Gaza/Tel Aviv - Er war eine Schlüsselfigur der islamistischen Hamas: Bei einem Luftangriff der israelischen Streitkräfte ist der ranghohe Hamas-Führer Nisar Rajan getötet worden. Mit ihm starben seine Frau und acht Kinder. Das Krankenhaus in Dschabalia bestätigte am Donnerstag, Rajan und seine Familie seien ums Leben gekommen. Rajan gehörte zum inneren Führungskreis der Hamas und war der Verbindungsmann zwischen dem militanten und dem politischen Flügel. Er hatte sich wiederholt für neue Selbstmordanschläge innerhalb Israels ausgesprochen.
Ein Hamas-Sprecher bestätigte den Tod Rajans. Die Hamas erklärte, Israel werde einen hohen Preis für Rajans Tod bezahlen.
Nach Angaben von Sanitätern wurden bei dem Angriff außerdem neun weitere Menschen getötet und rund 30 weitere verletzt. Das Haus, in dem sich Rajan aufhielt, wurde bei dem Luftangriff schwer beschädigt. Sowohl das Dach als auch die Fassade wurden weggesprengt.
Eine israelische Armeesprecherin sagte auf Anfrage, dass der Raketenangriff Rajan gegolten habe. Dieser sei in eine Reihe von Anschlägen gegen israelische Zivilisten verwickelt gewesen und habe beispielsweise seinen eigenen Sohn im Jahr 2002 zu einem Selbstmordanschlag in die ehemalige Siedlung Elei Sinai im Gaza-Streifen abkommandiert. Bei einem zweifachen Selbstmordanschlag in der israelischen Hafenstadt waren am 14. März 2004 insgesamt elf Menschen getötet worden.
Am Donnerstag beschossen israelische Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe nach Angaben des Militärs insgesamt rund 20 Ziele der Hamas. Der Luftschlag, bei dem Rajan starb, war der erste seit Beginn der israelischen Offensive am vergangenen Samstag, der sich erklärtermaßen direkt gegen ein politisches Führungsmitglied der Hamas richtete.
Israel hat am Donnerstag erneut einen unerbittlichen Kampf gegen die Hamas angekündigt und steht offenbar vor einer großangelegten Bodenoffensive im Gaza-Streifen. "Wir werden gegen die Hamas mit eiserner Hand vorgehen", sagte Ministerpräsident Ehud Olmert am Donnerstag. "Ich hoffe sehr, dass wir unsere Ziele schnell erreichen", sagte Olmert in Beerscheba, wo am Mittwoch eine Rakete in einer zuvor geräumten Schule eingeschlagen war. Er bekräftigte die Absicht Israels, mit den Luftangriffen den Raketenbeschuss auf Israel zu stoppen. "Wir haben den Bewohnern des Gaza-Streifens nicht den Krieg erklärt", fügte er hinzu und betonte zugleich die Entschlossenheit Israels im Kampf gegen die Hamas.
Die Zahl der Todesopfer der schwersten israelischen Luftangriffe auf den Gaza-Streifen seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 stieg auf 407. Mindestens ein Viertel davon waren nach Uno-Angaben Zivilisten. Mehr als 1700 Menschen wurden verletzt. Vier Israelis kamen im palästinensischen Raketenbeschuss seit Beginn der Luftoffensive am Samstag ums Leben.
Die Zeitung "Haaretz" berichtete, das israelische Militär habe eine kurze, aber harte Bodenoffensive in dem dicht besiedelten Küstenstreifen empfohlen. "Das ist nur der Anfang", sagte Vize-Verteidigungsminister Matan Vilnai im israelischen Militärrundfunk mit Blick auf die Luftangriffe. Seit Tagen fahren israelische Panzer an der Grenze auf, während nur wenige hundert Meter dahinter islamistische Kämpfer die Region mit Landminen und Sprengfallen vorbereiten.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich in einem Telefonat mit seiner israelischen Kollegin Zipi Livni für eine Waffenruhe im Gaza-Streifen eingesetzt. Die andauernden Kämpfe gefährdeten nicht nur die bisherigen Fortschritte im Friedensprozess, warnte Steinmeier. Sie würden auch die Position gesprächsbereiter Kräfte auf arabischer Seite untergraben.
Bereits zuvor hatte das Nahost-Quartett aus USA, Uno, EU und Russland eine Waffenruhe gefordert. Frankreich schlug vor, Israel solle seine Luftangriffe für 48 Stunden stoppen. Israel wies diesen Vorschlag jedoch als "unrealistisch" zurück. Die Hamas würde nach eigenen Angaben Vorschläge für eine Feuerpause prüfen, sofern Israel seine Angriffe einstelle und seine "Blockade" des Gaza-Streifens vollständig beende.
Die neue tschechische EU-Ratspräsidentschaft kündigte an, eine Delegation in den Nahen Osten zu schicken. Eine Dringlichkeitssitzung des Uno-Sicherheitsrats zu den Kämpfen ging allerdings ohne eine Einigung auf eine Resolution zu Ende.
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