Donnerstag, 18. Juni 2009

"Ein eifriger junger Mann"

Felix Dietlein ist ein Phänomen: Parallel zur Schule machte der 18-Jährige an der Uni sein Mathe-Diplom - und hat es jetzt gleichzeitig mit dem Abitur in der Tasche. Seine Abschlussnote: 0,7.

Von D. Graalmann


Felix Dietlein hatte sein Uni-Diplom schon vor dem Abi in der Tasche.

Die Suche nach dem passenden Superlativ gestaltet sich schwierig. Ist der 18-jährige Felix Dietlein nun ein Höchstbegabter? Oder ein Genie? Gar ein Wunderkind? "Der Felix würde alles zurückweisen, was mit Wunder zu tun hat", sagt Ulrich Halbritter vom Mathematischen Institut der Universität Köln, und schiebt leise nach: "Obwohl sicher ein Körnchen Wahrheit drin liegt." Denn der Student Dietlein, der am 18. Mai seine Diplom-Prüfung im Studienfach Mathematik (Nebenfach Informatik) "mit Auszeichnung" abgelegt hat, ist immer noch Schüler. An diesem Freitag wird Dietlein sein Abiturzeugnis überreicht bekommen.


Er ist damit wohl der erste deutsche Schüler, der bereits vor der allgemeinen Hochschulreife, der regulären Studienberechtigung, die Universität als diplomierter Akademiker verlassen kann. Seit der 7. Klasse hat der "eifrige junge Mann" (Halbritter) mit dem korrekt gescheitelten Haar als Teilnehmer des privatwirtschaftlich geförderten Projekts "Schüler an der Universität" parallel zum Gymnasium sein akademisches Studium komplett absolviert.

Hochbegabt - aber kein Außenseiter
An rund 60 deutschen Universitäten wird das schulbegleitende Studium angeboten, allein am Kölner Friedrich-Wilhelm-Gymnasium (FWG), an dem Dietlein sein Abitur machte, nehmen jedes Jahr rund ein halbes Dutzend Schüler nebenher ein Studium auf. Aber dieser Junge, sagt Peter Jansen, Schulleiter des Gymnasiums, "ist noch mal ein ganz anderes Kaliber". Zu Beginn der Oberstufe wechselte Dietlein auf die Schule in der Südstadt, um die gewünschte Fächerkombination belegen zu können. Nun hat er sein Abitur - mit 837 von 840 möglichen Punkten, einem Notenschnitt von 0,7. Die Abschlussprüfungen in den Fächern Mathe, Physik, Englisch und Geschichte absolvierte er jeweils mit Bestnote.

Man kennt zur Genüge die Geschichten von Überfliegern, denen die Mitschüler skeptisch bis offen ablehnend begegnen; von Hochbegabten, die zum Außenseiter werden, weil sie auch tatsächlich anders sind, in anderen Sphären denken. "Mit Felix gab es aber nie Probleme", beteuert Jansen. Dietlein sei "ein sehr bescheidener Junge mit hoher Sozialkompetenz, der anderen hilft statt sich wichtig- zumachen." Auch der 18-Jährige selbst fühlte sich nicht geschnitten: "Ich finde, dass ich eigentlich positives Feedback erhalten habe." Das Studium sei "eine einzigartige Chance" gewesen und "ein schöner Ausgleich". Viel mehr mochte Dietlein nicht sagen -außer, dass er "gerne Querflöte spielt". Er entfloh dem Trubel, hockte sich lieber in die Bibliothek.

Die Begabung ist möglicherweise genetisch bedingt. Sein Vater ist Uni-Professor, sein jüngerer Bruder Georg, der derzeit die 12. Klasse des FWG besucht, fährt auch zweigleisig: Er studiert katholische Theologie. Felix aber widmet sich weiter wissenschaftlich der Mathematik; deshalb möchte er auch das genaue Thema seiner Diplomarbeit (ein "tiefliegendes Problem der Darstellungstheorie" im Fachbereich Algebra) nicht in der Zeitung lesen. Schließlich könnte noch jemand auf die Idee kommen, ihm das Thema für die nun anstehende Promotion wegzuschnappen. Seinen Doktorvater hat er schon gefunden.

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