Wut über unhaltbare Zustände in ihren Unterkünften und Protest gegen die drohende Abschiebung: Hunderte Flüchtlinge sind aus ihrem Auffanglager auf der italienischen Insel Lampedusa gestürmt - unter dem Applaus der Inselbewohner. Die Regierung in Rom steht in der Kritik.
Verzweifelte Flüchtlinge stürmen aus dem Lager. Sie formieren sich zum Protestmarsch und verlangen unter dem Applaus der Inselbewohner von Lampedusa lautstark nach "Freiheit!" Es kommt zu Zusammenstößen. Unterdessen machen die Einheimischen ihrem Frust über die unerträgliche Lage auf ihrer zwischen Sizilien und Nordafrika gelegenen Mittelmeerinsel Luft, schimpfen auf die Regierung in Rom.
Und die scheint hilflos zusehen zu müssen, wie dieser Brennpunkt illegaler Einwanderung in Chaos und Aufruhr zu versinken droht: Neue Maßnahmen gegen die Flüchtlingsflut greifen noch nicht, der Zustrom reißt nicht ab, die Regierung von Silvio Berlusconi ruft Europa zu Hilfe. 2008 strandeten rund 36.500 Bootsflüchtlinge an den italienischen Küsten, davon alleine rund 31.000 auf der nur 20 Quadratkilometer großen Insel Lampedusa. So leidet das Eiland unter dem Image, Immigranten-Zufluchtsort zu sein.
Innenminister will Lampedusa zum Abschiebedepot machen
Die Unruhe auf Lampedusa und die Kritik an Italien sind noch gewachsen, seit sich der römische Innenminister Roberto Maroni von der ausländerfeindlichen Lega Nord diese Notlösung ausgedacht hat: Das schon heillos überfüllte Aufnahmezentrum wird zum Abschiebedepot für illegale Immigranten ausgebaut. Wer kein Asylrecht geltend machen kann, soll nicht mehr auf andere Zentren verteilt, sondern gleich von Lampedusa aus in die nordafrikanische Heimat abgeschoben werden. So wie die Hunderte von Tunesiern, die am Samstag mit ihrem "Ausbruch" aus dem Aufnahmezentrum für Aufsehen sorgten. Aus Regierungssicht war das keine "Flucht", denn sie hatten die Insel nicht verlassen können.
"Alles in Ordnung auf Lampedusa." Mit dieser eher beschwörenden denn beruhigenden Sichtweise meldete sich selbst der Regierungschef am Samstag zu Wort: "Das ist doch kein Konzentrationslager. Es steht ihnen (den Migranten) frei, sich ein Bier holen zu gehen", sagte der Medienzar und Milliardär Berlusconi in der ihm eigenen launigen Wortwahl. Sein Innenminister kündigte unterdessen an, am Dienstag nach Tunesien zu reisen, um mit seinem Amtskollegen und mit dem tunesischen Präsidenten Ben Ali zu besprechen, wie die etwa 1200 Tunesier auf Lampedusa zurückgeführt werden können. "Wer meint, er könnte ungestört illegal nach Italien einreisen, hat sich geirrt," erklärte Maroni in einem Interview mit dem "Corriere della Sera".
"Ein Problem, das ganz Europa betrifft"
Dass es brennt, konnte er jedoch nicht verbergen: "Die EU wird die Grenzstaaten nicht mit dem Problem alleinlassen, das ganz Europa betrifft, nicht nur Italien." Brüssel hat der dramatischen Lage am Südsaum Europas Vorrang eingeräumt, und EU-Justizkommissar Jacques Barrot wird auf Lampedusa erwartet. Dabei macht diese Insel zwar die Schlagzeilen, doch große Probleme gibt es nicht nur dort.
Zum Beispiel Malta. "Erschreckend" sei die Lage in den beiden Aufnahmezentren für Flüchtlinge des kleinsten EU-Staates, hielt eine UN-Beobachtergruppe nach fünftägiger Malta-Visite jetzt fest. "Wir haben einen achtjährigen Jungen gesehen, der dort überhaupt nicht festgehalten werden dürfte, und einen HIV-infizierten und an Windpocken erkrankten Mann in einer Isolierzelle statt im Hospital", klagte UN-Berichterstatterin Manuela Carmena Castrillo. In Malta kamen 2008 über 2700 Flüchtlinge an, 1000 mehr als 2007. Seit Spanien Abkommen mit einigen Herkunftsländern geschlossen hat, um die Zahl der Ankömmlinge zu senken, versuchen viele Afrikaner ihr Glück andernorts im Mittelmeer. Eine Vereinbarung zwischen Tripolis und Rom, die diese Menschenflut eindämmen soll, trägt aber bisher noch keine Früchte.
Während die linke Opposition in Rom von einem Scheitern der Migrationspolitik spricht, Menschenrechtsverletzungen anprangert und den Kopf des Ministers fordert, sieht sich dieser nur bestätigt: Die Flüchtlinge konnten die Insel nicht verlassen, also ist dies der ideale Ort: "Das bestätigt nur unsere Entscheidung, dass alle von Lampedusa aus abgeschoben werden müssen." Jetzt sei Hilfe von Brüssel gefragt. Italien, Griechenland, Zypern und Malta hätten gemeinsam nachdrücklich von der EU verlangt, "dass die Kommission eingreift und dieses Problem der illegalen Einwanderung in die Hand nimmt." Bis das der Fall sein kann, werden mehr Verzweifelte von Nordafrika Kurs auf die Insel nehmen, das Sprungbrett nach Europa trotz allem ansteuern.
