Freitag, 15. Juni 2007

Hundert Mann und ein Befehl

Die größten Anhänger des Schlagersängers Freddy Quinn findet man derzeit im Kölner Polizeipräsidium. Vor allem das Lied „100 Mann und ein Befehl“ hat es den Beamten angetan. Sie laden sich den Song auf ihre Handys, senden sich das Lied gegenseitig per E-Mail zu. „Hundert Mann und ein Befehl und ein Weg, den keiner will. Tagein, tagaus, wer weiß wohin. Verbranntes Land, und was ist der Sinn?“, heißt es in dem Nummer-1-Hit des Sängers aus dem Jahr 1966.

Doch für die Polizisten haben die Zeilen durchaus aktuelle Bezüge. Sie kritisieren damit den mehr als holprigen Start der neuen, 100 Mann starken Einsatztruppe, die Polizeipräsident Klaus Steffenhagen unter dem Namen „Sicherheit plus“ ins Leben gerufen hat. Sie soll vor allem für einen deutlichen Rückgang der Beschaffungsstraftaten von Drogensüchtigen sorgen, aber auch für Schwerpunktaktionen in anderen Bereichen der Kriminalität eingesetzt werden. Die Kritikpunkte der Ermittler, die auch auf der Personalversammlung am Mittwoch im Polizeipräsidium deutlich zur Sprache gekommen sind, beziehen sich vor allem die mangelnden logistischen Rahmenbedingungen, das fehlende Gesamtkonzept des Projekts sowie die nicht klar definierten Aufträge an die Beamten. „Das ist bisher nicht besonders professionell abgelaufen“, so Rüdiger Thust vom Kölner Bezirksverband des „Bund Deutscher Kriminalbeamter“ (BDK). So musste zum Beispiel der Einsatztrupp der Kriminalpolizei zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit neue Räumlichkeiten beziehen, um Platz zu schaffen für die neue Truppe. „Plötzlich wird Geld für Laptops und andere Materialien ausgegeben, während andere Kollegen mit so uralten Rechnern arbeiten müssen, die beim Erstellen eines Vernehmungsprotokolls dreimal abstürzen“, so Thust weiter.

Außerdem herrsche ein „vermeidbares Wirrwarr an Zuständigkeiten“, seit die neue Mannschaft am 1. Juni ihre Arbeit aufgenommen habe. Weil auch 20 Kripo-Sachbearbeiter zu der 100-Mann-Einheit gehörten, würden jetzt Ermittlungen parallel zu den eigentlich zuständigen Fachkommissariaten durchgeführt. Allein die Schutzpolizei müsse beinahe täglich prüfen, ob beispielsweise die Anzeige gegen einen Autoaufbrecher nun von der zuständigen Dienststelle oder von den „Sicherheit plus“-Beamten weiterbearbeitet werde. „Aus unserer Sicht wäre es viel besser gewesen, zusätzliche operative Kräfte an die jeweiligen Dienststellen anzugliedern, als ein Mammutprojekt mit einem zusätzlichen Überbau aus Führungskräften für die logistische Durchführung des Projekts zu schaffen“, so der Gewerkschafter.

Kritisch äußern sich aber nicht nur viele Polizeibeamte zu dem neuen Projekt. Auch Thomas Hambüchen, der Geschäftsführer der Kölner Drogenhilfe, hat einige Verbesserungsvorschläge an den Polizeipräsidenten. „Durch die starke Polizeipräsenz in Köln wird die Sucht-Kriminalität nur in andere NRW-Städte verlagert. Für das Land ist es also ein Null-Summenspiel.“ Es müsse vielmehr neben der Repression auch neue Hilfsangebote für die Drogensüchtigen geben. „Wir müssen den Suchtdruck verringern. Wir müssen neue Plätze in den bestehenden Beratungszentren schaffen, damit mehr Leute mit Methadon versorgt werden können.“ Das Projekt „Sicherheit plus“ bezeichnet Hambüchen als „aus dem Boden gestampft“ und „übers Knie gebrochen“. „Wir werden versuchen, mit dem Polizeipräsidenten Kontakt aufzunehmen, um unsere Bedenken vorzubringen“, sagt er.

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