Von Ingo Arzt und Florian Gathmann, Rostock
Der Vorwurf wiegt schwer: Verkleidete Demonstranten sollen Polizisten mit Säure attackiert haben. In den Krankenhäusern, in denen die Beamten untersucht wurden, wird Entwarnung gegeben - und die beschuldigte Spaß-Guerilla wehrt sich.
Gestern sollen die Pappnasen bei der Anti-G-8-Demonstration in Rostock in wenig lustiger Mission unterwegs gewesen sein. Die Gipfel-Sondereinheit Kavala behauptet, hinter den Kostümen versteckten sich militante Demonstranten, die Beamte aus ihren Plastikwaffen mit chemischen Flüssigkeiten besprüht hätten.
"Acht Polizisten mussten zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden", sagte Kavala-Sprecher Axel Falkenberg heute und sprach von einem in Deutschland bislang unbekannten Vorgehen der militanten Szene. Schon am Samstag hätten mehrere Polizisten mit schmerzhaften Hautreizungen medizinisch behandelt werden müssen. "Es ist inzwischen bekannt, dass diese Clowns gar nicht so friedlich sind", sagte Falkenberg SPIEGEL ONLINE. "Das ist kein Spiel, das sie da veranstalten, sondern eine Provokation der Beamten."
Auskunft darüber, wo und von wem die Beamten behandelt wurden, wollte der Sprecher nicht geben.
In den beiden Rostocker Krankenhäusern lässt sich der Verdacht nicht erhärten. Im Südstadt-Klinikum heißt es, dort seien keine Beamten mit Hautreizungen behandelt worden. Ein Sprecher des Uni-Klinikums berichtete von zwei Polizisten, die dort nach dem Kontakt mit einer unbekannten Flüssigkeit untersucht wurden.
Das sehen auch die beschuldigten Clowns so. Die Gruppe weist alle Vorwürfe zurück. "Das Einzige, was wir verwenden, sind Seifenblasen und Wasser", sagte ein Mitglied SPIEGEL ONLINE. Das Prinzip der Clowns sei, gewaltfrei zu demonstrieren. Der Pressesprecher der "Clown's Army" Matthias Häberlein ergänzte, letztendlich könne sich jeder als Clown verkleiden und für die ominöse Flüssigkeit verantwortlich sein.
"Die sind doch total friedich", sagt ein Polizist aus dem Anti-Konflikt-Team. Diese Beamten laufen immer an der Spitze der Demo-Züge und haben deshalb in den vergangenen Tagen am meisten Kontakt mit den Clowns gehabt. Einer der mobilen Pressesprecher der Polizei sagt: "Ich verstehe nicht, wie er (Kavala-Sprecher Falkenberg, d. Red.) das erklären konnte."
Rebellen-Clowns nach dem Muster der "Clown's Army" traten erstmals anlässlich eines Besuchs von George W. Bush in England im Jahr 2003 in Erscheinung. Seither versuchen sie vor allem am Rande von Demonstrationen, die Polizei spaßhaft zu irritieren. Sie imitieren Polizeimärsche, werfen sich wie von einer Kugel getroffen zu Boden oder stellen sich mit ernster Mine neben Beamte, die Demonstrationszüge flankieren. "Rebell clowning" gibt es mittlerweile in vielen Ländern, in Deutschland sollen es etwa 500 Clownaktivisten sein.
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