Jörg Tauss 10. Juni 2010
Ja. Ich habe Fehler gemacht. Ja. Ich bin (wenn auch nicht rechtskräftig) verurteilt. Ja. Ich habe kinder- und jugendpornografisches Material als Eintrittskarte in die “Szene” besessen. Ja. Das Gericht hat ein “persönliches” Interesse unterstellt und kein dienstliches und Ja: Für den Nachweis eines sexuellen Interesses war ich zu “atypisch” was Menge, die Bilder selbst und mein Verhalten anlangt. Das sind zunächst einmal die Fakten, über die eine unabhängige Presse berichten kann, darf umd muss.
Der “Fall Tauss” ist interessant, weil ich gerne austeile und ich mich als Abgeordneter nachweislich über viele Jahre auch mit dem Thema Pornografie mit Kindern in Medien beschäftigte. Und zwar dienstlich. Auch dies unterscheidet meinen Fall von anderen Fällen. Man darf deshalb auch trefflich darüber streiten, was durch die Tätigkeit eines Abgeordneten noch gedeckt ist und was nicht. Darüber muss im Zweifel jetzt sogar der BGH entscheiden.
Alle diese Punkte geben eigentlich genügend Stoff für Presseberichterstattungen ab. Sollte man meinen. Doch offensichtlich gehen gewissse Journalistinnen und Journalisten davon aus, dass man feststehende Punkte mit reisserischen Darstellungen immer noch ein bisschen anreichern muss.
Da ist einmal Frau Allgöwer von der Stuttgarter Zeitung, die mich in ihrer Funktion als Vorsitzende der Landespressekonferenz seit Jahren eigentlich gut kennt. Die Dame ist so politisch, dass sie schon mal den Landespresseball am Jahrestag der Reichspogromnacht feierte, was selbst dem damaligen, in 3. Reich-Fragen nicht ganz so sensiblen, Ministerpräsidenten Oettinger zu viel wurde.
Diese Frau Allgöwer bestritt früh, dass ich jemals als Abgeordneter mit dem Thema zu tun gehabt hätte. Sie behauptete es einfach. Sie erkundigte sich nicht bei Journalisten, die mit mir zu diesem Thema schon Interviews gemacht hatten, sie recherchierte nicht, sie fragte mich nicht. Es war ihr auch gleichgültig. Es ging ihr allein um die Beschädigung meiner Reputation über den reinen – und natürlich schlimmen – Tatvorwurf hinaus.
Damit stand sie wenigstens nicht allein. Die Landespresse folgte ihrer Vorsitzenden bereitwillig. Besonders fiel dabei noch der Südkurier auf, die Schwäbische Zeitung und natürlich mein regionales “Hausblatt”, die Badischen Neuesten Nachrichten (BNN).
Letztere wusste kürzlich sogar vom Verlust meiner Ruhegehaltsanprüche zu berichten, was dann schon den Metzger im Dorf zu sorgenvoller Nachfrage bei meiner Frau veranlasste. Man schreibt halt mal. Eben so. Ohne Kenntnis. Ohne Recherche.
Die Phanstasie bei den Qualitätsjournalisten blühte auch ansonsten. FOCUS schrieb im letzten Jahr so kurz wie falsch, dass ich mir für über 1.000 Euro kinderpornografisches Material beschafft hätte. Dies verwechselte Phoenix dann mit über 1.000 kinderpornografischen Bildern auf meinem Rechner. Kann ja mal vorkommen. Jede dieser Meldungen wurde aber durch andere begierig aufgegriffen, aufgebauscht und weiter angereichert. Dieser Tauss musste doch einfach lügen.
So entstand die Story, ich hätte behauptet, das einschlägige Handy in einem Mietwagen gefunden zu haben. Es ist schon fast beleidigend, dass mir eine derart dämliche Ausrede gegenüber den Ermittlungsbehörden unterstellt wird. Aber es liest sich gut, passt zum Thema und so wurde auch diese Story von Spiegel, ZEIT, N 24 und Frankfurter Rundschau bis zum Einschreiten meines Anwalts weiter verbreitet. Einfach so. Man kann sich ja mal irren.
Überhaupt überschlug sich Spiegel online im Fall Tauss besonders. Das ist ein durchaus verständliches Revanchefaul, denn ich konnte den Herrschaften mehrfach miesen Journalismus bescheinigen. Dies ging soweit, dass dort sogar ein Artikel zum Fall Tauss erschien, von dem selbst die namentlich angegebene Autorin gar nichts wusste.
Da sich die Staatsanwaltschaft in meinem Falle besonders gerne im sexuellen Bereich über den Tatvorwurf hinaus suhlte, gab es auch hier Stoff für weitere Berichterstattungen. Das Hamburger Abendblatt verband meine Person namentlich mit der Berichterstattung über die Schweinegrippe. Ab wann wird der Mensch zum Schwein, das man auch abstechen darf? Dass selbst das Gericht diesen Auswüchsen eine Absage erteilte, war allerdings zumindest den meisten Printmedien keine Meldung wert.
Um so mehr beflügelte das Thema die Phantasie der “Ruhrbarone”. Bei diesen Ruhrbaronen handelt es sich nach eigenen Angaben um Journalisten, die einen Blog betreiben. Deren Phantasie und reaktionelle Verantwortung endete weder bei meinen vermeintlich aus den Internet heruntergeladenen unterstellten “Wichsvorlagen” (dabei ging es ausdrücklich nicht um das Internet) noch bei der eigenen Kommentarspalte, wenn vom “Kinderficker” Tauss die Rede war. Gibt es keine redaktionelle Verantwortung für Kommentarspalten?
Wenige waren der Auffassung, ich müsse mir dies alles im Interesse der freien Meinungsäußerung gefallen lasen. Nein. Muss ich nicht. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind ein zu hohes Gut, als dass damit in dieser Form umgegangen werden darf. Meinungsfreiheit endet, wo sie zur Verleumdung wird.
Egal wie der Fall Tauss ausgeht: Ein Ruhmesblatt für unsere Medien ist er nicht. Und ich freue mich sehr, dass dies nicht nur von mir als Betroffenem so gesehen wird.
Einige empfehlen mir dessen ungeachtet, doch einfach von der Bildfläche zu verschwinden und “neu” anzufangen. Diesem Wunsch komme ich nicht nach. Dazu ist das alles viel zu spannend. Und: Via twitter & Co kann man sich heute gegen Journalisten von Allgöwer bis ZEIT wehren. Haben die deshalb so viel Schaum vorm Mund?
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