Freitag, 24. April 2009

"Play your own shit"

AFRO-JAZZER MASEKELA

Kraftvoll, fesselnd, virtuos: Pop-Star und Polit-Aktivist Hugh Masekela, der nach Miriam Makeba bekannteste südafrikanische Musiker, hat das 35. Album unter seinem Namen produziert. Im Mai kommt der Trompeter und Sänger nach Deutschland.

Den wichtigsten Rat seiner Karriere gab ihm Miles Davis: “If you are going to play jazz, you are just going to be one of us”, zitiert Hugh Masekela seinen großen Kollegen. “But you got shit, that we don’t have”, habe Davis ihm gesagt und ihn beschworen, weiter auch “sein eigenes Zeug” zu spielen. Der junge Südafrikaner, gerade erst in New York angekommen, nahm sich die Mahnung zu Herzen und brachte fortan Elemente der heimatlichen Township-Musik in alles ein, was in seiner neuen Umwelt gespielt wurde: Jazz, Rhythm & Blues und die wechselnden Moden der westlichen Popmusik.

So wurde Masekela über die Jazz-Gemeinde hinaus bekannt. Er trat mit Harry Belafonte und Herb Alpert auf, machte Platten für das Soul-Label Motown; er arbeitete mit den Supremes, Marvin Gaye und ging mit Paul Simon auf Welt-Tournee. Masekelas Instrumental-Titel “Grazing In The Grass” verkaufte sich über vier Millionen Mal - ein beachtlicher Erfolg, denn normalerweise sind die großen Hits Gesangsnummern.

Masekela (Jahrgang 1939) aber sieht sich vor allem als Instrumentalist. Trompeter wollte er werden, nachdem er in Johannesburg den Hollywood-Film “Young Man With A Horn” gesehen hatte, in dem Kirk Douglas die Jazz-Legende Bix Beiderbecke darstellt. Pfarrer Trevor Huddleston, ein landesweit bekannter Kämpfer gegen die Apartheid, gab dem musikbegeisterten Teenager sein erstes Horn. Masekelas zweite Trompete war ein Geschenk von Louis Armstrong. Kirchenmann Huddleston, von Südafrikas Regierung des Landes verwiesen, hatte Satchmo von dem talentierten Jungen in Johannesburg berichtet und Armstrong schickte ein Instrument. Masekela avancierte schnell zum besten Trompeter des Landes. Mit dem Pianisten Dollar Brand, der sich später Abdullah Ibrahim nannte, gründete er die Band Jazz Epistles.

Wie Brand und Miriam Makeba, die er 1964 heiratete, verließ Masekela Anfang der sechziger Jahre Südafrika; als Anhänger der Befreiungsbewegung ANC mussten die Musiker Verfolgungen fürchten. Yehudi Menuhin, Harry Belafonte und Dizzy Gillespie halfen Masekela in Großbritannien und den USA. 30 Jahre sollte sein Exil dauern.

Um der Heimat näher zu sein, ließ sich Masekela in den achtziger Jahren vorübergehend in Lesotho und Botswana nieder. Sein Album “Technobush” nahm er in einem mobilen Studio 30 Kilometer vor der Grenze mit Südafrika auf, zu seinen Konzerten pilgerten Tausende aus dem Nachbarland - das Masekela selbst nicht mehr betreten konnte. Denn er unterstützte den Kampf gegen das weiße Minderheitsregime, sowohl mit Geld als auch mit seiner Musik: So forderte er in seinem Stück “Bring Him Back Home” die Freilassung von Nelson Mandela.

Seit der Wende am Kap lebt Masekela wieder in Johannesburg. Er hat eine eigene Produktionsfirma und eine Musikschule gegründet und nimmt weiter Platten auf. Der inzwischen 70-Jährige liebt pophaft eingängige Melodien und tanzbare Rhythmen. Seine Soli spielt er auf dem Flügelhorn, der etwas wärmer klingenden Trompeten-Version. Mit seiner samtig-raspligen Stimme singt Masekela gesellschaftlich engagierte Texte von teilweise literarischer Qualität. Auf seinem neuen Album “Phola” geht es zum Beispiel auch um den drohenden Klimawandel und unehrliche Politiker.

Masekela stellt die CD nun auf einer Deutschland-Tournee vor, zudem liest er auf einer Veranstaltung aus seinem nur auf Englisch vorliegenden Buch “Still Grazing”, das sein Bewunderer Paul Simon so beschreibt: “Eine wilde Geschichte, so kraftvoll und fesselnd wie ein Masekela-Trompeten-Solo.”

Von Hans Hielscher

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen