Mittwoch, 19. Mai 2010

Bangkok in Flammen - Anführer der Rothemden geben auf

Die regierungsfeindlichen Demonstranten in Thailand haben am Mittwoch trotz der Aufgabe ihrer Anführer die Proteste fortgesetzt.
Die Stürmung des seit Wochen besetzten Stadtviertels in Bangkok durch die Armee löste eine neue Welle der Gewalt aus, bei der mindestens sechs Menschen ums Leben kamen. In rote Hemden gekleidete Demonstranten setzten mindestens 17 Gebäude in Brand, darunter die Börse und das zweitgrößte Kaufhaus Südostasiens, das Central World, das vollständig zerstört wurde. Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva verhängte für die Nacht eine Ausgangssperre in Bangkok und 21 Provinzen.
Die Demonstranten attackierten auch den Fernsehsender Kanal 3. Etwa 100 Mitarbeiter flüchteten auf das Dach des Gebäudes, wo sie örtlichen Medien zufolge mit Hubschraubern gerettet wurden. In dem Viertel fiel der Strom aus. Die Armee kündigte an, sie werde ihre Räumungsaktion in der Nacht fortsetzen. Die Notdienste wurden aufgefordert, sich in Bereitschaft zu halten.
Ein italienischer Reporter gehörte zu den Menschen, die am Mittwoch ums Leben kamen. Unter den Verletzten waren drei Journalisten. Während der seit Mitte März anhaltenden Demonstrationen wurden mehr als 70 Menschen getötet und fast 2000 verletzt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte vor einem Abgleiten des Landes ins Chaos. Er rief beide Seiten zur Mäßigung auf. Das Auswärtige Amt riet dringend von Reisen nach Bangkok ab. Reisende in Bangkok sollten jedoch trotz der Ausgangssperre zum Flughafen gelangen können. Wer einen Pass und Reisedokumente vorweisen könne, dürfe seine Unterkunft verlassen, teilte die Regierung mit.
ROTHEMDEN IGNORIEREN AUFGABE IHRER ANFÜHRER
Unklar blieb, ob die neue Gewalt das letzte Aufbäumen der Demonstranten oder der Beginn einer neuen Phase der Proteste darstellt. Die Unruhen seien "die umfassendste und unkontrollierbarste" politische Gewalt, die Thailand je gesehen habe, sagte der namhafte Historiker Charnvit Kasetsiri. Er rechne mit Chaos und einem massiven Vorgehen der Armee in der Nacht. Die Regierung verhängte eine Nachrichtensperre.
Noch am Morgen hatte die Armee erklärt, die Lage sei nach der Stürmung des Geschäftsviertels der Sukhumvit-Straße unter Kontrolle. Soldaten durchbrachen die von Tausenden Rothemden errichteten meterhohen Straßensperren und gaben Schüsse aus automatischen Waffen ab. Demonstranten setzten Autoreifen in Brand. Über der Stadt bildete sich eine dicke, schwarze Rauchwolke. Namhafte Anführer der Demonstranten erklärten sich daraufhin bereit aufzugeben. Viele der Rothemden verlangten dagegen weiterzumachen. Im Fernsehen war zu sehen, wie vier der Anführer in Polizeigewahrsam abgeführt wurden. Wenige Minuten später detonierten drei Granaten.
ANALYSTEN: VERTRAUEN BEI INVESTOREN AUF JAHRE VERSPIELT
Die Rothemden, die überwiegend der armen Landbevölkerung entstammen und Anhänger des gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra sind, werfen Abhisit vor, demokratisch nicht legitimiert zu sein. Auch in ihren Hochburgen im Norden Thailands, kam es zu Unruhen. In Udon Thani und Khon Kaen stürmten Demonstranten die Rathäuser und setzten Gebäude in Brand. Ex-Ministerpräsident Thaksin sagte Reuters, es gebe die Theorie, die Militäraktionen könnten dazu führen, dass die Menschen zu Guerilla-Kämpfern würden. Gespräche zwischen der Regierung und den Protestführern über eine Entschärfung der Lage waren am Dienstag gescheitert.
Die Börse schloss am Mittwoch vorzeitig, auch für Donnerstag und Freitag wurde der Handel ausgesetzt. "Die Situation ist jetzt schlimmer als erwartet und die Entwicklung noch schwerer stoppen", sagte Kavee Chukitsakem, Research-Chef von Kasikor Securities. Nach der Aufgabe der Anführer der Rothemden, "sind die Dinge außer Kontrolle geraten". Nach Ansicht seines Kollegen Kongkiat Opaswongkarn von Asia Plus Securities wird es Jahre dauern, bis das Land das Vertrauen bei Investoren wiedererlangt.

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