Amnesty International ist mit den Freisprüchen im Prozess um den Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh unzufrieden. Die Menschenrechtsorganisation verlangt eine strengere Kontrolle der Polizei. Der Vorsitzende Richter in dem Fall war mit dem Verfahren selbst nicht glücklich gewesen.
Musste in einer Zelle elend ersticken: Der Asylbewerber Oury Jalloh starb bei einem Brand in einer Ausnüchterungszelle
Nach den Freisprüchen im Prozess um den Brandtod eines afrikanischen Asylbewerbers in einer Dessauer Polizeizelle hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann Disziplinarverfahren gegen die beiden angeklagten Beamten angekündigt.
Asylbewerber verbrennt in Gefängniszelle
Unabhängig von strafrechtlicher Schuld sei die Frage von disziplinarrechtlicher Verantwortung zu klären, erklärte der SPD-Politiker in Magdeburg.
Der Ausgang des Prozesses sei für Angehörige und Freunde Jallohs "ein schwerer Tag" gewesen. Hövelmann bekundete "auch im Namen der Polizei" erneut seine "Trauer und Beschämung" darüber, "dass ein Mensch in der Obhut der Polizei einen so schrecklichen Tod gestorben ist".
Die beiden angeklagten Beamten waren knapp vier Jahre nach dem Brandtod von Oury Jalloh am Montag freigesprochen worden. Trotz intensivster Anstrengungen aller Prozessbeteiligten sei es nicht gelungen, den Sachverhalt aufzuklären, entschied das Landgericht Dessau-Roßlau zum Abschluss des 21-monatigen Verfahrens. Schon die Ermittlungen seien geprägt gewesen von Pleiten, Pannen, Versäumnissen und Unvermögen, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff.
Die Verkündung des Urteils löste im Verhandlungssaal tumultartige Reaktionen von anwesenden Afrikanern aus. Sie riefen in Richtung Gericht unter anderem "Ihr Schweine", "Mörderhaus" und "Lügner". Mehrere Demonstranten wurden von Justizangestellten und hinzu gerufenen Polizisten aus dem Gerichtsaal abgeführt, als sie zum Richtertisch stürzten. Das Gericht konnte erst nach einer knappen Stunde die Urteilsbegründung verlesen.
Der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone war am 7. Januar 2005 bei dem Brand gestorben, den er an einer Liege gefesselt selbst ausgelöst haben soll. Angeklagt wurden der damalige Dienstgruppenleiter Polizeihauptkommissar Andreas S. (48) wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie Polizeimeister Hans-Ulrich M. (46) wegen fahrlässiger Tötung. Eine Rettung wäre laut Anklage möglich gewesen, wenn die Beamten rechtzeitig und richtig reagiert hätten.
Wutausbruch nach Polizistenfreispruch in Dessau
Vor allem die Aussagen der Hauptzeugin und Kollegin des Hauptbeschuldigten, Beate H., seien so widersprüchlich gewesen, dass sie vom Gericht nicht hätten verwertet werden können. "Wahrscheinlichkeiten reichen nicht aus, um jemanden zu verurteilen", begründete Richter Steinhoff das Urteil. Was im Prozess von vielen Polizisten als Zeugen "geboten" worden sei, habe mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun. Zudem kritisierte das Gericht mangelnde Sicherheits- und Brandschutzvorkehrungen in dem betreffenden Dessauer Polizeirevier.
In den Tagen vor der Urteilsverkündung war mehrfach über eine Einstellung des Verfahrens spekuliert worden. Wie Vertreter der "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh" bei einer Kundgebung am Gerichtsgebäude dazu erklärten, sei von Seiten der Angeklagten angeboten worden, das Verfahren gegen die Zahlung einer Entschädigung von 5000 Euro einzustellen. Dies habe die Familie aber abgelehnt.
In ihren Plädoyers erhoben die Nebenklagevertreter schwere Vorwürfe gegen Polizei und Ermittlungsbehörden. Das Geschehen hätte sich so nicht zugetragen, wenn es sich um einen hellhäutigen Deutschen aus der Mittelschicht gehandelt hätte, sagte Rechtsanwältin Regina Götz aus Berlin. Der Prozess sei ein Zeichen für "institutionellen Rassismus in Deutschland", sagte sie.
Pro Asyl kritisierte ebenfalls die Prozessführung der Staatsanwaltschaft. Sie habe die Frage des "institutionellen Versagens völlig ausgeblendet", sagte der Rechtsreferent der Flüchtlingsorganisation, Bernd Mesovic, dem epd. So sei zu befürchten, dass es in Deutschland bald den nächsten Fall von "exzessiver Polizeigewalt" geben werde. Seit März 2007 waren in dem Prozess 63 Zeugen sowie unterschiedliche medizinische Gutachter und Brandsachverständige befragt worden.
Musste in einer Zelle elend ersticken: Der Asylbewerber Oury Jalloh starb bei einem Brand in einer Ausnüchterungszelle
Nach den Freisprüchen im Prozess um den Brandtod eines afrikanischen Asylbewerbers in einer Dessauer Polizeizelle hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann Disziplinarverfahren gegen die beiden angeklagten Beamten angekündigt.
Asylbewerber verbrennt in Gefängniszelle
Unabhängig von strafrechtlicher Schuld sei die Frage von disziplinarrechtlicher Verantwortung zu klären, erklärte der SPD-Politiker in Magdeburg.
Der Ausgang des Prozesses sei für Angehörige und Freunde Jallohs "ein schwerer Tag" gewesen. Hövelmann bekundete "auch im Namen der Polizei" erneut seine "Trauer und Beschämung" darüber, "dass ein Mensch in der Obhut der Polizei einen so schrecklichen Tod gestorben ist".
Die beiden angeklagten Beamten waren knapp vier Jahre nach dem Brandtod von Oury Jalloh am Montag freigesprochen worden. Trotz intensivster Anstrengungen aller Prozessbeteiligten sei es nicht gelungen, den Sachverhalt aufzuklären, entschied das Landgericht Dessau-Roßlau zum Abschluss des 21-monatigen Verfahrens. Schon die Ermittlungen seien geprägt gewesen von Pleiten, Pannen, Versäumnissen und Unvermögen, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff.
Die Verkündung des Urteils löste im Verhandlungssaal tumultartige Reaktionen von anwesenden Afrikanern aus. Sie riefen in Richtung Gericht unter anderem "Ihr Schweine", "Mörderhaus" und "Lügner". Mehrere Demonstranten wurden von Justizangestellten und hinzu gerufenen Polizisten aus dem Gerichtsaal abgeführt, als sie zum Richtertisch stürzten. Das Gericht konnte erst nach einer knappen Stunde die Urteilsbegründung verlesen.
Der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra Leone war am 7. Januar 2005 bei dem Brand gestorben, den er an einer Liege gefesselt selbst ausgelöst haben soll. Angeklagt wurden der damalige Dienstgruppenleiter Polizeihauptkommissar Andreas S. (48) wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie Polizeimeister Hans-Ulrich M. (46) wegen fahrlässiger Tötung. Eine Rettung wäre laut Anklage möglich gewesen, wenn die Beamten rechtzeitig und richtig reagiert hätten.
Wutausbruch nach Polizistenfreispruch in Dessau
Vor allem die Aussagen der Hauptzeugin und Kollegin des Hauptbeschuldigten, Beate H., seien so widersprüchlich gewesen, dass sie vom Gericht nicht hätten verwertet werden können. "Wahrscheinlichkeiten reichen nicht aus, um jemanden zu verurteilen", begründete Richter Steinhoff das Urteil. Was im Prozess von vielen Polizisten als Zeugen "geboten" worden sei, habe mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun. Zudem kritisierte das Gericht mangelnde Sicherheits- und Brandschutzvorkehrungen in dem betreffenden Dessauer Polizeirevier.
In den Tagen vor der Urteilsverkündung war mehrfach über eine Einstellung des Verfahrens spekuliert worden. Wie Vertreter der "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh" bei einer Kundgebung am Gerichtsgebäude dazu erklärten, sei von Seiten der Angeklagten angeboten worden, das Verfahren gegen die Zahlung einer Entschädigung von 5000 Euro einzustellen. Dies habe die Familie aber abgelehnt.
In ihren Plädoyers erhoben die Nebenklagevertreter schwere Vorwürfe gegen Polizei und Ermittlungsbehörden. Das Geschehen hätte sich so nicht zugetragen, wenn es sich um einen hellhäutigen Deutschen aus der Mittelschicht gehandelt hätte, sagte Rechtsanwältin Regina Götz aus Berlin. Der Prozess sei ein Zeichen für "institutionellen Rassismus in Deutschland", sagte sie.
Pro Asyl kritisierte ebenfalls die Prozessführung der Staatsanwaltschaft. Sie habe die Frage des "institutionellen Versagens völlig ausgeblendet", sagte der Rechtsreferent der Flüchtlingsorganisation, Bernd Mesovic, dem epd. So sei zu befürchten, dass es in Deutschland bald den nächsten Fall von "exzessiver Polizeigewalt" geben werde. Seit März 2007 waren in dem Prozess 63 Zeugen sowie unterschiedliche medizinische Gutachter und Brandsachverständige befragt worden.
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