Freitag, 8. Juni 2007

Warten auf die Zeit nach Bush

Pressestimmen

Die Einigung der G8-Staaten zum Klimaschutz wird von den europäischen Medien nicht als großer Durchbruch bewertet. Einzig der Wandel von US-Präsident George W. Bush gibt Anlass zum Staunen.

"Der Standard" (Wien):

"Zunächst haben es die G8 geschafft, endlich die Amerikaner in dieser Frage ins Boot zu holen. Die normative Kraft des Faktischen und der internationale Druck haben George W. Bush dazu gebracht, nicht nur das Problem des von Menschen gemachten Klimawandels anzuerkennen, sondern auch zuzustimmen, dass im Rahmen der Vereinten Nationen an dessen Lösung gearbeitet wird. So viele Zugeständnisse von einem Ölmann und notorischen Kritiker der Uno sind an sich schon eine kleine Sensation. Die unverbindlichen Formulierungen bei den Reduktionszielen als "großen Erfolg" (Merkel) zu sehen, fällt auf den ersten Blick dagegen schwerer. Eine 'substanzielle' Verringerung der CO2-Emissionen um 50 Prozent bis 2050 'in Betracht zu ziehen' und die Verhandlungen darüber an die Uno-Klimaschutzkonferenz zu delegieren scheint eine recht schwache Ansage für acht der wirtschaftsstärksten Staaten der Erde."

"Libération" (Paris):

"Wie in den Uno steckt bei der G8 der Teufel im Detail. George W. Bush, der größte Umweltverschmutzer der Erde, wollte auf keinen Fall einen Zwang (zum CO2-Abbau). Er hat nicht nachgegeben. Der Text erwähnt zwar das den Europäern so teure Ziel eines Abbaus um 50 Prozent bis 2050, doch soll das lediglich 'in Betracht gezogen' werden. Damit vermeidet der Text jede feste Verpflichtung. Es ist also ein Kompromiss, der jedem das Gesicht zu wahren erlaubt. Niemand hat es gesagt, doch manche haben es mit Sicherheit sehr intensiv gedacht: Dieser Kompromiss setzt auf eine nahe Zukunft, mit der viel Hoffnung verbunden wird: eine neue Ära für das Klima, die sich ganz einfach 'die Zeit nach Bush' nennt."

"The Daily Telegraph" (London):

"Letzte Woche hatte Bush schon eine Änderung seiner Haltung signalisiert, indem er akzeptierte, dass die Hauptumweltverschmutzer eine Rahmenvereinbarung und Ziele für die Reduzierung der Kohlendioxidemissionen brauchen. Damit reflektierte er wesentliche Veränderungen im amerikanischen Herangehen an das Thema Erderwärmung, beeinflusst durch Al Gores Film 'Eine unbequeme Wahrheit' und angetrieben auf Bundesebene durch einen demokratisch kontrollierten Kongress und durch Kaliforniens Festlegung verbindlicher Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen. In Heiligendamm äußerte sich dieser innenpolitische Druck in der Unterstützung von Bush für eine Uno-Konferenz zum Klimawandel in Bali im Dezember und die Einwilligung, dass seine eigene Initiative zu einem Treffen der Hauptumweltverschmutzer in diesem Jahr zur Suche der Weltorganisation nach einem Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll nach 2012 beiträgt."

"Nepszabadsag" (Budapest):

"Russland verhält sich in den großen globalen Fragen indifferent. Zum Klima-Wandel oder zur Afrika-Hilfe hört man nichts von Moskau. Man fragt sich, was es in diesem Elite-Club überhaupt sucht, wenn es um Derlei geht. Aber die G8 werden ohnehin in zunehmendem Maße zu einer hybriden Institution. Bei der globalen Erwärmung, bei der Luftverschmutzung und nicht zuletzt bei den Welthandels-Deals wird man letztendlich kein Bein vor das andere bekommen, wenn man die am schnellsten wachsenden und die Weltwirtschaft um Größenordnungen stärker als Russland beeinflussenden Mächte - vor allem China und auch Indien - nicht in diese Gesellschaft einbezieht."

"La Tribune" (Paris):

"Ohne Angela Merkel beleidigen zu wollen: Der nach schwerem Kampf in Heiligendamm erreichte Fortschritt beim Klimaschutz hat nichts von einem Triumph. Sicher, der amerikanische Präsident hat am Ende akzeptiert, dass im Schlussdokument auf ein beziffertes Ziel Bezug genommen wird. Das hatte er vor der Sitzung strikt abgelehnt. Doch dieses kleine sprachliche Zugeständnis wird die Erdatmosphäre in den kommenden Jahrzehnten nicht gesünder machen. Dafür hätte es mehr als ein kleines Satzteilchen gebraucht, das zudem jeder morgen nach seinem Gusto interpretieren wird."

"La Repubblica" (Rom):

"Bei dem Kompromiss von Heiligendamm, eine unbestimmte Verpflichtung, die Sache in mehr oder minder naher Zukunft in die Hand zu nehmen, handelt es sich um keinen Erfolg: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Aber Absichtserklärungen genügen nicht, dazu ist das Problem viel zu dramatisch. Doch die acht großen Vertreter verschiedener Kulturen und verschiedener Sensibilitäten, die aber durch eine gleiche wirtschaftlichen Auffassung mit dem Parameter Wachstum geeint sind, haben in Heiligendamm die Flugbahn ihrer künftigen Entwicklung gekennzeichnet. Und diese Vision bekräftigt, dass der materielle Wohlstand das einzige Ziel ist und dass Entwicklung dem großen Verbrauch der Ressourcen untergeordnet ist: Demnach dürfen die entwickelten Industrieländer ihr erreichtes Niveau beibehalten, während die Entwicklungsländer darum kämpfen müssen, dort anzukommen, wo sich die an deren bereits befinden."

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