Donnerstag, 22. Januar 2009

Heftige Kritik an Oliver Pocher

Darf man den großen Helden des deutschen Widerstands gegen Hitler veräppeln? Ganz sicher nicht, finden Verantwortliche des Südwestrundfunks - und wollen den Entertainer Oliver Pocher jetzt für einen ARD-Auftritt als Stauffenberg zur Rechenschaft ziehen.

Stuttgart/Hamburg - Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass manche Kräfte in der ARD den Entertainer Oliver Pocher unbedingt loswerden werden wollen. Das zumindest legt ein weiterer Streit nahe, der jetzt um einen Auftritt des Comedians entbrannt ist.

TV-Moderator Pocher als Stauffenberg in Berlin: Heftige Kritik
Was war passiert? Pocher hatte die Donnerstagsausgabe der ARD-Late-Night- Show "Schmidt & Pocher" mit Augenklappe und in Wehrmachtsuniform eröffnet.

Damit spielte er offensichtlich auf Claus Graf Schenk von Stauffenberg an - beziehungsweise auf US-Schauspieler Tom Cruise, der die Symbolfigur des deutschen Widerstands gegen Hitler in dem diese Woche angelaufenen Film "Operation Walküre" verkörpert.

Pocher war bereits bei der Deutschlandpremiere des Will-Smith-Films "Sieben Leben" in Berlin als Stauffenberg auf dem roten Teppich erschienen. In der Show am Donnerstag riss er jetzt ein paar schale Gags auf Kosten von Cruise/Stauffenberg ("Mit dem ersten sieht man besser" - gemünzt auf das verlorene Auge des Offiziers) und ging dann zum mehr oder minder belustigenden Witz-Tagesgeschäft über.

Für den Südwestrundfunk (SWR) war das zu viel: Denn bei der Sitzung des Fernsehausschusses des Senders hagelte es jetzt heftige Kritik an Pochers Auftritt.

"Was da wieder gelaufen ist, ist unsagbar pietätlos und ehrabschneidend", sagte SWR-Rundfunkratsmitglied Theresia Wieland den "Stuttgarter Nachrichten". Selbst wenn Pocher womöglich den Auftritt von Cruise in "Operation Walküre" habe parodieren wollen, sei dies gründlich misslungen. "In diesem Moment identifiziert man das doch nicht mit dem Schauspieler, sondern mit der historischen Figur. Und es ist nicht hinnehmbar, dass man den Helden des deutschen Widerstandes so ins Lächerliche zieht", sagte Wieland, die die katholische Kirche in dem Gremium vertritt.

Wieland steht mit ihrer Kritik offenbar nicht alleine da. "Die überwiegende Mehrheit von uns, bestimmt 80 bis 90 Prozent, ist der Meinung, dass Herr Pocher der ARD nicht gut tut", sagte der Vorsitzende des SWR-Landesrundfunkrates, Volker Stich, der Deutschen Presse-Agentur.

Jetzt soll der Fall Pocher/Cruise/Stauffenberg bei der nächsten Rundfunkratssitzung am 27. März mit ARD-Programmchef Volker Herres erörtert werden, sagte Stich und bestätigte damit einen entsprechenden Bericht der "Stuttgarter Nachrichten". Die SWR-Leute gehen sogar noch weiter: Es gebe zunehmend Stimmen, die davor warnten, Pocher künftig in der ARD eine eigene Show zu geben.

Damit gehen die Pocher-Kritiker allerdings auf Konfrontationskurs mit Herres. Der hatte angekündigt, er wolle mit Pocher verhandeln, um ihn in der ARD zu halten. Vorangegangen war die Entscheidung, die Late-Night-Show von Harald Schmidt und Oliver Pocher im April dieses Jahres einzustellen.

Der SWR-Landesrundfunkrat seinerseits sei froh über das Ende der Reihe, betonte Stich. "Wir sind absolut unzufrieden mit dem Format."

Das Gremium wolle sich nun um eine Korrektur der ARD-Pläne bemühen. Es sei nicht der Meinung, dass Pocher um jeden Preis gehalten werden müsse. "Wir müssen etwas anderes anbieten als nur verbale Entgleisungen. Diesen Weg sollten wir nicht gehen - das können wir den Privaten überlassen", meinte Stich.

In der Vergangenheit war aus SWR-Kreisen bereits mehrfach deutliche Kritik über Pochers Auftritte in der Late-Night-Show laut geworden.

  • Einmal ging es dabei um das sogenannte "Tabumessgerät Nazometer", das sogar von SWR-Intendant Peter Boudgoust - der pikanterweise seit dem 1. Januar 2009 auch ARD-Vorsitzender ist - persönlich gerügt worden war.
  • Ein anderes Mal hatte Pochers Dialog mit der Rapperin Lady Ray Bitch für Aufsehen gesorgt. Die derbe Unterhaltung und die Tatsache, dass sie ihm ein Döschen mit Intimsekret überreichte, hatte im öffentlich-rechtlichen System wenig Freunde gefunden.

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