Samstag, 17. Januar 2009

Das Leid der weißen Schwarzen

Albinos in Afrika

Albinos werden von selbst ernannten Hexenmeistern gejagt und getötet. Körperteile von ihnen gelten in Afrika als Glücksbringer. In Mali setzten tausende Demonstranten ein Zeichen gegen diesen Aberglauben.

Die 76.000 Euro Spenden sind für Salif Keïta eher nebensächlich – viel wichtiger ist dem Musiker die Aufmerksamkeit, die ihm und allen anderen Menschen mit Albinismus entgegengebracht wird. Gerade jetzt, da afrikanische Hexenmeister wieder verstärkt Jagd auf die “weißen Schwarzen”, wie sie sich selbst nennen, machen. Deshalb hat die “Goldene Stimme Afrikas” am Wochenende zu einer großen Kundgebung in Malis Hauptstadt Bamako aufgerufen – mehrere Tausend Menschen kamen, das Fernsehen übertrug die Demonstration live. “Wir stehen an Eurer Seite”, lautete die Botschaft der Teilnehmer.

Körperteile von Albinos gelten in Afrika als Glücksbringer, Zaubertränke mit ihrem Blut sollen dem Käufer Wohlstand bringen. Das besagt ein gängiger Aberglaube, der 2008 alleine in Tansania rund 30 Menschen das Leben gekostet hat. Wegen dieses Aberglaubens werden Albinos gejagt, verstümmelt und getötet. Zuletzt wurde die sechsjährige Cizanye umgebracht. “Die Banditen haben sie enthauptet, ihre Arme und Beine abgeschnitten und nahmen diese anschließend mit”, erklärte ein Behördensprecher.

Menschen mit Albinismus leiden unter einem genetischen Defekt. Ihre Körper können den Pigmentstoff Melanin nicht oder nur in geringen Mengen produzieren. Das führt zu einer helleren Haar-, Augen- und Hautfarbe. Außerdem reagiert die Haut sensibler auf Sonneneinstrahlung, so dass Albinos leichter Hautkrebs bekommen. In Afrika werden überdurchschnittliche viele Albinos geboren: Nach Schätzungen der südafrikanischen Albinismus-Vereinigung kommt ein Albino auf 4000 Menschen. Im Rest der Welt gilt im Durchschnitt das Verhältnis eins zu 20.000.

Laut afrikanischen Behörden wächst der Handel mit Körperteilen und dem Blut von Albinos. Bis zu 60.000 Dollar soll eine Leiche einbringen, mittlerweile gehen Mörder-Banden auf die Jagd nach hellhäutigen Afrikanern. Albinos verstecken sich bei Familienangehörigen oder Nachbarn, einige stehen sogar unter Polizeischutz. In Orten, wo besonders viele “weiße Schwarze” leben, patrouillieren Beamte verstärkt durch die Straßen, begleiten Kinder auf ihrem Schulweg. So wie beispielsweise in Burundi. In der Region Ruyigi leben 50 Albinos.

“Die Menschen glauben, wir wären glücklich”, sagte der tansanische Parlamentarier Al-Shaymaa Kwegyir, selbst ein Mensch mit Albinismus, der „New York Times“. “Deshalb bringen sie uns um.” Sie wollen einen Teil von diesem Glück besitzen. Einige Menschen glauben sogar, Albinos seien unsterblich.

Die große Kundgebung in Malis Hauptstadt Bamako hat ein deutliches Zeichen gesetzt. Über die Albinos sagte Malis Präsident Amadou Toumani Touré der Nachrichtenagentur AFP: “Wir werden immer an ihrer Seite stehen. Sie sind unsere Brüder. Wir betrachten sie als Teil von uns.” Die auf der Demonstration gesammelten 76.000 Euro fließen nun in die Salif-Keïta-Stiftung, die sich um den Schutz der Albinos in Afrika kümmert.


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