Verzweifelte Flüchtlinge stürmen aus dem Lager. Sie formieren sich zum Protestmarsch und verlangen unter dem Applaus der Inselbewohner von Lampedusa lautstark nach "Freiheit!" Es kommt zu Zusammenstößen. Unterdessen machen die Einheimischen ihrem Frust über die unerträgliche Lage auf ihrer zwischen Sizilien und Nordafrika gelegenen Mittelmeerinsel Luft, schimpfen auf die Regierung in Rom.
Und die scheint hilflos zusehen zu müssen, wie dieser Brennpunkt illegaler Einwanderung in Chaos und Aufruhr zu versinken droht: Neue Maßnahmen gegen die Flüchtlingsflut greifen noch nicht, der Zustrom reißt nicht ab, die Regierung von Silvio Berlusconi ruft Europa zu Hilfe. 2008 strandeten rund 36.500 Bootsflüchtlinge an den italienischen Küsten, davon alleine rund 31.000 auf der nur 20 Quadratkilometer großen Insel Lampedusa. So leidet das Eiland unter dem Image, Immigranten-Zufluchtsort zu sein.
Innenminister will Lampedusa zum Abschiebedepot machen
Die Unruhe auf Lampedusa und die Kritik an Italien sind noch gewachsen, seit sich der römische Innenminister Roberto Maroni von der ausländerfeindlichen Lega Nord diese Notlösung ausgedacht hat: Das schon heillos überfüllte Aufnahmezentrum wird zum Abschiebedepot für illegale Immigranten ausgebaut. Wer kein Asylrecht geltend machen kann, soll nicht mehr auf andere Zentren verteilt, sondern gleich von Lampedusa aus in die nordafrikanische Heimat abgeschoben werden. So wie die Hunderte von Tunesiern, die am Samstag mit ihrem "Ausbruch" aus dem Aufnahmezentrum für Aufsehen sorgten. Aus Regierungssicht war das keine "Flucht", denn sie hatten die Insel nicht verlassen können.
"Alles in Ordnung auf Lampedusa." Mit dieser eher beschwörenden denn beruhigenden Sichtweise meldete sich selbst der Regierungschef am Samstag zu Wort: "Das ist doch kein Konzentrationslager. Es steht ihnen (den Migranten) frei, sich ein Bier holen zu gehen", sagte der Medienzar und Milliardär Berlusconi in der ihm eigenen launigen Wortwahl. Sein Innenminister kündigte unterdessen an, am Dienstag nach Tunesien zu reisen, um mit seinem Amtskollegen und mit dem tunesischen Präsidenten Ben Ali zu besprechen, wie die etwa 1200 Tunesier auf Lampedusa zurückgeführt werden können. "Wer meint, er könnte ungestört illegal nach Italien einreisen, hat sich geirrt," erklärte Maroni in einem Interview mit dem "Corriere della Sera".
"Ein Problem, das ganz Europa betrifft"
Dass es brennt, konnte er jedoch nicht verbergen: "Die EU wird die Grenzstaaten nicht mit dem Problem alleinlassen, das ganz Europa betrifft, nicht nur Italien." Brüssel hat der dramatischen Lage am Südsaum Europas Vorrang eingeräumt, und EU-Justizkommissar Jacques Barrot wird auf Lampedusa erwartet. Dabei macht diese Insel zwar die Schlagzeilen, doch große Probleme gibt es nicht nur dort.
Zum Beispiel Malta. "Erschreckend" sei die Lage in den beiden Aufnahmezentren für Flüchtlinge des kleinsten EU-Staates, hielt eine UN-Beobachtergruppe nach fünftägiger Malta-Visite jetzt fest. "Wir haben einen achtjährigen Jungen gesehen, der dort überhaupt nicht festgehalten werden dürfte, und einen HIV-infizierten und an Windpocken erkrankten Mann in einer Isolierzelle statt im Hospital", klagte UN-Berichterstatterin Manuela Carmena Castrillo. In Malta kamen 2008 über 2700 Flüchtlinge an, 1000 mehr als 2007. Seit Spanien Abkommen mit einigen Herkunftsländern geschlossen hat, um die Zahl der Ankömmlinge zu senken, versuchen viele Afrikaner ihr Glück andernorts im Mittelmeer. Eine Vereinbarung zwischen Tripolis und Rom, die diese Menschenflut eindämmen soll, trägt aber bisher noch keine Früchte.
Während die linke Opposition in Rom von einem Scheitern der Migrationspolitik spricht, Menschenrechtsverletzungen anprangert und den Kopf des Ministers fordert, sieht sich dieser nur bestätigt: Die Flüchtlinge konnten die Insel nicht verlassen, also ist dies der ideale Ort: "Das bestätigt nur unsere Entscheidung, dass alle von Lampedusa aus abgeschoben werden müssen." Jetzt sei Hilfe von Brüssel gefragt. Italien, Griechenland, Zypern und Malta hätten gemeinsam nachdrücklich von der EU verlangt, "dass die Kommission eingreift und dieses Problem der illegalen Einwanderung in die Hand nimmt." Bis das der Fall sein kann, werden mehr Verzweifelte von Nordafrika Kurs auf die Insel nehmen, das Sprungbrett nach Europa trotz allem ansteuern.
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