Sonntag, 7. Dezember 2008

Beispielloser Druck vor Ypsilanti-Wahl

Vor der geplanten Wahl von Andrea Ypsilanti zur hessischen Ministerpräsidentin Anfang November ist nach einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» (FAS) Druck auf SPD-Abgeordnete ausgeübt worden, ihre Stimmabgabe zu dokumentieren.

Das Blatt beruft sich auf nicht namentlich genannte sozialdemokratische Abgeordnete. Sie hätten der Zeitung berichtet, sie seien von Kollegen mal «wohlwollend», mal «drängend» ersucht worden, per Handyfoto zu beweisen, dass sie Ypsilanti ihre Stimme gegeben hätten. Damit habe keine Aussicht mehr auf eine anonyme Wahl bestanden.

Hessens SPD-Sprecher Frank Steibli sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa am Sonntag, dass die Fraktionsführung nie zu einer Dokumentierung des Wahlverhaltens aufgefordert oder auch nur ermuntert habe. Man habe sich mit Probeabstimmungen begnügt. Zu der Wahl Ypsilantis war es dann nicht mehr gekommen, weil vier SPD-Abgeordnete sich der geplanten Zusammenarbeit einer rot-grünen Minderheitsregierung mit der Linkspartei verweigerten. Ypsilanti hatte eine solche Kooperation vor der Landtagswahl im Januar noch ausgeschlossen. Wegen ihres Scheiterns kommt es am 18. Januar 2009 zur Neuwahl.

Ypsilanti wurde am Wochenende vom Frankfurter Unterbezirk erneut zur Direktkandidatin ihres Wahlkreises und zudem für den zweiten Platz der Landesliste nominiert. Sie bezeichnete das Verhalten jener drei «Abweichler», die sich erst am Tag vor dem Wahltermin offenbart hatten, als «Anschlag auf die gesamte Partei» und Verletzung demokratischer Spielregeln.

In Umfragen liegt die Hessen-SPD derzeit deutlich hinter der CDU, die zusammen mit der FDP auf eine Mehrheit hoffen kann. SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel rief seine Partei am Wochenende zur Geschlossenheit auf: «Wir sind die Fortschrittspartei. Die Konservativen sind die Pausenzeichen der Geschichte,» sagte er in Frankfurt. Koch sei der «Klotz am Bein der hessischen Union».

SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck sieht auch die Bundespartei durch den gescheiterten Machtwechsel in Hessen belastet. Die schlechten Umfrageergebnisse hätten viel mit Hessen zu tun, sagte Struck dem «Hamburger Abendblatt» (Samstag). Er ließ Zweifel erkennen, ob am 18. Januar die Ablösung Kochs gelingen werde, und sprach sich für eine größere Rolle Schäfer-Gümbels aus: «Thorsten Schäfer-Gümbel ist ein eigener Kopf und unabhängig von Andrea Ypsilanti.» Die CDU hält den Spitzenkandidaten dagegen für eine «Marionette», deren Fäden Ypsilanti als Partei- und Fraktionsvorsitzende ziehe.

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