Mrz 5th, 2010 | By Katha
Mit Pinsel und Farbe ziehen Künstler in Uganda ins Gefecht: Sie bilden die letzte Opposition gegen das geplante Homosexuellengesetz. Es sieht lebenslange Haft sowie die Todesstrafe für aktive Homosexuelle vor.
Es riecht nach Fisch in Ugandas berühmtester Kunstgallerie: Statt Farbe benutzte die Künstlerin Jude Katete Fischreste, um ihr Werk auf Leinwand zu bringen. Ameisen und Fliegen machen sich bereits über das Gemälde her. Doch dieser Effekt ist gewollt. Hier, in der Afri-Art-Gallery in der Innenstadt Kampalas, wird zum ersten Mal kontroverse Kunst ausgestellt – Kunst, die Künstler und den Galleristen Daudy Karungi in Schwierigkeiten bringen könnte. Denn in diesem verwinkelten Gebäude werden sämtliche Tabus gebrochen.
Tabubrüche
Das umstrittenste Werk hängt in einer Ecke neben dem Fenster: Vier nackte Männer – offensichtlich homosexuell – hat Karungi ins Zentrum seines Bildes gesetzt. Dabei ist Homosexualität in Uganda per Gesetz verboten. Und ein neues, noch härteres Anti-Homosexuellengesetz sorgt derzeit für Wirbel in Uganda. Dazu nimmt Karungi Stellung: “Ich bin ein Beobachter der Gesellschaft und deren Kritiker. Ich muss aber vorweg sagen: ich bin weder für noch gegen Homosexualität. Das geht mich privat ja auch nichts an und es ist ja auch nicht wild. Aber was mich nun geritten hat, dies in meiner Kunst als Thema zu machen, war die Debatte darüber. Mich hat die Tatsache gepackt, dass hier Politiker jede Menge heiße Luft reden. Es zeigt, wie dumm und wie ignorant sie sind, solch ein Gesetz gegen Homosexuelle zu formulieren. Warum sollte das irgendjemand öffentlich abstreiten, schwul zu sein, das sei kein Menschenrecht?”
Förderung von Homosexualität verboten
In Uganda ist Geschlechtsverkehr mit gleichgeschlechtlichen Partnern per Gesetz illegal. Derzeit wird im Parlament ein erweitertes Gesetz diskutiert, das Homosexuellen mit lebenslanger Haftstrafe droht, wenn sie beim Geschlechtsverkehr erwischt werden. Für HIV-infizierte aktive Homosexuelle fordert man sogar die Todesstrafe. Und: Ist das Gesetz erst verabschiedet, verbietet es auch Organisationen, die sich für die Rechte von Lesben und Schwulen einsetzen, sowie Bücher oder Gemälde wie dieses, da Medien angeblich Homosexualität fördern.
Das erschreckende an der Gesetzesinitiative ist jedoch, so Karungi, dass sie in der Bevölkerung auf solch große Unterstützung stößt. Eine Umfrage besagt: 95 Prozent der Menschen sind für das Gesetz. Das hat Künstler Karungi bewegt, dieses Bild zu malen, erzählt er.”Ganz ehrlich: Ich habe nur einen Artikel gelesen, der sich gegen das Gesetz ausspricht. Ich dachte, ich stelle mich hinter diese Menschen, indem ich ein Kunstwerk produziere, das die Situation beschreibt. Ich habe das Bild mit dem Untertitel versehen ‘What the Fuck?’ Was ist denn das Problem daran, wenn es Schwule gibt?”
Karungis Gemälde besteht aus mehr als nur nackten Männerleibern. Es zeigt auch einen der Pfarrer: Pastor Martin Ssempa, eine einflussreiche Führungsfigur in Ugandas Gesellschaft. Er unterstützt den Gesetzesentwurf lautstark in seiner Kirche und in den Medien, indem er öffentlich schwulenfeindliche Predigten hält.
Neben dem Pfarrer sind Dollarzeichen gemalt. Karungi will damit seiner These Ausdruck verleihen, dass diese Kampagne von konservativen, religiösen Kreisen unterstützt wird – vor allem aus den Vereinigten Staaten, sagt er: “Aufgeklärte Leute wissen doch, dass die Befürworter des Gesetzes aus evangelischen Kreisen in den USA finanziert werden. Wenn Geld gezielt dafür eingesetzt wird, solch ein Gesetz durchzuboxen, dann ist das ein korruptes Geschäft nach dem Motto: ‘Wir geben dir so und so viel, wenn du laut genug dafür predigst’.”
Wenig Interesse für kontroverse Kunst
Wenig Interesse für kontroverse Kunst
Karungis Gemälde ist mutig – er ist einer der wenigen in Uganda, die es wagen, sich öffentlich gegen das Gesetz auszusprechen. Er gibt zu: Ihm sei bewusst, dass er sich damit Feinde macht und wahrscheinlich Probleme bekommt. Bislang muss er feststellen, dass nur wenige Besucher an seiner Ausstellung Interesse haben. Er hat ugandische Journalisten eingeladen – doch die meisten Medien wagen es nicht, daüber zu berichten.
Leiton Hirare betreut die Besucher in Karungis Gallery, sie erzählt, dass sich vor allem Ausländer für die kontroverse Kunst interessieren: “Die meisten Besucher sind Weiße, sicher 90 Prozent davon. Die Ugander, die hierherkommen, sind meist selbst Künstler, die in die Ausstellung involviert sind. Die wenigen Ugander, die neugierig die Bilder betrachten, die sagen ‘Wow, das ist was Neues, was machen die Künstler denn da?’ Wenn ich weißen Besucher die kontroverse Kunst erkläre, sagen sie ‘oh, ok’. Für Ugander sind die Werke viel umstrittener, ich muss ihnen viel mehr über den Hintergrund erklären.”
Noch eine Woche soll die Ausstellung über kontroverse Kunst in Uganda gezeigt werden. Dann wird Karungi die Bilder abhängen – für alle Fälle, falls doch die Behörden davon Wind bekommen.
(dw-world)
Artikel vom 27.02.2010 (Simone Schlindwein, Redaktion: Katrin Ogunsade)
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