Samstag, 5. Juni 2010

Doppelter Protest gegen Overbeck

"Gay mit Gott": Bischof Overbeck geht vorbei

Mit T-Shirts machten junge Schwule und Lesben bei einem Fronleichnams-Gottesdienst den Essener Bischof darauf aufmerksam, dass Homosexualität keine Sünde ist. Nachtrag: Am Freitag wurden zehn Thesen an den Dom angeschlagen.

Franz-Josef Overbeck hatte im April in der Sendung "Anne Will" den schwulen Regisseur Rosa von Praunheim angefahren: (Homosexualität) "ist ´ne Sünde. Wissen Sie ja ganz klar und eindeutig, dass es das ist. Das widerspricht der Natur." Diese sei angelegt "auf das Miteinander von Mann und Frau", so der Bischof weiter (queer.de berichtete [1]).

Overbecks Äußerung habe "für Wut, Enttäuschung, Unverständnis und Diskussion" gesorgt, berichtet Marc Claaßen, Leiter des Café Vielfalt, in einer Pressemitteilung. Einige Besucher des Essener Treffs für schwule und lesbische Jugendliche planten danach, "gegenüber Bischof Overbeck, aber auch der Öffentlichkeit ein deutliches Zeichen zu setzen."

Deshalb nahmen einige von ihnen am Donnerstag an der Fronleichnams-Prozession mit Gottesdienst in der Essener Innenstadt teil - und trugen dabei T-Shirts mit dem Namen des Zentrums auf der Brust und dem in Rosa gehaltenen Aufdruck "Gay mit Gott" auf dem Rücken (was nicht nur den Bischof, sondern auch Linguisten und Atheisten verstören könnte).

"Sie haben sich gewehrt"

Franz-Josef Overbeck in der Sendung "Anne Will" im April
Mit der Aktion kehrten die Jugendlichen "Bischof Overbeck im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken zu", freut sich Claaßen: "Und was er auf ihren T-Shirts in grellen Buchstaben lesen konnte, gefiel ihm wohl überhaupt nicht." Der Slogan habe an das umgangssprachliche "Geh mit Gott" erinnern sollen. "Gleichzeitig macht er aber deutlich, dass Lesben und Schwule auch mit Gott lesbisch bzw. schwul sind. Auch sie haben ein Recht auf - in den Fürbitten beschworenen - Respekt und Toleranz."

Der stille Protest habe sehr unterschiedliche Reaktionen der Gottesdienstbesucher hervorgerufen, laut Claaßen gab es "auffälliges Tuscheln, abfälliges Nase rümpfen, mitleidige Blicke aber auch Zuspruch und handfestes ´Schulterklopfen´". Die Jugendlichen hätten sich schließlich gestärkt gefühlt: "Sie haben nicht geschwiegen! Sie haben sich gewehrt!"

Für Rückfragen, etwa zur Teilnehmerzahl, war den ganzen Vormittag über niemand erreichbar. (nb)

Nachtrag: Protest am Dom am Freitag
Zehn Thesen für den Bischof
Quelle: Dietrich Dettmann

Nach Angaben der Nachrichtenagentur DPA ist es am Freitag zu einem weiteren Protest gegen Overbeck gekommen. Mehrere Demonstranten haben dem Bericht zufolge symbolisch zehn Thesen an den Essener Dom angeschlagen. Zwei der Thesen: "Richte nicht andere; Du gehörst Dir, wir uns!" und "Du hast den Weg Gottes verlassen. Er liebt alle!" Der Protest wurde vom Forum Essener Lesben und Schwule (Fels) organisiert, offenbar, nachdem Overbeck eine Bitte zum Gespräch abgelehnt hatte.

"Die Auffassung des Bischofs ist eine Katastrophe. Wir fordern dringend vom Bischof eine Entschuldigung", sagte Forumssprecher Horst Schmitz vor dem Bischofssitz der Agentur zufolge. Weitere Informationen sind zur Zeit nicht zu bekommen, die Homepage des Zusammenschlusses von Homo-Gruppen der Stadt geht noch nicht auf den Protest ein. (nb, 16.25h)

Mit Galerie:
http://www.queer.de/galerie.php?gal_id=583

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