Vorwürfe von US-Ärzten
Dass zu Zeiten von George W. Bush Terror-Verdächtige mit brutalen Verhörmethoden zum Sprechen gebracht werden sollten, ist bekannt. Ebenfalls bekannt ist, dass Ärzte dabei waren. Von der ehemaligen Bush-Regierung wurde der ärztliche Beistand als Beleg dafür genommen, dass die Gefangenen nicht gefoltert wurden, sondern unter medizinischer Aufsicht nur "harsch" verhört. Die US-Organisation "Ärzte für Menschenrechte" erhebt in einem neuen Bericht allerdings schwere Vorwürfe: die Aufgabe der Mediziner sei es mitnichten gewesen, sich um das Wohl der Gefangenen zu kümmern. Vielmehr sollten sie Foltermethoden "verfeinern".
Von Anna Engelke, NDR-Hörfunkstudio Washington
Nathaniel Raymond gehört zu den Verfassern des neuen Berichts, und er ist ein Freund klarer Worte: "Wir haben Beweise dafür, dass mit Häftlingen in CIA-Gefängnissen offensichtlich illegale Experimente durchgeführt wurden."
Das sind schwere Vorwürfe, denn Versuche mit Gefangenen ohne ihre Zustimmung sind seit dem Zweiten Weltkrieg ausdrücklich verboten - laut Genfer Konvention und Nürnberger Kodex, der schlicht eins besagt: keine Menschenversuche.
Aufschreiben, verändern, verbessern
US-Menschenrechtsaktivisten simulieren das "Waterboarding" und protestieren gegen den Einsatz dieser Verhörmethode.
Aber genau das wirft die US-Bürgerrechtsorganisation den Ärzten vor, die im Dienst der CIA bei Verhören von Terrorverdächtigen dabei waren. Und zwar zur Zeit der Regierung von George W. Bush. Die Mediziner hätten bei den verschiedenen Verhörmethoden ganz genau Buch geführt, so Psychologe Stephen Soldz, ein Mitverfasser des Berichts: "Sie haben die Daten gesammelt, aber nicht zum Wohle des Einzelnen, sondern um allgemein die Verhörmethoden zu verändern und möglicherweise auch zur rechtlichen Absicherung."
Zwei Jahre haben die Autoren für ihren Bericht recherchiert und sie stützen sich dabei auf Auswertungen von Regierungs- und Behördendokumenten aus der Bush-Ära. Danach hat die CIA die Mediziner angewiesen, beim sogenannten Waterboarding - dem simulierten Ertrinken - alles ganz genau zu notieren: wie viel Wasser eingesetzt wurde, wie viel daneben spritzte, wie das Wasser in Mund und Nase des Gefangenen gegossen wurde, welchen Eindruck er machte, und, und, und.
Schließlich haben die Ärzte in Anführungsstrichen "Verbesserungsvorschläge" gemacht. Zum Beispiel, dass der Gefangene vor dem Waterboarding nur flüssige Nahrung bekommen soll, damit er - sollte er sich übergeben müssen - an seinem Erbrochenen nicht erstickt. Denn sterben sollten die Häftlinge ja nicht.
Verstoß gegen ethische Grundsätze
Mit diesem Verhalten hätten die CIA-Ärzte gegen ethische und rechtliche Grundsätze verstoßen, sagt Scott Allen, Mediziner und ebenfalls Mitverfasser des Berichts: "Ich meine, die meisten Menschen verstehen, dass Ärzte bei der Entwicklung und Anwendung von Folter nicht mitmachen sollten."
Die CIA hat in einer Stellungnahme den Bericht als "schlicht falsch" bezeichnet. An Gefangenen sei nie geforscht worden. Die Verhörmethoden der CIA seien bereits mehrfach von der US-Regierung untersucht worden. Die Verfasser des Berichts, die "Ärzte für Menschenrechte", überrascht die Reaktion der CIA keineswegs. Sie fordern vom US-Kongress und von der Obama-Regierung, dass ihren Vorwürfen endlich richtig nachgegangen wird. Nathaniel Raymond: "Das ist unsere Botschaft: Es ist Zeit für eine Untersuchung. Wir haben unsere Beweise vorgelegt. Jetzt ist die Regierung dran, ihre Beweise zu präsentieren."
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