Freitag, 25. Juni 2010

Irak: Schwules "Safe House" gestürmt

Das abgebrannte Safe House in Kerbala

In Kerbala haben Polizisten offenbar ein schwul-lesbisches "Safe House" gestürmt und sechs Menschen festgenommen. Den Verhafteten droht die Hinrichtung.



Wie die in Großbritannien ansässige Homo-Gruppe IraqiLGBT mitteilte, hat sich die Polizeiaktion am 16. Juni abgespielt. Zwölf Polizisten sind demnach in das Haus eingedrungen, das sexuellen Minderheiten Schutz vor Übergriffen bieten soll. Sie sollen dann die sechs dort lebenden Menschen geschlagen und ihnen anschließend die Augen verbunden haben. Das Haus ist danach abgebrannt worden.



Einer der verhafteten Männer ist zwei Tage danach mit Verletzungen am Hals in einem Krankenhaus aufgetaucht. Er erklärte, er sei gefoltert worden. Von den anderen fünf Verhafteten - zwei Schwule, eine Lesbe und zwei Transsexuelle - fehlt bislang jede Spur. IraqiLGBT geht davon aus, dass die Männer und Frauen ins 150 Kilometer entfernte Innenministerium nach Bagdad gebracht und dort gefoltert wurden. In der Vergangenheit seien Schwule, Lesben und Transsexuelle dann an schiitische Milizen übergeben worden, die ihre Opfer wegen unislamischen Verhaltens töten.



Homosexualität soll "ausgelöscht" werden



Einer der Verhafteten wurde in einem Krankenhaus mit einer lebensgefährlichen Halsverletzung entdeckt.

Milizen um den Anführer Muktada al-Sadr haben immer wieder erklärt, dass sie gegen sexuelle Minderheiten vorgehen würden, weil diese laut Koran minderwertig seien. Al-Sadr sagte, sein Ziel sei es, Homosexualität "auszulöschen".



IraqiLGBT berichtet über mehr als 700 Fälle, in denen Schwule und Lesben im Irak verschleppt worden sind. Die Gruppe geht davon aus, dass die meisten der Opfer hingerichtet oder zu Tode gefoltert wurden. Kritisiert wird dabei vor allem die Untätigkeit der Besatzungsmächte: "Die britischen Medien und Politiker interessieren sich kaum für die Gewalt gegen Schwule und Lesben im Irak", erklärte IraqiLGBT-Chef Ali Hili. Daher könnten die Milizen und homofeindliche Kräfte in der Regierung ungehindert im Land agieren.



Bis 2001 war Homosexualität im Irak de facto legal, dann erließ der damalige Diktator Saddam Hussein ein Verbot. Bei Wiederholungs-"Tätern" war die Todesstrafe möglich. Derzeit gibt es zwar kein ausdrückliches Homo-Verbot, allerdings können Schwule wegen "unsittlichem Verhalten" oder "Verbreitung von Krankheiten" belangt werden. Die Milizen können unabhängig von den Gesetzen agieren. Aufgrund der prekären Lage hat Amnesty International europäische Staaten kritisiert, die nach wie vor homosexuelle Iraker in ihr Heimatland zurückschicken.

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