- «Die Ratten verlassen das sinkende Schiff», titelt eine britische Zeitung
- Premier Gordon Brown gerät in der Spesenaffäre zusehends unter Druck
- Fast schon täglich verliert er einen Minister
Einen Tag vor der Europawahl in Großbritannien hat die britische Ministerin für Regionen im Zusammenhang mit der Spesenaffäre ihren Rücktritt erklärt und damit Premierminister Gordon Brown einen herben Dämpfer versetzt. Sie wolle zurück zu ihren politischen Wurzeln, teilte die Ministerin für Regionen und Lokalverwaltungen, Hazel Blears, am Mittwoch mit. Erst am Dienstag war bekanntgeworden, dass auch Innenministerin Jacqui Smith bei einer demnächst anstehenden Kabinettsumbildung ihren Platz freimachen will.
Beide Ministerinnen waren waren wegen ihren Verwicklungen in die Spesenaffäre britischer Politiker schon seit Wochen als Kandidaten gehandelt worden, die bei der Kabinettsumbildung ihre Posten verlieren würden. Nun sind sie einer Entlassung zuvorgekommen. Damit haben sie Brown nach Einschätzung von Beobachtern das Heft aus der Hand genommen.
Steuerfreier Gewinn für mit Steuergeldern finanzierte Wohnung
Blears hatte massive Kritik auf sich gezogen, weil sie beim Verkauf eines mit öffentlichen Mitteln unterhaltenen Hauses einen steuerfreien Gewinn von mehreren zehntausend Euro erzielt hat. Daraufhin zahlte sie der Staatskasse umgerechnet 15.025 Euro zurück.
«Die Ratten verlassen das sinkende Schiff», titelte die Zeitung «Daily Mail» am Mittwoch. Das Blatt hatte die Spesenaffäre ins Rollen gebracht und über Tage hinweg aufgelistet, was britische Abgeordnete den Steuerzahlern in Rechnung stellten. Darunter Kosten für Zweitwohnungen, Tennisplatzpflege, Hundefutter, die Reinigung von Schwimmbädern, Gartenarbeiten oder horrende Hypothekenzinsen.
Drastische Einbußen in der Wählergunst
Brown wird aller Voraussicht nach am Donnerstag oder Freitag sein Kabinett umbilden. Brown wollte mit der Kabinettsumbildung auf die zu erwartende drastische Niederlage bei den Europa- und Kommunalwahlen reagieren, zu denen die Wähler am Donnerstag zu den Urnen gerufen werden. Mehrere Umfragen sehen die Brown-Partei nur noch als drittstärkste Kraft.
Bislang hatte Brown immer betont, auch im Fall einer herben Niederlage für Labour im Amt bleiben zu wollen. Die nächste Parlamentswahl muss er bis spätestens Juni 2010 ansetzen. Bisher haben bereits 15 Abgeordnete unter dem Einfluss der Spesenaffäre angekündigt, dass sie nicht erneut kandidieren wollen.
Auch Darling unter Druck
Wegen ihres Spesengebarens waren zuletzt auch Finanzminister Alistair Darling und Verkehrsminister Geoff Hoon zunehmend in die Kritik geraten. Zuletzt hatten sich Hinweise auf eine Ablösung Darlings verdichtet. Nach einhelligen Medienberichten könnte Brown Bildungsminister Ed Balls zum neuen Finanzminister machen. Wirtschaftsminister Peter Mandelson wurde zuletzt als Kandidat für den Posten des Außenministers gehandelt. Amtsinhaber David Miliband könnte dann in das Innenressort wechseln.
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