Donnerstag, 18. Juni 2009

Iran: Todesstrafe trifft besonders häufig Angehörige unterdrückter Volksgruppen und Religionsgemeinschaften

Die Zahl der Hinrichtungen im Iran ist vor den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni nach Beobachtungen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eklatant gestiegen.

Die Menschenrechtsorganisation teilte am Dienstag mit, allein im Mai 2009 seien 52 Todesurteile vollstreckt worden. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der iranischen Opposition insgesamt 240 Menschen hingerichtet. "Opfer sind meist Angehörige nicht- persischer Volksgruppen oder nichtschiitischer Religionsgemeinschaften", sagte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. Sehr häufig werde die Todesstrafe von Sondergerichten im Schnellverfahren verhängt, bei denen die Betroffenen kaum die Möglichkeit hätten, sich zu verteidigen. Rechtsanwälte würden nur sehr selten zugelassen. Die GfbV fordert die Abschaffung der Todesstrafe.

Als Beispiel für ein derartiges Schnellverfahren, bei denen das Urteil quasi schon von Anbeginn an feststeht, erinnerte Sido an die Hinrichtung von drei Belutschen am 30. Mai in Sahedan in der Provinz Sistan-Belutschistan im Südosten des Iran. Sie wurden beschuldigt, zwei Tage zuvor an einem Bombenanschlag auf eine schiitische Moschee beteiligt gewesen zu sein. Durch das Attentat wurden 20 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt.

Die Willkürurteile gegen die drei Belutschen machten deutlich, dass sich die iranische Justiz dazu missbrauchen lasse, den absoluten Machtanspruch der schiitischen Geistlichkeit zu unterstreichen, kritisierte der Menschenrechtler. Die ca. 2,4 Mio. Belutschen leiden unter Diskriminierung. Sie bekennen sich mehrheitlich zum sunnitischen Islam. Ihre mit dem Persischen verwandte Sprache ist nicht anerkannt. Der Zugang zu Regierungsposten ist den Belutschen verwehrt, ihre Siedlungsgebiete werden von der Regierung systematisch vernachlässigt, so dass dort hohe Arbeitslosigkeit herrscht.

Im Vielvölkerstaat Iran leben neben den zum größten Teil schiitischen Persern auch Aseri, Kurden, Araber, Belutschen, Turkmenen und andere kleinere ethnische Minderheiten sowie auch nicht-islamische Religionsgemeinschaften wie die christlichen Assyrer und Armenier, aber auch Baha´i, Zoroastrier und Juden. Die nichtpersischen Nationalitäten stellen weit mehr als die Hälfte der rund 75 Millionen Staatsbürger des Iran. Als eigenständige Völker mit eigener Sprache, Kultur und Geschichte werden sie nicht anerkannt. Sie alle leiden unter Unterdrückung und Diskriminierung. Am 20. Juni veranstalten die GfbV und die Friedrich-Naumann-Stiftung FÜR DIE FREIHEIT eine Konferenz in Frankfurt/Main zur Lage der diskriminierten ethnischen und religiösen Gemeinschaften im Iran mit zahlreichen Vertretern dieser Volksgruppen und Religionsgemeinschaften.

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