Dienstag, 16. Dezember 2008

Positive Ausnahme in Afrika

Ghana wählt – der westafrikanische Staat zählt zu den wenigen Erfolgreichen des Kontinents. Am Sonntag könnte bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen die Mehrheit dennoch für den politischen Wechsel stimmen.

In den vergangenen Monaten wurde der ghanaische Staatspräsident John Kufuor mit internationalen Ehrungen für seine Verdienste um gute Regierungsführung und Friedenssicherung in Afrika überhäuft. Acht Jahre lang lenkte der in Oxford ausgebildete Politiker die Geschicke Ghanas. Der Staat an der Westküste Afrikas zählt zu den erfolgreichen Beispielen im subsaharischen Afrika. Nun geht Kufuors Amtszeit verfassungsgemäß zu Ende. Am 7. Dezember finden in Ghana Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Mehrheit der Ghanaer trotz aller Fortschritte in ihrem Land den politischen Wechsel wählt. Noch wichtiger als die Entscheidung, wer Kufuor nachfolgt, ist für viele Wähler jedoch, dass Ghana nach den von Fälschungen und Gewalt überschatteten Wahlen in anderen afrikanischen Ländern ein positives Beispiel setzt.

Zu den Leistungen der Regierung Kufuors zählen jährliche Wachstumsraten von sechs Prozent und eine solide Finanzpolitik, wenn auch das Haushaltsdefizit seit kurzem wieder größer wird. Erfolgreich ist Ghana auch bei der Armutsbekämpfung. Die Regierung investierte in die Infrastruktur und soziale Programme. So sank der Anteil der unter der Armutsgrenze Lebenden an der Bevölkerung auf 28 Prozent, Straßen sind besser geworden, und immer mehr Kinder werden eingeschult. Die Medienfreiheit ist so ausgeprägt wie in kaum einem anderen afrikanischen Land. Ghanas Reformweg findet auch bei internationalen Gebern Anerkennung. Sie unterstützten das Land im letzten Jahr mit einer Rekordsumme von 1,2 Milliarden US-Dollar. Nach umfangreichen Ölfunden vor der Westküste Ghanas erhoffen sich viele einen enormen Entwicklungsschub in naher Zukunft.

Dennoch geht die Regierungspartei nicht als klarer Favorit in die Wahlen. Beobachter gehen von einem Kopf-an- Kopf-Rennen zwischen dem Kandidaten der liberal-konservativen Regierungspartei NPP, Nana Akufo-Addo, und dem Spitzenmann der sozialdemokratisch ausgerichteten Oppositionspartei NDC, John Atta Mills, aus. Ein zweiter Wahlgang wird nicht ausgeschlossen, vor allem, wenn die drittstärkste Partei CPP, die in der Tradition des Staatsgründers Nkrumah steht, gut abschneidet.

Akofo-Addo, Sohn eines ehemaligen Präsidenten und Außenminister unter Kufuor, hatte sich in einem zähen Vorwahlkampf gegen siebzehn weitere Anwärter in seiner Partei durchgesetzt. Der redegewandte Jurist mit dem britischen Akzent gilt als erfahren, ist in der Bevölkerung aber nicht überall beliebt. Atta Mills wird als grundehrlicher Politiker der leisen Töne geschätzt. Sein Hauptproblem ist, dass er schon die letzten beiden Wahlen verloren hat. Der Universitätsprofessor war Vizepräsident unter John Rawlings, der Ghana Anfang der neunziger Jahre in die Demokratie führte und danach zweimal zum Präsidenten gewählt wurde. Viele Ghanaer fragen sich, wie weit sich die Oppositionspartei vom Einfluss ihres ehemaligen Militärführers lösen konnte.

In der Außen- und Wirtschaftspolitik sind die Unterschiede zwischen den Parteien eher klein. Kriminalität, Gesundheit, Bildung und vor allem soziale Gerechtigkeit sind die Themen, mit denen die Opposition punkten kann. Denn der wachsende Wohlstand hat den Armen weniger genutzt als der Mittel- und Oberschicht. Enttäuscht sind viele Ghanaer auch davon, dass der Kampf gegen die Korruption nach ersten Anfangserfolgen der Kufuor-Regierung erlahmte.

In den letzten Monaten haben die Spannungen zwischen den Parteien zugenommen. Vor allem in den nördlichen Regionen kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern beider Parteien. Dahinter stehen häufig konkurrierende Parlamentskandidaten, Landkonflikte oder seit langem zerstrittene traditionelle Autoritäten oder Volksgruppen. Die Regierung plant am Wahltag den Einsatz von Sicherheitskräften an diesen Brennpunkten.

Entscheidend wird sein, wie die Verliererpartei mit ihrer Wahlniederlage umgehen wird. Daher wenden sich seit Wochen prominente Religionsführer, Medienleute und Musiker mit Friedensappellen an die Öffentlichkeit. Inzwischen scheinen die Politiker die Botschaft verstanden zu haben.

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