Freitag, 30. Januar 2009

Warum Erdogan tief enttäuscht von Israel ist

Dass Tayyip Erdogan in Davos wutentbrannt das Podium verließ, nachdem zuvor Schimon Peres lautstark den israelischen Militäreinsatz in Gaza verteidigt hatte, kommt nicht von ungefähr. Der türkische Ministerpräsident ist nämlich tief enttäuscht vom Verhalten Israels. Denn einen Tag bevor Jerusalem seine Offensive gegen die Hamas startete, war Ministerpräsident Olmert noch zu Gast in Ankara. Bei diesem Treffen, so berichtete Erdogan, habe er seinen Amtskollegen gefragt, ob dieser möglicherweise einen Militäreinsatz in Richtung Gaza plane. Olmert soll auf die Frage mit einem eindeutigen "Nein" geantwortet haben.

Ein persönlicher Affront

Dass das israelische Militär am Tag darauf dennoch den Marschbefehl erhielt, hat Erdogan, der über diese Unterredung die Öffentlichkeit erst etliche Tage nach Beginn der Offensive unterrichtete, als persönlichen Affront gewertet. Hintergrund hierfür ist die Position der Türkei als Vermittler zwischen Syrien und Israel. Seit dem Frühjahr vergangenen Jahres nämlich verhandelt Erdogan mit den beiden Ländern über eine mögliche Rückgabe der von Jerusalem besetzten Golanhöhen an Damaskus - ein Initiative, die weit über den Orient hinaus als vielversprechend und wichtig interpretiert wurde. Nach Olmerts Antwort von Ankara allerdings fragte Erdogan: "Wie kann ich erfolgreich als Vermittler fungieren, wenn man mir nicht die Wahrheit sagt?"

Die Türkei ist Israels engster Verbündeter im Nahen Osten. Beide Staaten haben bereits mehrfach gemeinsame Militärmanöver abgehalten. Gleichzeitig hat die Türkei auch Kontakte zur Hamas, weshalb sich Erdogan Anfang Januar auch als Vermittler im Palästinakonflikt anbot und bereit war, türkische Soldaten ins Krisengebiet zu schicken. Auch wenn der Vorfall von Davos manchen Beobachter erschreckt hat, dürften die Beziehungen zwischen Ankara und Jersualem weiterhin stabil bleiben.

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