Netzwerk Recherche verleiht Negativ-Preis
Das Netzwerk Recherche hat die "Verschlossene Auster" an den Bundesverband deutscher Banken verliehen. Weil der nicht aufrichtig und umfassend informiert.
VON SEBASTIAN HEISER
Der Journalistenverein Netzwerk Recherche hat herausgefunden, warum vor der Wirtschaftskrise in der breiten Öffentlichkeit so wenig über die Probleme bekannt war, die dann zum Crash geführt haben. Das lag nämlich nicht etwa an mangelnder Recherchen der Journalisten selbst, sondern an falschen oder nicht vollständigen Informationen der Banken. Und deshalb hat das Netzwerk Recherche dem Bundesverband deutscher Banken am Samstag die "Verschlossene Auster" verliehen, einen Negativ-Preis für den "Informationsblockierer des Jahres".
Außerdem kritisierten die Journalisten, dass der Bankenverband sich seit Beginn der Finanzkrise zu wenig um Transparenz und Aufklärung bemüht und sich auch nicht ausreichend der Öffentlichkeit gestellt habe. "Nicht nur Informationsblockierung, sondern Fehlinformation, Halbwahrheiten, lobbyistische Rechtfertigungen kennzeichnen die Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes", sagte Laudator Rudolf Hickel, Direktor des Instituts für Arbeit und Wirtschaft an der Universität Bremen. Den Preis nahm Manfred Weber entgegen, Geschäftsführer des Bankenverbandes, der dazu extra nach Hamburg zu dem Jahrestreffen des Journalistenvereins mit knapp 800 Teilnehmern angereist war.
Hickel warf den Banken außerdem vor, dass sie die Krise als etwas beschreiben würden, was von den USA nach Deutschland hinübergeschwappt sei. Das sei falsch - die Ursache der Krise sei, dass die Institute aus Profitgier ihr Geld und das ihrer Kunden in unsichere Anlagen gesteckt hätten. Die Institute hätten zudem massive Lobbyarbeit gemacht, um eine Deregulierung des Finanzmarktes zu erreichen und neue komplizierte Produkte in den Markt drücken zu können.
Auch Thomas Leif, Chefreporter Fernsehen beim Südwestrunfunk in Mainz und Vorsitzender des Netzwerk Recherche, wünscht sich mehr Aufrichtigkeit von den Finanzinstituten: "Die meisten Banken betreiben ihre Öffentlichkeitsarbeit nach dem Muster Tricksen, Tarnen, Täuschen." Damit würden die Banken versuchen, von ihrer eigenen Verantwortung für die Finanzkrise abzulenken. Leif: "Mit ihrem Motto ,Schuld sind immer die anderen' sind sie bislang beängstigend erfolgreich."
Mit dieser Begründung hätte der Verein den Preis allerdings auch an die eigene Zunft verleihen können. Schließlich hatten auch zahllose Medien jahrelang Derivate und andere komplizierte Finanzprodukte ausführlich vorgestellt. Und es fehlte hier in der Regel die Warnung, dass jeder Leser, der diese Produkte nicht versteht, besser die Finger davon lassen sollte. Bezahlt wurde die Berichterstattung in vielen Fällen durch Anzeigen der Banken - ohne dass dieser Zusammenhang zwischen Anzeigen und Berichterstattung für die Leser offensichtlich erkennbar war.
Auf einem der gut 70 Foren und Workshops auf dem Kongress sollte es laut Titel um das "Versagen des Wirtschaftsjournalismus" gehen. Doch Henrik Müller vom Manager Magazin und Götz Hamann von der Zeit waren sich einig: Sie hätten gewusst und doch auch geschrieben, dass die US-Wirtschaft ein grundsätzliches Problem hat und es zu einer Krise kommen wird. Warum sie vor den möglichen Folgen einer solchen Krise aber nicht so deutlich gewarnt hatten, dass es eine breite Öffentlichkeit mitbekam, erklärten sie nicht. Stattdessen klagten sie über die schlechte Ausstattung der Redaktionen, wodurch es für ein deutsches Medium nicht möglich gewesen sei, die Hausblase in den USA und die Folgen des Crashs vorherzusehen.
Da lagen sie dann ganz auf einer Linie mit Bankenverband-Geschäftsführer Weber. Auch der sah nur eine geringe Mitverantwortung bei sich und seinen Verbandsunternehmen. Es gebe zwar viele Fälle, in denen Banken unglücklich oder gar nicht kommuniziert hätten. Den Pauschalvorwurf, dass die Banken die Aufklärung der Krise behindern würden, wies er allerdings zurück. Weber gelang auch noch das Kunststück, einen Fehler einzugestehen und dadurch gleichzeitig Verantwortung weiterzuschieben: Die Banken hätten den Fehler gemacht, sich zu stark auf die Bewertungen der Rating-Agenturen zu verlassen.
