Sonntag, 23. Mai 2010

Sozialer Raubbau am Pranger

Portugal: Linke forciert Protest gegen Sparkurs. KP stellt Mißtrauensantrag gegen PS-Regierung

Von Peter Steiniger
 
Nach den Erschütterungen auf dem Kapitalmarkt zieht in Portugal ein politisches Gewitter auf. Am Freitag trat das Parlament zusammen, um über einen Mißtrauensantrag gegen das Kabinett von Ministerpräsident José Sócrates zu beraten. Dessen Sozialisten (PS) sind in der Kammer auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Die Kommunisten werfen der Regierung vor, das Land mit einer ökonomisch und sozial verfehlten Politik in Stagnation und Krise geführt zu haben. Mit dem Antrag wollen sie dem Protest gegen einen verschärften Sparkurs zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit Nachdruck verleihen.

Um unter den Euro-Schutzschirm zu gelangen, hat sich Portugal gegenüber der EU-Kommission und den Partnern der Währungsunion zu einem strengen Austeritätskurs verpflichtet. Das Staatsdefizit, das im Jahr 2009 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichte, soll in nur vier Jahren unter drei Prozent gedrückt werden. Sócrates verständigte sich mit dem Chef der konservativen PSD, dem rechten Oppositionsführer Pedro Passos Coelho, über ein Paket von Maßnahmen, das über sein »Stabilitäts- und Wachstumsprogramm« (PEC) noch hinausreicht. Unter Bruch früherer Versprechen kündigte er nun höhere Einkommenssteuern, den Anstieg der Mehrwertsteuer auf 21 Prozent und Kürzungen bei der Arbeitslosenunterstützung an. Großinvestitionen sollen verschoben, weitere Staatsunternehmen privatisiert werden.

KP-Generalsekretär Jerónimo de Sousa macht PS und PSD gleichermaßen für die aktuelle Krise verantwortlich. Sie folgten derselben Politik einer Aufgabe von Portugals Souveränität gegenüber tonangebenden Kräften in der EU. Im Parlament warf Sócrates den Kommunisten Verantwortungslosigkeit vor. Sie würden mitten in der Finanzmarktkrise versuchen, das Land zu destabilisieren. Der Mißtrauensantrag wird auch vom Linksblock BE unterstützt. PSD und rechtskonservative Volkspartei CDS-PP wollten sich enthalten.

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