Mittwoch, 13. Juni 2007

Verfassungsschutzchef muss gehen

Die Korruptionsaffäre in Sachsen hat erste personelle Konsequenzen: Verfassungsschutzchef Stock wurde ins Innenministerium strafversetzt. Auch die Kritik an Kanzerlamtsminister de Maizière reißt nicht ab.

Dresden - Seit Wochen stand Rainer Stock in der Kritik, nun ist der Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz seinen Job los: Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) berief den Chef der Geheimen heute von seinem Posten ab und versetzte ihn in sein Ressort. Stock wird dort Leiter des Referats "Recht der Polizei".

Buttolo zog damit erste personelle Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre um die angebliche Verstrickung von Politikern, Polizisten und Justizbeamten in die organisierte Kriminalität in Sachsen. Der Verfassungsschutz hatte über Jahre hinweg auf rund 15.600 Seiten belastendes Material gesammelt.

Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des sächsischen Landtags hatten bereits vor einigen Wochen die Ablösung von Stock gefordert. Die Abgeordneten kritisierten, sie seien viel zu spät über die Akten informiert worden. Auch die Staatsanwaltschaft sei zu zögerlich eingeschaltet worden. Neben Stock und Boos wurden zwei weitere Abteilungsleiter des Innenministeriums "umgesetzt", wie es am Dienstag hieß.

Neuer Chef des Geheimdienstes wird Reinhard Boos, der das Landesamt bereits von Juni 1999 bis Dezember 2002 geleitet hatte. Boos war zuletzt Leiter des Referats "Ausländer- und Asylangelegenheiten".

Grüne wollen Bundestag einschalten

Auch Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) steht wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre weiter unter Druck. Er soll in seiner Zeit als sächsischer Innenminister die Kontrollgremien des sächsischen Landtags nicht ausreichend über Hinweise zur organisierten Kriminalität informiert haben. Oppositionspolitiker forderten Konsequenzen. "De Maizière sollte sein Amt als Geheimdienst-Koordinator der Bundesregierung so lange ruhen lassen, bis der Untersuchungsausschuss in Sachsen seinen Abschlussbericht vorgelegt hat", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagfraktion, Jan Mücke, der "Berliner Zeitung".

Die Grünen wollen das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestags einschalten, das für die Kontrolle der Geheimdienste auf Bundesebene zuständig ist. De Maizière solle dem PKG seine Informationspolitik darlegen. Es gebe an die Adresse des Kanzleramtsministers "schon einige Fragen", sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jerzy Montag, der "Rheinischen Post". Die Vorgänge in Sachsen würfen auch für den Bund die Frage auf, "nach welchen Kriterien Herr de Maizière entscheidet, welche Informationen für das Parlament notwendig sind".

Der Vize-Fraktionschef der Grünen, Hans-Christian Ströbele, sagte der "Berliner Zeitung", sein Eindruck aus dem BND-Untersuchungsausschuss sei, "dass das Gremium nicht immer ausreichend und zutreffend informiert wurde, seit de Maizière der zuständige Minister ist".

Der PKG-Vorsitzende Max Stadler (FDP) sieht hingegen keine Notwendigkeit, de Maizière zu diesem Thema zu hören. Es handele sich "um eine rein sächsische Angelegenheit", sagte Stadler der "Rheinischen Post". Die Bundesregierung hatte zuvor bereits die Forderung zurückgewiesen, de Maizière wegen seiner Informationspolitik die Koordinierung der Geheimdienste zu entziehen.

Journalist und Ermittler bedroht

Innenminister Buttolo bestätigte heute gegenüber der "Dresdner Morgenpost", dass es im Zuge der Aufdeckung des Korruptionsskandals zu Einschüchterungsversuchen gekommen ist. So sei ein Reporter per Telefon aufgefordert worden, die Berichterstattung zu beenden, andernfalls werde man ihm Kinderschändung unterstellen. Zudem gebe es Fälle, in denen Radmuttern gelockert und ein Laptop aus einem Auto gestohlen worden sei, sagte der Minister der Chemnitzer "Freien Presse".

Gleichzeitig stehen nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" einige Fahnder in der Korruptionsaffäre unter besonderem Polizeischutz, da offenbar eine konkrete Bedrohungslage vorliege. Der Sprecher des sächsischen Innenministeriums, Andreas Schumann, wollte den Bericht nicht bestätigen. Er sagte, es sei Aufgabe des Staates, seine Aufklärer und Ermittler zu schützen. Details wollte er nicht nennen.

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