Das Netzwerk Recherche hat die "Verschlossene Auster" an den Bundesverband deutscher Banken verliehen. Weil der nicht aufrichtig und umfassend informiert.
VON SEBASTIAN HEISER
Der Journalistenverein Netzwerk Recherche hat herausgefunden, warum vor der Wirtschaftskrise in der breiten Öffentlichkeit so wenig über die Probleme bekannt war, die dann zum Crash geführt haben. Das lag nämlich nicht etwa an mangelnder Recherchen der Journalisten selbst, sondern an falschen oder nicht vollständigen Informationen der Banken. Und deshalb hat das Netzwerk Recherche dem Bundesverband deutscher Banken am Samstag die "Verschlossene Auster" verliehen, einen Negativ-Preis für den "Informationsblockierer des Jahres".
Außerdem kritisierten die Journalisten, dass der Bankenverband sich seit Beginn der Finanzkrise zu wenig um Transparenz und Aufklärung bemüht und sich auch nicht ausreichend der Öffentlichkeit gestellt habe. "Nicht nur Informationsblockierung, sondern Fehlinformation, Halbwahrheiten, lobbyistische Rechtfertigungen kennzeichnen die Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes", sagte Laudator Rudolf Hickel, Direktor des Instituts für Arbeit und Wirtschaft an der Universität Bremen. Den Preis nahm Manfred Weber entgegen, Geschäftsführer des Bankenverbandes, der dazu extra nach Hamburg zu dem Jahrestreffen des Journalistenvereins mit knapp 800 Teilnehmern angereist war.
Hickel warf den Banken außerdem vor, dass sie die Krise als etwas beschreiben würden, was von den USA nach Deutschland hinübergeschwappt sei. Das sei falsch - die Ursache der Krise sei, dass die Institute aus Profitgier ihr Geld und das ihrer Kunden in unsichere Anlagen gesteckt hätten. Die Institute hätten zudem massive Lobbyarbeit gemacht, um eine Deregulierung des Finanzmarktes zu erreichen und neue komplizierte Produkte in den Markt drücken zu können.
Auch Thomas Leif, Chefreporter Fernsehen beim Südwestrunfunk in Mainz und Vorsitzender des Netzwerk Recherche, wünscht sich mehr Aufrichtigkeit von den Finanzinstituten: "Die meisten Banken betreiben ihre Öffentlichkeitsarbeit nach dem Muster Tricksen, Tarnen, Täuschen." Damit würden die Banken versuchen, von ihrer eigenen Verantwortung für die Finanzkrise abzulenken. Leif: "Mit ihrem Motto ,Schuld sind immer die anderen' sind sie bislang beängstigend erfolgreich."
Mit dieser Begründung hätte der Verein den Preis allerdings auch an die eigene Zunft verleihen können. Schließlich hatten auch zahllose Medien jahrelang Derivate und andere komplizierte Finanzprodukte ausführlich vorgestellt. Und es fehlte hier in der Regel die Warnung, dass jeder Leser, der diese Produkte nicht versteht, besser die Finger davon lassen sollte. Bezahlt wurde die Berichterstattung in vielen Fällen durch Anzeigen der Banken - ohne dass dieser Zusammenhang zwischen Anzeigen und Berichterstattung für die Leser offensichtlich erkennbar war.
Auf einem der gut 70 Foren und Workshops auf dem Kongress sollte es laut Titel um das "Versagen des Wirtschaftsjournalismus" gehen. Doch Henrik Müller vom Manager Magazin und Götz Hamann von der Zeit waren sich einig: Sie hätten gewusst und doch auch geschrieben, dass die US-Wirtschaft ein grundsätzliches Problem hat und es zu einer Krise kommen wird. Warum sie vor den möglichen Folgen einer solchen Krise aber nicht so deutlich gewarnt hatten, dass es eine breite Öffentlichkeit mitbekam, erklärten sie nicht. Stattdessen klagten sie über die schlechte Ausstattung der Redaktionen, wodurch es für ein deutsches Medium nicht möglich gewesen sei, die Hausblase in den USA und die Folgen des Crashs vorherzusehen.
Da lagen sie dann ganz auf einer Linie mit Bankenverband-Geschäftsführer Weber. Auch der sah nur eine geringe Mitverantwortung bei sich und seinen Verbandsunternehmen. Es gebe zwar viele Fälle, in denen Banken unglücklich oder gar nicht kommuniziert hätten. Den Pauschalvorwurf, dass die Banken die Aufklärung der Krise behindern würden, wies er allerdings zurück. Weber gelang auch noch das Kunststück, einen Fehler einzugestehen und dadurch gleichzeitig Verantwortung weiterzuschieben: Die Banken hätten den Fehler gemacht, sich zu stark auf die Bewertungen der Rating-Agenturen zu verlassen.
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