Sonntag, 18. Januar 2009

Immer erreichbar, nie am Apparat

Kubaner dürfen jetzt Handys besitzen: Der staatliche Mobilfunk-Monopolist verkauft ein Nokia-Modell von 2006 als Einsteigertelefon. Allerdings kann sich kaum einer die Gesprächsgebühren leisten - weshalb die Telefone wie Pager benutzt werden.

Der Handy-Boom ist mit gehöriger Verspätung auch auf Kuba angekommen. Erst seit April 2008 dürfen alle Kubaner ein Handy besitzen und nutzen, was zuvor ein Privileg von Ausländern und hochrangigen Regierungsmitarbeitern war. Aber das Regime unter Fidels Bruder Raul Castro will den Übergang ins Handy-Zeitalter offensichtlich langsam gestalten - die Preise für Telefone, Verträge und Nutzungsgebühren waren zum Start utopisch hoch.

Jubel-Plakat: "50 Jahre Kämpfe und Siege" feiert ein Plakat in Havana Ende 2008, kurz vor der 50-Jahr-Feier der Revolution
Jubel-Plakat: "50 Jahre Kämpfe und Siege"
Plakat in Havana Ende 2008, kurz vor der 50-Jahr-Feier
der Revolution

Die erste Hürde besteht für den Durchschnittsbürger darin, dass der Mobilfunkmonopolist ETECSA - an dem übrigens Telecom Italia mit 27 Prozent beteiligt ist - seine Dienste unter dem Markennamen Cubacel nur gegen "Peso convertible" anbietet. Diese Zweitwährung ist allerdings nur gegen harte Dollar zu haben.

Bei einem Durchschnittseinkommen von umgerechnet 17 US-Dollar kostete das günstigste Handy zunächst 65 Dollar, die Erteilung einer Nummer schlug mit 120 Dollar zu Buche und Telefonkarten waren ab elf Dollar zu haben. Damit lagen die Anschaffungskosten etwa bei einem Jahreseinkommen, trotzdem war der Andrang zum Start der neuen Mobilfunkfreiheit riesig.

Handys aus Miami

Aber während die allermeisten Kubaner zum Beginn der allgemeinen Mobilfunkerlaubnis nicht im Traum an ein eigenes Handy denken konnten, ist dies Ziel inzwischen auch für breite Kreise in erreichbare Nähe gerückt.

Dabei ist das Mobiltelefon allerdings immer noch eine Anschaffung, für die man lange und mühsam sparen muss. Eine wichtige Erleichterung haben die Kubaner in diesem Zusammenhang den USA zu verdanken, die ihre restriktive Embargopolitik im Sommer etwas lockerten. Seitdem dürfen US-Bürger Freunden und Verwandten Telefone schenken, wodurch ungezählte gebrauchte Handys per Post ihren Weg auf die Insel fanden.

Die Reaktion des Mobilfunkmonopolisten Cubacel auf die starke Nachfrage nach halbwegs erschwinglichen Telefonen wirkt wie eine Farce. Das billigste Modell im Cubacel-Angebot kostet inzwischen 58 statt 65 US-Dollar. Dafür bekommt man ein Nokia 1112, also ein Gerät von 2006, für das es inzwischen schon zwei Nachfolger gibt. Ausgerechnet den Kubanern ein Handy von vorgestern zu einem völlig überteuerten Preis zu verkaufen, kann man wohl nur als zynisch bezeichnen. Insbesondere wenn die Nachfolgemodelle ohne Vertragsbindung in Indien für 20 Dollar angeboten werden.

Eine große Erleichterung ist unterdessen, dass Cubacel den Preis für den Netzzugang nach einem halben Jahr von 120 auf 65 Dollar gesenkt hat. Mit den gebrauchen Telefonen aus den USA und der Freischaltgebühr, die "nur" noch drei Monatsgehälter beträgt, steigt die Zahl der Handy-Nutzer derzeit angeblich rapide. Diesen Eindruck vermitteln jedenfalls die Berichte vom steten Andrang in den Cubacel-Geschäften und der beginnenden Selbstverständlichkeit, die Handys auch auf Kuba langsam bekommen. Offizielle Nutzerzahlen gibt es aber nicht.

Aber dass es immer mehr Kubaner schaffen, sich ein funktionierendes Handy zuzulegen, heißt noch lange nicht, dass sie auch telefonieren. Die anfallenden Gesprächsgebühren sind mit umgerechnet 65 US-Cent pro Minute für Gespräche innerhalb des Mobilnetzes einfach viel zu teuer. Telefonate vom Handy ins Festnetz sind noch kostspieliger. Ganz zu schweigen von den theoretisch jederzeit möglichen Gesprächen ins Ausland, bei denen 2,7 Dollar in die USA anfallen und 5,85 Dollar nach Europa.

Nach einem Bericht der "Washington Post" werden kubanische Handys eigentlich nur dazu genutzt erreichbar zu sein, also ähnlich wie Pager: Man registriert, wer einen erreichen will, sucht sich dann einen Festnetzanschluss, über den man zu einem Bruchteil der Kosten telefonieren kann.

Ein mobiles Gespräch anzunehmen, ist dagegen geradezu verpönt, schließlich würde man damit dem Anrufer ruinöse Kosten zumuten. Die meisten Handy-Nutzer gönenn sich höchstens ab und an eine SMS für umgerchnet 17 US-Cent.

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