Madagaskar schafft es eher selten in die hiesigen Abendnachrichten. Doch in den letzten Wochen wird immer wieder von der viertgrößten Insel der Welt berichtet. Ein Aufmacher ist das Thema nicht, aber weiter hinten, in den Meldungsspalten der Zeitungen und Nachrichtenblocks der Fernsehmachrichten kamen regelmäßig Neuigkeiten aus der Hauptstadt mit dem exotischen klingenden Namen Antananarivo. Unruhen, Demonstrationen, sogar ein Bürgerkrieg wurde befürchtet. Präsident Marc Ravalomanana musste das Land verlassen. Neben seines in den Augen Vieler dubiosen Politikstils zog vor allem eine Sache den Zorn der Bevölkerung auf sich: Ravalomanana hatte die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Landes für 99 Jahre an ein südkoreanisches Unternehmen verpachtet.
Der Mischkonzern Daewoo versprach im Gegenzug - und wohl nicht ganz uneigennützig - , sechs Milliarden US-Dollar in die Infrastruktur des Landes zu investieren. Ob der Deal letztlich Bestand haben wird, ist angesichts der instabilen politischen Lage auf Madagaskar derzeit nicht abzusehen. Für die Südkoreaner besteht allerdings Handlungsbedarf. Um die rund 50 Millionen Einwohner zu versorgen, muss die Industrienation im großen Stil Nahrungsmittel importieren. Auch andere Länder wie die Golfstaaten oder China haben dieses Problem und pachten vor allem in Entwicklungsländern Landflächen.
Diese Entwicklung bietet, wie das Beispiel Madagaskar zeigt, sozialen Sprengstoff. Denn die Inselnation hat eine negative Nahrungsbilanz, kann die eigene Bevölkerung nicht selbst versorgen und ist in Zeiten steigender Weltmarktpreise auf Importe angewiesen. Die Gemengelage ist ähnlich wie im Sudan oder in Laos. Regierungen der betroffenen Länder auf beiden Seiten betrachten ethische und ökologische Prinzipien offenkundig als zweitrangig.
Für die Anbieter von Agrarinvestments hingegen spielen solche Kriterien eine Rolle. Der Markt ist in diesem Segment derzeit noch überschaubar, doch auch das könnte sich bald ändern. Die Fundamentaldaten sprechen eine eindeutige Sprache: Erstmals seit Jahrzehnten steigt der weltweite Bedarf an Nahrungsmitteln drastisch an. Experten prophezeien für die Zukunft sogar Engpässe. Allein sie steigende Nachfrage aus China und Indien ließ die Preise für Getreide und Ölsaaten in den letzten Jahren deutlich ansteigen. Ein Ende scheint nicht in Sicht. Dafür reichen ganz einfache Zahlen: Nach Angaben des schweizer Agrochemiekonzerns Syngenta soll die Weltbevölkerung im Jahr 2025 auf acht Milliarden Menschen anwachsen, der Nahrungsbedarf soll sogar um mehr als 50 Prozent steigen.
Gleichzeitig schwindet die landwirtschaftlich nutzbare Fläche durch die zunehmende Industrialisierung und Urbanisierung. 2025 müsste ein Hektar landwirtschaftliche Anbaufläche fünf Menschen ernähren. 1960 waren es noch zwei, 1995 vier. Speziell die Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge vor dem Hintergrund einer sich verknappenden, zur Verfügung stehenden möglichen Anbaufläche wird zukünftig ein Thema sein. Auf der anderen Seite wird das Angebot in manchen Bereichen künstlich verknappt. Die USA nutzen bereits 20 Prozent ihrer Maisernte zur Herstellung von Biokraftstoff und entziehen diese Menge dem ursprünglichen Markt. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach tierischen Erzeugnissen wie Milch und Fleisch, für deren Produktion Futterpflanzen benötigt werden. Die Herstellung eines Kilos Rind verbraucht immerhin über acht Kilo Kraftfutter.
