Samstag, 19. Juni 2010

Erster Erfolg im Fall Khaled Said

von Karim El-Gawhary



Dank Facebook, Youtube und den ägyptischen Bloggern, wird der Fall Khaled Said nun doch auch von offizieller Seite aufgerollt. Der ägyptische Oberstaatsanwalt Abdel-Meguid Mahmoudhat hat nun eine zweite Autopsie der Leiche von Khaled Said angeordnet.

Dessen Familie, der Besitzer des Internetcafes in dem Khaled verhaftet wurde und ägyptische Menschenrechtler klagen zwei Polzisten an, Khaled in Alexandria auf offener Strasse totgeprügelt zu haben. Die Polizei behauptet der junge Mann sei gestorben, nachdem er vor seiner Verhaftung seine Drogen heruntergeschluckt habe. Machen Sie sich selbst ein Bild, ob die Leiche eines Menschen der Drogen heruntergeschluckt hat, so aussieht .



Khaleds Familie behauptet, die Polzei habe es auf Khaled abgesehen, weil er im Besitz eines Videos war, das mutmasslich die Polzei dabei zeigen soll, wie sie konfiszierte Drogen untereinander aufteilt. Auch dieses Video, das Khaled angeblich zum Verhängnis geworden sein soll, kursiert inzwischen bei Youtube



Welche Fotos über Polzeigewalt sind zur Veröffentlichung in einem Blog vertretbar?






die beiden Fotos von Khaled Said bevor und nachdem er von der ägyptischen Polzei zu Tode geprügelt wurde.




Eine Blog-Leserin schreibt dazu:

Bin sonst eigentlich nicht empfindlich, aber müssen solche Fotos denn wirklich sein? Vielleicht bin ich zu jung, um so etwas zu verdauen.



Ich kann diesen Einwand gut verstehen und habe auch überlegt, ob man diese Art von Bilder in den Blog setzen kann. Ich habe mich am Ende dafür entschieden, weil es gerade die beiden Bilder im Vergleich sind, die die Stärke dieser Geschichte ausmachen. Würde der Leser oder die Leserin ohne diese beiden Bilder nebeneinander genauso auf die Geschichte reagieren oder wäre das einfach nur eine weitere Geschichte über Polizeigewalt unter einem undemokratischen Regime weit weg? Was halten die Leser davon? Das Forum ist eröffnet.



Wer gegen die Polzeibrutalität protestiert, wird von der Polizei verprügelt



Gestrige Demonstration in Kairo: 
Facebook "Wir sind alle Khaled Said"
Mehrere hundert Menschen hatten am Sonntagnachmittag vor Kairos Justizminsterium versammelt. Sie wollten friedlich gegen die Polizeibrutalität und die seit 29 Jahren geltenden Notstandsgesetze protestieren.






Uniformierte und in zivil gekleidete Polizisten schlugen auf die Demonstranten ein. Viele wurde in den Schwitzkasten genommen, um anschließend in Handschellen zu den am Rand wartenden Polzeistransportern geführt zu werden. Es gibt keine offiziellen Zahlen, wieviele Menschen abgeführt wurden.



Ahmad Maher, einer der Organisatoren des Protestes schätzt, das 80 Demonstranten festgenommen wurden.



Anwesende Journalisten wurden von der Polzei wiederholt aufgefordert den Ort zu verlassen. Kameraleuten wurde das Filmen untersagt.

Dank Facebook und Youtube: Folter findet in Ägypten nicht mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt

Die Nachricht des am 7. Juni von der Polizei in Alexandria erschlagenen jungen Ägypters Khaled Said, verbreitete sich im Internet wie ein Lauffeuer.



