riet von «Hysterie und übertriebener Aufgeregtheit» ab. «Eine böse Absicht liegt erkennbar nicht vor. Wir sollten es daher dabei bewenden lassen», sagte er «Handelsblatt Online». Es sei allerdings absolut richtig und nötig, dass die Thematik nun problematisiert und kritisch hinterfragt werde. «Dieser Ausdruck wird umgangssprachlich viel zu häufig leichtfertig benutzt», sagte Graumann. Vize-Regierungssprecher Steegmans verwies zur weiteren Bewertung des Vorfalls an die zuständigen ZDF-Rundfunkgremien. Und dort regt sich Unmut. ZDF-Fernsehratsmitglied Hugo Diederich forderte eine Entschuldigung im Programm oder auf der Homepage des Senders. «Wir nehmen es nicht hin, wenn extremistische Terminologie von links oder rechts im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbreitet wird. Das widerspricht dem Staatsvertrag», betonte der Vize-Bundesvorsitzende der Vereinigung der Opfer des Stalinismus.

Am Vorabend waren über Twitter bereits wenige Minuten nach dem Ausspruch die Emotionen hochgekocht. Die ZDF-Online-Redaktion «zwitscherte», dass man den Unmut verstehe und verwies auf das Kontaktformular zur Zuschauerredaktion.

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