Frauen dürfen im Iran kein Fußball gucken, zumindest nicht im Stadion. Davon handelt der Film "Offside" von Jafar Panahi. Der regimekritische Regisseur wurde erst vor ein paar Tagen wieder einmal aus der Haft entlassen.
Vor vier Jahren gab das Fußballmagazin "11 Freunde" zur Weltmeisterschaft in Deutschland eine DVD-Edition mit Fußballfilmen heraus. Jetzt, kurz vor der WM in Südafrika, folgt der zweite Streich: Die "11 Freunde Edition Volume 2" versammelt sechs außergewöhnliche Filme rund um den Ball. Wir stellen die Filme in den kommenden Wochen vor. In der Box ist auch das iranische Werk "Offside" von Jafar Panahi. Der Film gewann 2006 den "Silbernen Bären" der Berlinale.
Ins Abseits gedrängt
Ein etwa 16jähriges Mädchen will das entscheidende WM-Qualifikationsspiel zwischen dem Iran und Bahrain im Teheraner Stadion sehen und dringt als Junge verkleidet in die Fußballarena. Im Iran dürfen Frauen kein Stadion betreten. Was sie dabei riskieren, wird nur angedeutet: Festnahme, Verhaftung, Gefängnis? Wahrscheinlich Schlimmeres. Auf jeden Fall bewegt sich das Mädchen, das in dem Film "Offside" von Regisseur Jafar Panahi keinen Namen hat, ins Abseits.
Unterhaltung über Fußball durch die Gitterstäbe: "Offside"
Dabei ist das Mädchen nicht allein. Gleich mehrere fußballbegeisterte junge Frauen versuchen ihr Glück. Doch von der Armee gefasst, landen sie hinter einem Absperrgitter und müssen auf den Abtransport zur Sittenpolizei warten. Sie stehen symbolisch für alle Frauen, die von dem rigiden iranischen Regime ins gesellschaftliche Abseits gedrängt werden.
Versteckt unter Schleier und Schiebermütze
Ein Gesellschaftssystem, an das nicht einmal die Soldaten glauben. Dabei erstaunt, wie offensiv die jungen Frauen die sie bewachenden Soldaten angehen, Fragen stellen, Auseinandersetzung und Diskussion fordern: Warum dürfen Japanerinnen sich ein Spiel ansehen, Iranerinnen aber nicht? Warum dürfen Frauen und Männer in ein Kino gehen, aber nicht in ein Fußballstadion?
Die Gefangenen Mädchen erwarten den Schlusspfiff beim Abtransport im Bus.
Die jungen Frauen stellen ein Gesellschaftssystem in Frage, die Soldaten, die sie bewachen, halten es aufrecht, aber glauben selbst kaum daran. Und in einer kurzen Szene wird klar, dass auch Männer das Fußballstadion als einen Ort der Befreiung empfinden, wo sie sagen können was sie empfinden, ohne Repressalien zu befürchten.
Am Ende werden die jungen Frauen im Armeebus zur Sittenpolizei gefahren. Dort erleben sie am Radio, wie sich der Iran schließlich für die Fußballweltmeisterschaft qualifiziert und sich die Straße plötzlich in eine Partymeile verwandelt. "Wir fahren zur WM! Iran! Iran! Wir fahren zur WM!" skandieren die jungen Frauen. Aber sie fahren nicht mit. Sie landen in Untersuchungshaft.
11 Freunde Edition, Volume 2: 6 Fussballklassiker, darunter "Offside" von Jafar Panahi, insgesamt rund 545 Minuten, 32-seitiges Booklet, Anbieter: Kinowelt.
Autor: Bernd Sobolla
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