Wochenlang hatten Ermittler Giuseppe Falsone observiert, dann schlugen sie zu. Mit ihrem Coup in Marseille ging der Polizei einer der meistgesuchten Männer Italiens ins Netz - ein Freund von Superboss Bernardo Provenzano, der versucht hatte, sich per Nasen-OP einer Festnahme zu entziehen.
Marseille - Er gilt als Statthalter der Cosa Nostra in der Provinz Agrigento: Zehn Jahre lang war der heute 40-jährige Giuseppe Falsone untergetaucht, wurde 2004 in Abwesenheit wegen Mordes, Erpressung und Mafia-Zugehörigkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Jetzt ging der Sohn eines Mafioso den Ermittlern ins Netz.
Ein mobiles Einsatzkommando aus Palermo und Agrigent stellte den Capo in einer kleinen Straße im Hafengebiet von Marseille. Falsone war allein, wollte gerade in seine Wohnung gehen, die seit zwei Monaten von den Ermittlern observiert wurde, schreibt die römische Tageszeitung "La Repubblica". Er habe bestritten, ein sizilianischer Mafioso zu sein, und den Ermittlern einen französischen Pass mit italienischem Namen präsentiert, hieß es.
Fünf Mobiltelefone fand die Polizei in Falsones Wohnung, mit der Heimat kommunizierte der Capo übers Internet. "Ohne den Einsatz von Abhörtechnik wären wir Falsone nie auf die Spur gekommen", sagte der stellvertretende Staatsanwalt der Anti-Mafia-Abteilung von Palermo Fernando Asaro. Giuseppe Falsone habe sich sehr umsichtig bewegt, dabei aber seine Geschäfte keineswegs vernachlässigt.
Im April, als er vermutlich in der südfranzösischen Stadt eintraf, hatten die Ermittlungen gegen Falsone begonnen. Die Behörden wurden durch einen gefälschten Bootsführerschein auf ihn aufmerksam, dessen Besitzer der Polizei bekannt war. Offenbar wollte der Mafia-Boss sich dauerhaft in Marseille niederlassen. Nun wird er voraussichtlich an Italien ausgeliefert.
Schon der Superboss Bernardo Provenzano war 2003 nach Marseille gekommen, um sich einer Prostata-Operation zu unterziehen. Falsone war ein treuer Weggefährte Provenzanos, tauschte mit ihm die berühmten "Pizzini" aus, kleine Zettel mit wichtigen Informationen und kodierten Botschaften. Darin ging es den Ermittlern zufolge um millionenschwere Deals und Aufträge. Provenzano selbst war 40 Jahre auf der Flucht, bis er im April 2006 verhaftet wurde.
Erst vor zwei Jahren war Falsone nur knapp einer Festnahme entgangen. Damals vergaß er bei seiner hastigen Flucht auf seinem Bett einige Kopien von einer Internetseite, auf der die besten französischen Schönheitschirurgen ihre Dienste anboten, berichtet die römische Tageszeitung "La Repubblica".
Schon Falsones Vertrauter Giuseppe Sardino hatte die Ermittler auf die Spur geführt: "Giuseppe Falsone hat eine fixe Idee, er will unbedingt sein Aussehen verändern", sagte er der Polizei, nachdem er sich zur Kooperation entschlossen hatte. Und genau das ist auch geschehen. Falsone ließ sich die Nase operieren - aus dem einst eher groben Bauernantlitz wurde das eines gutaussehenden Mannes. Erkannt wurde er trotzdem.
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