Für Investoren gibt es im Wesentlichen zwei Varianten, um an dieser Entwicklung teilhaben zu können. Die Fondsindustrie hat das Thema bereitwillig aufgegriffen und bietet eine Vielzahl von vornehmlich aktienbasierten Fonds an. Hier wird der Bezug zum Agrobusiness, und das ist eigentlich keine Überraschung, weit ausgelegt. Agrochemieunternehmen wie Syngenta oder die umstrittene US-amerikanische Monsanto kommen ebenso in den Portfolios vor wie der Obst-Produzent Fresh Del Monte Produce, vor allem bekannt für seine Bananen. Zumeist wird die gesamte Wertschöpfungskette in dem Sektor abgedeckt, wobei amerikanische, kanadische und brasilianische Unternehmen einen Schwerpunkt bilden, wie das bei dem Global Agribusiness A2 der Deutsche Bank-Tochter DWS der Fall ist. Seit der Auflegung Anfang 2006 fuhr der Fonds allerdings einen kumulierten Verlust von rund 24 Prozent ein. Auf Jahresbasis ergibt sich ein Minus von zehn Prozent p.a.
Dieses Beispiel zeigt, dass sich auch der Agrarsektor nicht dem Marktgeschehen entziehen kann. Wer jedoch die Korrelation zu Aktien und Geldwertentwicklung reduzieren möchte, muss auf geschlossene Fonds setzen – und das nötige Kleingeld mitbringen. Erst zu Jahresbeginn hat der Hamburger Anbieter Aquila Capital den AgrarInvest I platziert. Wer dabei sein will, musste als Mindestanlagesumme 20.000 US-Dollar und ein fünfprozentiges Agio beisteuern. Die Aussichten sind gut: Ab 2011 sollen 5 Prozent p. a. gezahlt werden, hinzu kommt eine Schlusszahlung von 165 Prozent. Die Anlage läuft bis 2014.
Die Zielinvestments erfolgen in der Milchwirtschaft in Australien und Neuseeland sowie in Rinderzucht und Ackerbau in Brasilien. Dabei fließt das Geld in eigene Anbauflächen und in Betriebe, die ein deutliches Potenzial zur Produktivitätssteigerung haben. „Wir legen Wert auf den Ausbau der Produktion durch Produktionssystem-Arbitrage, das bedeutet: Transfer optimierter Verfahren in günstige Regionen, die auch über die notwendigen Wasserressourcen verfügen. So schaffen wir über unsere zwischengeschalteten Zielinvestments nachhaltige Cashflows und – da wir immer auf eigenem Land produzieren – deutliche Wertsteigerungen“, erklärt Detlef Schön, Leiter der vom Fondsmanagement beauftragten Agrar-Managementgesellschaft. Expertise ist in diesem Bereich ein Muss: Schön arbeitete 35 Jahre bei dem US-Agrarkonzern Cargill.
Gleichzeitig will Aquila Capital Rendite und Nachhaltigkeit in Einklang bringen: Keine Regenwaldrodung, keine negative Nahrungsbilanz und keine negative Klimabilanz, lautet das Credo. In den Investitionsländern scheint dies umsetzbar, allenfalls Währungsrisiken könnten die Rendite schmälern. Trotzdem ist ein Einstieg zum jetzigen Zeitpunkt unter diesen Gesichtspunkten für Anleger aus dem Euroraum günstig. Auch politische Risiken halten sich deutlich in Grenzen. Mittelfristig könnte aber Gefahr von anderer Seite drohen. „Die Golfstaaten und China investieren derzeit noch weitgehend in anderen Ländern als die Fondsanbieter. Dies wird sich aber bald ändern, dann droht tatsächlich ein Investitionswettlauf um Agrarflächen“, sagte Schön kürzlich dem Online-Börsendienst der ARD. Allerdings dürften die staatlichen Agrar-Investoren künftig vermehrt Probleme wie auf Madagaskar bekommen.
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