Wachmann nach Poker-Überfall
Von Mike Glindmeier und Thomas Heise
Hamburg - Mit dem Wort Held sollte man sparsam umgehen. Doch wenn sich ein unbewaffneter Mensch vier maskierten Männern mit Macheten und Maschinenpistolen entgegenstellt, dann darf man diesen Menschen Held nennen. Roman H. ist der Mann, der bei dem Überfall auf Europas größtes Pokerturnier geistesgegenwärtig handelte. Vier maskierte Männer waren am frühen Samstagnachmittag im Berliner Hyatt-Hotel auf Roman H. und seine Kollegen vom Sicherheitsdienst zugestürmt.
"Sie kamen bewaffnet mit Schusswaffen und einer Machete", schildert der Wachmann den Beginn des Überfalls in einem Interview mit SPIEGEL TV, das am Sonntagabend um 22.25 Uhr in voller Länge bei RTL ausgestrahlt wird. In dem Beitrag ist zu sehen, wie H. sich auf einen der Täter stürzt und ihn dabei entwaffnet. "Als der mit der Pistole an mir vorbei gerannt kam, habe ich versucht, ihm die Pistole aus der Hand zu schlagen, was mir auch gelungen ist", so die Schilderungen von Roman H.
Nur weil ein anderer Täter anschließend mit einer Machete auf ihn zukam, musste er den entwaffneten Räuber wieder aus dem Schwitzkasten lassen. "Der zweite mit der Machete hat dann nach mir geschlagen und mich Gott sei dank nicht erwischt", sagt der Zwei-Meter-Mann mit erstaunlicher Gelassenheit und zeigt auf einen Cut unter dem Auge: "Damit kann ich leben."
Kein lobendes Wort für den Sicherheitsmann
SPIEGEL ONLINE fragte bei der Spielbank im Hyatt nach, wie man dort den Einsatz des Sicherheitsmannes der Firma Kuhr Security beurteilt. "Hier wird Ihnen heute keiner was sagen", so die Antwort eines Mitarbeiters, der offenbar sehr kurz angebunden war und ohne ein weiteres Wort den Hörer aufknallte. Professionelle Öffentlichkeitsarbeit sieht sicher anders aus.
Immerhin versteht Roman H. seinen Job. Denn unter anderem seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass die unter Druck geratenen Täter einen entscheidenden Fehler machten: Während des Schlagabtausches mit den Sicherheitsleuten verloren Sie einen großen Teil der Beute. Rund 540.000 der zunächst erbeuteten knapp 800.000 Euro sollen dadurch gerettet worden sein. Darüber hinaus erfuhr SPIEGEL TV aus Ermittlerkreisen, dass die Polizei DNA-Material von einem der Täter an der Tüte mit dem geretteten Geld sichergestellt haben soll.
Zudem haben die Ermittler nach Informationen von SPIEGEL ONLINE mittlerweile eine Theorie zum Tathergang. Ein Augenzeuge beschrieb den Moment des Überfalls wie folgt: Nachdem sich die Teilnehmer für das Turnier angemeldet hatten und in den Saal gegangen waren, habe der Sicherheitsdienst die Einnahmen vom Nebentresor zum Haupttresor bringen wollen. Genau in diesem kurzen Moment, in dem das Geld bereits aus dem Nebentresor geholt worden war, sollen die Täter in den Anmeldebereich gestürmt sein. Fünf Minuten früher oder später wäre das Geld laut dem Augenzeuge sicher verschlossen gewesen.
Teilnehmer soll Tätern den entscheidenden Tipp gegeben haben
Die Ermittler gingen daher davon aus, dass die Räuber einen Komplizen unter den Teilnehmern gehabt haben, der das Signal für den Angriff gegeben haben soll. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE wollte sich die Polizei dazu nicht äußern. Ein Sprecher des Landeskriminalamtes Berlin bestätige lediglich, dass die Ermittler dabei seien "die Spuren von dem Tatort, Hinweise von Zeugen und Videos auszuwerten." Die Täter sollen mit rund 250.000 Euro weiter auf der Flucht sein.
In dem Fünf-Sterne-Hotel, wo sich einige der weltbesten Spieler zur "European Poker Tour" versammelt hatten, war Samstag gegen 14.15 Uhr das Chaos ausgebrochen. Spieler ließen ihre Karten fallen und rannten aufgeregt durcheinander. Viele suchten Schutz unter den Spieltischen oder wollten aus den Räumen im ersten Stock des Hotels flüchten, wie eine Augenzeugin bei SPIEGEL ONLINE bestätigte.
Bei dem Gedränge wurden nach Polizeiangaben sieben Menschen leicht verletzt. Schüsse sollen nicht gefallen sein. Bei dem mehrtägigen Pokerturnier, das am Dienstag mit fast 1000 Teilnehmern gestartet war, geht es um eine Siegprämie von einer Million Euro. Nach einer Unterbrechung wurde das Turnier am Samstagabend fortgesetzt. In der Finalrunde pokern zur Stunde die besten acht Spieler um den Gewinn. Insgesamt gibt es 4,6 Millionen Euro Preisgeld zu verteilen.
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