General Antonio Taguba sollte die Vorfälle im irakischen Abu Ghraib untersuchen. Doch er wurde gefeuert - und vergleicht nun die Zustände beim US-Militär mit der Mafia. Ex-Verteidigungsminister Rumsfeld wirft er vor, den Kongress belogen zu haben.
  
Nach der Aufdeckung der geheimen CIA-Verhörlager für al-Qaida-Internierte in    Ostmitteleuropa 2005 hat die US-Regierung eine neue solche Einrichtung in    Mauretanien eröffnet. Das schreibt der Journalist Seymour Hersh in der    jüngsten Ausgabe des Magazins „New Yorker“. Geheimflüge der CIA dorthin    seien wesentlich leichter vor der Öffentlichkeit zu verbergen gewesen als in    Europa. Ob das Lager noch besteht, schreibt Hersh nicht. In den vergangenen    Wochen hatte es aus anderen Quellen geheißen, auch in Äthiopien gebe es ein    solches CIA-Lager.
   Hersh befasst sich in seinem Artikel hauptsächlich mit den Hintergründen der    Untersuchung zu den Foltervorwürfen im irakischen Gefängnis Abu Ghraib. Er    hat erstmals General Antonio Taguba interviewen können, der am 31. Januar    2004 vom Pentagon beauftragt wurde, das Verhalten der in Abu Ghraib tätigen    800. Brigade der US-Militärpolizei zu untersuchen. Der Taguba-Report wurde im    Frühjahr fertiggestellt und Anfang Mai der Presse zugespielt, freilich nur    der nicht geheime Teil. 
   Der Vorwurf der eidlichen Falschaussage könnte für Donald Rumsfeld Folgen    haben. Rumsfeld musste am 7.Mai 2004 dem Kongress Rede und Antwort stehen.    Damals gab Rumsfeld an, er habe die Fotos aus Abu Ghraib erstmals am Abend    des 6.Mai gesehen, und vorher allenfalls Gerüchte gehört. Taguba sagte nun    Hersh, zwei Tage nachdem der interne Ermittlerdienst der Armee am 13.Januar    2004 die Fotos erhalten habe, seien der Direktor des Generalstabs sowie der    engste Militärberater Rumsfelds per E-mail über den Inhalt informiert    worden. Er selber habe seinen Bericht „an Dutzende Stellen im Pentagon“    gesandt.
   Wenige Wochen nachdem der Report in die Medien gelangt war, fuhr Taguba mit    dem damaligen Oberbefehlshaber des Kommandos Mitte, General John Abizaid, in    einer Limousine. Abizaid sagte Taguba: „Sie und Ihr Bericht werden    untersucht werden.“ Taguba sagte zu Hersh, er habe sich zum ersten Mal im    Militär wie bei der Mafia gefühlt.
   Taguba vermutet, der Versuch, Abu Ghraib unter der Decke zu halten, habe die    geheimen Jagdkommandos der CIA und des Pentagons gegen al-Qaida schützen    sollen. Deshalb habe er den strikten Befehl gehabt, die Rolle der    Militäraufklärer bei den Verbrechen außen vor zu lassen. Ihm sei gesagt    worden, es gehe darum, „das Gesamtbild zu schützen“.
 Senator John Warner, damals Chef des    Streitkräfteausschusses, sei, schreibt Hersh, vom Pentagon unter Druck    gesetzt worden, die Finger von Abu Ghraib zu lassen, weil „wichtigere Dinge    auf dem Spiel stehen“. Das Pentagon, und womöglich das Weiße Haus, habe eine    breite Debatte über die Methoden des Antiterrorkriegs befürchtet.
   Taguba und weitere ehemalige Militärs und CIA-Angehörige deuten an, die    Jagdkommandos, deren Aufgabe schlicht im politischen Mord bestehe, seien    ohne jede Kontrolle durch den Kongress und ohne Kenntnis der jeweiligen    Botschafter in einer Reihe afrikanischer, nahöstlicher und asiatischer    Staaten aktiv. Die Liste der erlaubten Staaten habe nach dem 11.September    nur aus wenigen Namen bestanden, sei später aber ausgeweitet worden. Der    Auftrag der Kommandos sei vom Weißen Haus und der Spitze des Pentagons aber    nie klar befohlen worden, weder schriftlich noch mündlich. Es sei nur gesagt    worden „Tun Sie, was Sie für nötig und richtig halten.“ Hersh lässt an    manchen Passagen offen, ob er solche Hinweise von mehr als einer Person    erhalten hat.
   Im April 2005 sei der Ermittlerdienst der Armee jedenfalls bei dem Versuch    an die Wand gerannt, Informationen über die Verhörmethoden einer solchen    Sondergruppe zu bekommen. Zunächst wurden die Ermittler abgewiesen mit der    Begründung, sie hätten keinen Zugang zu Codewort-Operationen. Dann brach    plötzlich der Computer der betreffenden Sondereinheit zusammen, und alle    Dateien waren gelöscht.
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