Freitag, 9. Januar 2009

Äthiopien nimmt Helfer unter Aufsicht

Die "stille Diplomatie" ist in Äthiopien offenbar gescheitert. Ein striktes NGO-Gesetz verbietet Menschenrechtsorganisationen.

Berlin - Am Dienstagabend hat das äthiopische Parlament ein restriktives Gesetz zur Regelung der Arbeit von Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) verabschiedet. Damit wird NGOs, die mehr als zehn Prozent ihrer Einnahmen aus dem Ausland – also auch von Exil-Äthiopiern – beziehen, verboten, sich für Demokratie oder Menschenrechte einzusetzen. Zudem kann eine eigens eingerichtete Regierungsbehörde bei kleinsten Verstößen gegen bürokratische Vorgaben NGO-Vertreter bis zu drei Jahre ins Gefängnis bringen.

Schon seit einem guten Jahr haben NGOs in Äthiopien auf die Einschränkungen hingewiesen, die das neue Gesetz bringen wird. Doch die „stille Diplomatie" sei in Äthiopien gescheitert, stellt Georgette Gagnon von Human Rights Watch fest. „Geber müssen laut und deutlich sagen, dass die fortgesetzte Repression finanzielle Konsequenzen hat."

Ein Sprecher des Entwicklungsministeriums (BMZ) sagte dem Tagesspiegel, während der Verhandlungen mit Äthiopien im vergangenen Sommer sei das Thema angesprochen worden. „Dass dieses Gesetz nun doch verabschiedet wurde, stößt bei uns auf Unverständnis und scharfe Ablehnung." Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) werde an Premierminister Meles Zenawi schreiben und „ihre Kritik deutlich zum Ausdruck bringen". Bei einem Besuch Ende der Woche will der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Günter Nooke (CDU), das Thema ebenfalls ansprechen. Zudem will er sich für die Freilassung der Ende Dezember verhafteten Oppositionsführerin Birtukan Mideksa einsetzen.

Wolfgang Heinrich vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) rechnet damit, dass seine Organisation ihre Arbeit wird beschränken müssen. „Das ist ein erheblicher Rückschlag für die Demokratisierung", sagt er. Unter den gegebenen Umständen halte er es für problematisch, dass Deutschland die Budgethilfe für Äthiopien weiter erhöht habe. Das BMZ will von 2009 bis 2011insgesamt 96 Millionen Euro in Äthiopien ausgeben. Im Gegensatz zum EED hält Bernhard Meier zu Biesen von der Welthungerhilfe die Folgen des Gesetzes für überschaubar. Entwicklungsorganisationen im engeren Sinne müssten nicht mit starken Einschränkungen rechnen. Während der 40 Jahre, die die Welthungerhilfe in Äthiopien arbeitet, habe sich die Regierung nie „aggressiv" verhalten, sagt er. deh

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 08.01.2009)

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