Samstag, 16. Juni 2007

Afrika ist der EU voraus

ROAMING OHNE AUFPREIS

Der Traum europäischer Mobilfunkkunden wird ausgerechnet in Afrika realisiert: Handy-Nutzung im Ausland zu Inlandsgebühren, ganz ohne Roaming-Aufschläge. Hinter dem länderübergreifenden Netz steht ein innovationsfreudiger Konzern aus Kuwait.

Das Motto des Mobilfunkanbieters Celtel lautet: "Connects the people of Africa". Das ist einerseits ein gängiger Slogan, der zudem Nokias Claim ("Connecting people") clever lokal abwandelt. Aber Celtel klopft damit nicht nur einen Marketingspruch, das Unternehmen lässt der großspurigen Ankündigung auch Taten folgen: Seit Mitte letzter Woche können Celtel-Kunden in sechs afrikanischen Staaten ihre Handys grenzübergreifend zu Inlands-Konditionen nutzen.

Kenianerin mit Mobiltelefon: Für viele Afrikaner sind Handys die einzige Verbindung zur Außenwelt
Kenianerin mit Mobiltelefon: Für viele Afrikaner sind Handys die einzige Verbindung zur Außenwelt

Mit Celtels "One-Network" können Mobilfunknutzer aus Gabun, Kenia, der Republik Kongo, der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Tansania ohne Auslandsaufschläge miteinander kommunizieren. Celtel führt damit ausgerechnet in Afrika vor, wie ein einheitlicher Telekom-Markt aussehen kann, der auf Gebührengrenzen verzichtet.

Gleiches scheint in Europa unterdessen noch utopisch. Hier haben die Mobilfunker so lange die Preise für Auslandsgespräche künstlich hoch gehalten, dass die sonst wirtschaftsliberale europäische Kommission sich gezwungen sah, die Roaming-Gebühren per Dekret zu senken. Aber auch nach diesem außergewöhnlichen Schritt werden europäische Handy-Nutzer noch deutliche Aufschläge für Gespräche ins nahe Ausland zahlen müssen - Zentralafrika ist da bereits weiter.

Kolonialgrenzen überwinden

Das "One-Network" wurde letztes Jahr in drei Ländern gestartet, die aktuelle Ausweitung bedeutet, dass bereits 160 Millionen potentielle Kunden im Einzugsgebiet leben. Und das soll noch nicht das Ende der Entwicklung sein, Celtel plant vielmehr neun weitere Länder einzubinden (Burkina Faso, Madagaskar, Malawi, Niger, Nigeria, Sierra Leone, der Sudan, Tschad und Sambia).

Das einheitliche Handy-Netz in den aktuell sechs zentralafrikanischen Staaten dürfte aber nicht nur für einzelne Nutzer Preisvorteile bringen. Gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern kommt den mobilen Netzen eine besondere Bedeutung als Kommunikations-Infrastruktur zu, die viele Regionen erstmals mit dem Rest des Landes und der Welt verbinden - Was die meist miserabel ausgebauten Festnetze nie leisten konnten.

Diese Kommunikations-Teilhabe bringt oft auch handfeste ökonomische Vorteile, gerade für Kleinhändler und Bauern. Demnach ist es nicht erstaunlich, dass auf der Celtel-Website gleich vier Staatschefs mit Grußbotschaften die Ausweitung des "One-Network" begrüßen. Wobei Gabuns Präsident, H.E. El Hadj Omar Bongo, auf eine weitere afrikanische Besonderheit hinweist: Das Handy-Netz ohne Roaming-Schranken verbindet demnach viele Regionen und Familien, die sich nur durch willkürliche Grenzziehungen durch die Kolonialmächte in verschiedenen Staaten befinden.

Mobilnetze aus Kuwait

Auch Celtels Finanzchef Tito Alai gibt sich in einer Presseaussendung euphorisch: "Unser Netzwerk zeigt, wie innovativ Afrika sein kann". Gleichzeitig betont der Manager aber auch die Chancen für sein Unternehmen, die insbesondere in Entwicklungsländern lägen: "Wir stärken unsere Position im am schnellsten wachsenden Mobilfunkmarkt der Welt."

Womit Alai auf die Tatsache hinweist, dass insbesondere westliche Konzerne viele Märkte in ärmeren oder "schwierigen" Ländern links liegen lassen. Celtel bzw. dessen Mutterkonzern MTC, der in Kuwait seinen Hauptsitz hat, ist dagegen genau in diesen vernachlässigten Märkten besonders aktiv. So investierte das Unternehmen nach eigenen Angaben in den letzten Jahren mehr als 400 Millionen Dollar in ein Mobilnetz im Irak. Und in Namibia testet MTC derzeit zusammen mit Motorolas Netzwerksparte eine Mobilfunk-Basisstation, die mit Wind- und Solarenergie betrieben wird - Auch um die afrikanische Expansion von der oft maroden Stromversorgungs-Infrastruktur unabhängiger zu machen.

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