Dienstag, 21. April 2009

Südafrikas Berlusconi

Obwohl seine politischen Fähigkeiten in Frage gestellt werden, ist Zumas Aufstieg ins Präsidentenamt kaum aufzuhalten. Kritiker vergleichen den umstrittenen ANC-Chef hin und wieder mit dem italienischen Ministerpräsidenten.

Jacob Zuma lässt sich nicht aufhalten. Nach einem Sieg bei den Parlamentswahlen am 22. April wird der regierende Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) seinen Parteichef aller Voraussicht nach zum neuen Präsidenten Südafrikas küren. Trotz diverser Skandale vereint der polarisierende Politiker, der dem Volk der Zulu angehört, vor allem die schwarze Bevölkerung hinter sich. 15 Jahre nach dem Ende der Apartheid leidet sie immer noch unter Benachteiligungen.

Zuma ist ihr Hoffnungsträger.

«Der ANC wird bis zur Wiederkehr Jesu an der Macht bleiben», ruft Zuma bei einer Wahlkampfveranstaltung in Johannesburg. Seine Anhänger jubeln - doch die Kirchenführer sind erzürnt. Am nächsten Tag präsentiert sich der 67-Jährige in einer Kirche im benachbarten Rustenburg als reuiger Sünder, relativiert seine Aussage und entschuldigt sich mit einer Spende für die Armen.

Südafrikas Berlusconi

Zuma zieht alle Register. Seine Reden gestaltet er gerne mit Gesang und Tanz, um sein Publikum mitzureißen. Es gelingt ihm, die Sympathien weiter Bevölkerungskreise mit seiner direkten und jovialen Art zu gewinnen. Und das, obwohl seine politischen Fähigkeiten häufig in Frage gestellt werden.

Kritiker vergleichen Zumas Stil mit dem Silvio Berlusconis. Ebenso wie der italienische Ministerpräsident spreche Zuma die geheimen Wünsche, Sehnsüchte und Ängste der Menschen an und präsentiere einfache Lösungen. Auch der aufwendige Lebensstil sei beiden Politikern gemein. Zuma hat seinen Luxus vor allem Geschäftsleuten und ihren Zuwendungen zu verdanken - nach seiner Ernennung zum Präsidenten dürften sie eine Entschädigung auf die eine oder andere Art erwarten.

Leutselig und machthungrig

Mit seiner leutseligen Art vermag es Zuma auch, seinen Machthunger zu tarnen. Als der damalige Staatspräsident und ANC-Chef Thabo Mbeki ihn im Jahr 2005 wegen Verstrickungen in korrupte Machenschaften als südafrikanischen Vizepräsidenten absetzte, rechnete Mbeki wohl nicht damit, dass von Zuma jemals wieder eine Konkurrenz ausgehen könnte. Doch sein Rivale schaffte es in kurzer Zeit, drei Viertel der ANC-Führung hinter sich zu bringen.

Zumas kometenhafter Wiederaufstieg kostete Mbeki Ende 2007 das Parteipräsidium und 2008 das Amt des Staatspräsidenten. Zuma Erfolgskurs konnten auch mehrere Skandale nicht bremsen. 2006 hatte ihn eine aidskranke Frau wegen Vergewaltigung verklagt. Zuma behauptete, sie habe dem Geschlechtsverkehr zugestimmt, und wurde freigesprochen. Einen HIV-Test lehnte er ab - mit der Begründung, er habe zum Schutz vor einer Infektion danach geduscht.

Zu wenig Geld für die Schule

Nachdem die Staatsanwaltschaft Anfang April dieses Jahres eine Korruptionsklage gegen ihn fallen ließ, dürfte Zumas Weg ins südafrikanische Präsidentenamt endgültig frei sein. Bis dorthin hat es Zuma auch durch seine Treue zum ANC geschafft. Schon 1959 schloss sich der aus ärmlichen Verhältnissen in der Provinz KwaZulu-Natal stammende junge Mann dem ANC an. Drei Jahre später trat er auch dem bewaffneten Flügel der Befreiungsbewegung bei.

Die Schule hatte Zuma wegen der prekären finanziellen Lage seiner Familie bereits früh verlassen müssen. Einen Teil seiner Schulbildung konnte er nachholen, nachdem er 1963 verhaftet worden war. Es folgten zehn Jahre Haft auf Robben Island, wo auch Nelson Mandela 18 Jahre gefangen war. 1987 wurde Zuma Leiter der Geheimdienste des ANC in Sambia.

Er weiß, was er will

Nach der Wende in Südafrika kam Zumas Verhandlungsgeschick zum Tragen. Als Mitglied der Provinzregierung in KwaZulu-Natal leistete er einen wichtigen Beitrag, um die blutigen Unruhen zwischen Anhängern des ANC und der Inkatha-Freiheitspartei beizulegen. Staatspräsident Mbeki ernannte ihn nach den zweiten freien Wahlen 1999 zum Vizepräsidenten an seiner Seite.

Zuma weiß, was er will. Auch sein Eintreten für traditionelle Werte sorgt für Faszination. Vor schwarzem Publikum tritt Zuma oft in Leoparden-Tracht auf. Viele Schwarze sind überzeugt, dass er der einzige Präsidentschaftskandidat ist, der ihre Belange wirklich ernst nimmt.

Von Jean-Pierre Kapp

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