Es existiert seit heute auf Youtube auch bereits ein erstes Musikvideo

Es zeigt zu Beginn Fotos von Khaled bevor er von der Polizei zu Tode geprügelt wurde und eines mit seiner entstellten Leiche. Unterlegt ist das Ganze mit einem Lied mit dem etwa folgenden Wortlaut: “Wir müssen unsere Stimme erheben, damit die ganze Welt uns zuhört und wir unsere Rechte bekommen. ” Zum Zeitpunkt dieses Eintags wurde das Video auf Youtube 23.000 Mal angeklickt.



Wenig im Vergleich zu den 116.000 Menschen, die sich bis zum Sonntagmittag auf einer der zu Khaleds Ermordung erstellten Facebookseiten mit dem Titel ”Ich heissse Khaled Said” angemeldet haben. Weitere 66.000. Menschen folgen einer zweiten Facebook-Seite mit dem Titel “Wir alle sind Khaled Said“.



Das soziale Internet Netzwerk Facebook wird überall in der arabischen Welt auch zur poltischen Mobilisierung, jenseits der staatlichen Medien genutzt. Wie ich bereits in einem älteren Eintrag in diesem Blog berichtet hatte, gibt es inzwischen dort mehr Facebook-Nutzer als Zeitungsleser.



Andere ägyptische Blogger haben in Gedenken an Said besondere Videos über Folter und Polizeigewalt in Ägypten produziert.



Die Polzei verbreitet inzwischen die Version, dass Khaled ein Drogenkonsument oder Dealer gewesen sein soll, der sich geweigert hatte, sich durchsuchen zu lassen. Das wäre aber immer noch kein Grund ihn amtlicherseits zu erschlagen.






Eines der Blogger-Videos zum Gedenken Khaleds endet mit dem Satz:



Die Würde der Nation besteht aus der Würde jedes einzelnen Bürgers



Khaled war ein netter, junger Ägypter. Eine traurige Geschichte über Polizeifolter und Notstandsgesetze



Khaled Said, war ein 28jähriger Ägypter aus Alexandria. Am 7. Juni ging er in ein Internetcafe im Zentrum der ägyptischen Hafenstadt. Zwei ägyptische Sicherheitsbeamte kamen in das Internet-Cafe und wollten scheinbar sein Personalien feststellen und ihn durchsuchen.



Als Khaled zu viele Fragen nach dem Grund der Intevention stellte, wurde er bereits im Internetcafe von den beiden Offizieren niedergeschlagen, die ihn dann auch mitnahmen und auf der Strasse weiterschlugen. Bevor Khaled ohnmächtig wurde habe er laut Zeugen immer wider geschrien, “Hört auf mich zu schlagen”. Dann nahmen sie in mit. Kein Haftbefehl, keine Gefahr in Verzug – einfach auf Grundlage des vor wenigen Wochen erneut verlängerten, seit 29 Jahrne geltenden Notstandsgesetzes.



Warum die Polzisten hinter Khaled her waren ist unklar. Die Poilzei behauptet, Khaled sei ein Drogen-Konsument oder Dealer gewesen. Laut der Polzei soll er an einer Überdosis gestorben sein, als er versucht habe, die Drogen herunterzuschlucken.



Das Foto seiner entstellten Leiche, zeigt dagengen einen bis zur Unkenntlichkeit geschlagenen Menschen. Laut einer anderen Version soll Khaled, die beiden Polizisten bei einem Drogengeschäft gefilmt haben.

So sah Kahled aus, als er gefunden wurde.



Khaleds Bekannte erzählen in Facebook, dass Augenzeugen aus dem Internet-Cafe systematisch eingeschüchtert wurden, keine Aussagen zu machen.



Khaled war kein Terrorist, er war nicht flüchtig, es gab keinen Haftbefehl gegen ihn. Khaled ist auch kein Einzelfall. Ägyptische Menschenrechtsorganisationen sprechen seit Jahrzehnten von der systematischen Anwendung von Folter in ägyptischen Polizeistationen.



In Facebook wurde nun eine Seite mit dem Titel: “Wir sind alle Khaled Said” auf englisch und arabisch eröffnet, um gegen die Polizeibrutalität in Ägypten zu protestieren.

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