Sonntag, 28. Juni 2009

"Es gibt keine Alternative zur Annullierung der Wahl"

Mussawi lehnt Angebot des Wächterrats ab

Der unterlegene iranische Präsidentschaftskandidat Mir Hussein Mussawi besteht auf einer Annullierung der von massiven Fälschungsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl vom 12. Juni.

Einem Kompromissvorschlag des Ajatollah Ali Chamenei, kontrollierten Wächterrats erteilte er laut einer Veröffentlichung auf seiner Internetseite eine klare Absage. Das Gremium hatte sich bereiterklärt, zehn Prozent der Ergebnisse der Präsidentschaftswahl von einem Sonderkomitee überprüfen zu lassen. Mussawi und der zweite unterlegene Kandidat, Mehdi Karubi, waren aufgerufen worden, ihre Vertreter für das Komitee binnen 24 Stunden zu benennen.

Nach Einschätzung Mussawis übersteigen die Unregelmäßigkeiten jedoch bei weitem zehn Prozent der abgegebenen Stimmen. Eine Überprüfung nur dieser Stimmen, würden nicht dazu beitragen, das Vertrauen des Volkes wiederherzustellen. "Es gibt keine Alternative zu einer Annullierung", schreibt Mussawi auf seiner Webseite.

Führung attackiert erneut Westen
Nach internationalen Appellen zur Achtung der fundamentalen Menschenrechte im Iran gab es von der Führung in Teheran eine erneute scharfe Attacke in Richtung Westen. Die iranische Nation werde "entschieden antworten", so dass der Westen "beschämt sei und bereue", drohte der umstrittene Mahmud Ahmadinedschad. "Ohne jeden Zweifel wird die neue iranische Regierung dem Westen entschiedener und machtvoller begegnen", fügte er laut staatlicher Nachrichtenagentur IRNA hinzu.

Wahl in "legaler und freier Atmosphäre"?
US-Präsident Barack Obama und Angela Merkel hatten zuvor nach einem Treffen in Washington die demokratischen Rechte der Iraner und die Notwendigkeit zur Beendigung der iranischen Nuklearpläne betont.

Auch eine Stellungnahme der führenden Industriestaaten und Russlands (G8) wies Teheran in scharfem Ton zurück. Sie stelle eine Einmischung in innere Angelegenheiten dar, zitierte die Nachrichtenagentur ISNA den Außenamtssprecher, Hassan Ghaschghawi. Die Präsidentschaftswahl am 12. Juni habe in einer "vollkommen legalen, freien und konkurrenzbetonten Atmosphäre" stattgefunden.

Beobachter in Teheran gehen davon aus, dass Ahmadinedschad mit seiner Warnung an den Westen deutlich machen wollte, dass die Kompromissbereitschaft Teherans bei Streitthemen wie dem iranischen Atomprogramm oder der Nahostpolitik geringer sein werde als je zuvor.

Offenbar nächtliche Razzien in Teheran
Nach Augenzeugenberichten terrorisieren Bassidsch-Milizen mit nächtlichen Razzien Einwohner von Teheran und anderen Städten. Ziel der Einsätze sei es, die Menschen an nächtlichen Protestrufen zu hindern. In den vergangenen Tagen erschallten von vielen Dächern immer wieder Slogans wie "Allahu Akbar - Gott ist groß".

Wie die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf ihrer Webseite berichtete, dringen die regimetreuen Paramilitärs willkürlich in die Häuser ein, schlagen die Bewohner zusammen und feuern Schüsse in die Luft ab. Satellitenschüsseln würden konfisziert, damit die Besitzer keine Auslandssender mehr empfangen können. Die Milizen sprühen demnach auch farbige Markierungen auf Häuserwände und kehren später zurück, um die Türen einzutreten und die Bewohner zusammenzuschlagen.

"Augenzeugen erzählen uns, dass sich die Bassidsch-Milizionäre teilweise ganze Straßen vornehmen oder sogar ganze Viertel", sagte Sarah Leah Whitson, Nahost-Chefin der Gruppe.

Demonstrationen in deutschen Städten
Mehr als 1000 Menschen demonstrierten in Frankfurt am Main gegen den "Staatsterror im Iran", in Hamburg protestierten rund 300 Menschen vor dem iranischen Generalkonsulat gegen das "barbarische Vorgehen" der iranischen Führung.

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