Samstag, 20. Dezember 2008

Computer für Afrika? Die brauchen doch erstmal was zu Essen!

Bei unserer Arbeit für Delta Cultura im ICT und Fundraising Bereich werden wir fast täglich mit diversen Argumenten konfrontiert, die sich hartnäckig halten und mir jedesmal den Magen umdrehen. Ein paar Highlights gefällig?

Zu Spenden nach Afrika generell:

"Wir sollten erstmal im eigenen Land anfangen, statt immer nur an andere Länder zu spenden."

und:

"Afrika? Das ist doch ein Fass ohne Boden!"

Zu Computerspenden:

"Die Leute brauchen dort etwas zum Essen und Kleider auf ihren Körper. Was nutzt da ein PC, wenn es in vielen Dörfern überhaupt noch kein Strom gibt. Die bislang gespendeten PC kommen nur einer kleinen Auswahl von Leuten zu gute, die eh keine Probleme mit den von mir aus erwähnten Dingen haben."

Zur Mediengestalterausbildung:

"wie im blog zu lesen ist, ist der strand nicht weit und wird wohl auch recht häufig besucht. ich halte so vom ersten eindruck garnix davon. das wirkt weder seriös noch wirklich überlegt sinnvoll."

und, ebenfalls zur Mediengestalterausbildung:

"die können sich doch ein paar inder anlocken und fertig ists"

Meist möchte ich laut schreien (manchmal tu ich's auch), wenn ich sowas lese oder höre. Letztendlich ist das aber keine gute Reaktion. Was kann man also tun, um solche Kommentare zu entkräften und die Leute etwas aufzuklären?

Reden, schreiben, argumentieren?

Mir will einfach nicht in den Kopf, welches Afrika Bild sich in den Köpfen der Europäer seit Jahrzehnten hält. Anscheinend ist ganz Afrika ein "Land" in dem kleine ausgehungerte Kinder nackt mit Blähbäuchen vor Hütten stehen und auf ihren Tod warten. Anscheinend brauchen die Leute in Afrika keine Musik, keine Kultur, keine Bildung und schon gar kein Internet, lieber sollte man ein bisschen Milchpulver und ein paar alte Anziehsachen nach Afrika verschiffen, das wäre grossartige Hilfe!

Afrika ist ein riesiger Kontinent. Es gibt hier ebenso Ghettos wie auch hochtechnisierte Städte. Es gibt sehr arme Länder und Länder die etwas mehr Wohlstand haben.
Wir haben hier in Cabo Verde eine demokratische Regierung und keine Hungersnöte.
Bildung ist hier aber ein rares Gut, auf das wohl trotzdem ohne Frage jeder Mensch ein Grundrecht hat. Nur durch Bildung kann nachhaltig geholfen werden. Das Schulsystem hier ist veraltet, die Lehrer häufig unzureichend ausgebildet, selbst die Prügelstrafe ist trotz Verbot weit verbreitet.

PC's sind sogar in den Schulen Mangelware. Das Internet hier ist eins der langsamsten und gleichzeitig teuersten der Welt! Ein normaler DSL 1024 Anschluss kostet hier inklusive Datentransfer pro Monat schon mal 300-500 Euro. Eine Lehrerin verdient hier aber nur 400 Euro pro Monat. Eine Bäuerin schafft es wenn überhaupt auf die Hälfte. Kein Wunder also, dass ganz Kap Verde grade mal 5.000 Internet Anschlüsse zählt.

Die nötige Bildung um der Armut zu entkommen gibt es nur im Ausland. Vor Ort gibt es keine Kompetenzen um aus eigener Kraft Bildungsangebote und moderne technische Betriebe anzubieten, da diese bereits im Ausland sind (Brain Drain Effekt).
Sind die Menschen erst einmal in der Ferne, so findet kaum noch Kommunikation statt zwischen Daheimgebliebenen und Diaspora, was wiederum zur Folge hat, dass sich das Bild des "goldenen Europas", oder des "amerikanischen Traums" hartnäckig hält. Es gibt nur reiche Emigranten. Alles Gewinner.

Wie man es dreht und wendet: Es läuft also IMMER auf Emigration hinaus.

Niemand (ich schon gar nicht) hat etwas gegen Nachbarschaftshilfe in Europa. Im Gegenteil. Ich glaube dass es genau daran in Europa extrem fehlt. Europa als 3. Welt Land der Nächstenliebe quasi. Nur leben wir heute nicht mehr in einem isolierten Nationalstaat sondern in einer globalisierten Welt. Die Probleme eines Bauern in Westafrika sind eben doch auch die Probleme eines Arbeiters, Angestellten oder Vorgesetzten in Europa. Genau aus diesem Grund ist Hilfe für Kap Verde auch immer Hilfe für Europa.

Wenn wir die Emigration nach Europa verringern möchten und den Leuten in Afrika wirklich eine Chance für die Zukunft geben wollen, dann sollten wir dafür sorgen, dass Afrika nicht den Anschluss an das Informationszeitalter verpasst. Leider hat kaum Jemand ein wirkliches Interesse daran, die Lücke, die zwischen Europa und Afrika im Bildungs- und Informationsbereich herrscht, zu schliessen.

Delta Cultura hat dieses Interesse. Für uns sind die Menschen von Cabo Verde keine Statistiken. Sie sind kein Zahlen sondern Menschen mit Gesichtern und Namen wie Zé, Jamilla oder Jorge. Wir kennen sie, ihre Familien und ihre Hintergründe. Und wir kennen ihre Wünsche, Sehnsüchte und Ziele.

Wir sind vor Ort. Wir wissen was fehlt. Wir wissen wie man sinnvoll helfen kann.

Also gebt uns eine Chance und unterstützt uns!

Laotse: "Gib einem Mann einen Fisch, und Du ernährst ihn für einen Tag. Lehre ihn das Fischen und Du ernährst ihn für ein Leben."

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