- Papst schweigt zum Missbrauch
- Kardinal tut Kritik als "Geschwätz" ab
- Osterbotschaft im Vatikan hat viele Gläubige empört.
- Opferverband verurteilt die Ansprache als Beleidigung.
- Großbritannien mobilisiert gegen einen Besuch von Benedikt XVI.
London - Die katholische Kirche steckt in einer ihrer schwersten Krisen - und die Osterbotschaft von Papst Benedikt XVI. hat nichts zur Lösung beigetragen. Eher im Gegenteil. Während das Kirchenoberhaupt zu dem Skandal um Misshandlungen und sexuellen Missbrauch schwieg, griff der Vatikan zu einer bisher nicht vorgekommenen Maßnahme: Er wich überraschend vom üblichen Ablauf der Ostermesse ab, um die Kritik im Zuge des Missbrauchsskandals als belanglos zurückzuweisen.
Zum Auftakt des Gottesdienstes ergriff der Vorsitzende des Kardinalskollegiums am Sonntag vor Zehntausenden Gläubigen das Wort und erklärte demonstrativ, Benedikt XVI. könne sich des Rückhalts der Gemeinde sicher sein. "Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit dir und wird sich nicht von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage beeinflussen lassen", sagte Kardinal Angelo Sodano dem Papst. Die Kardinäle, Kurienmitarbeiter und Bischöfe weltweit stünden hinter ihm, vor allem aber die "400.000 Priester, die großherzig dem Volk Gottes dienen".
Der Papst selber erteilte vom Balkon des Petersdoms den traditionellen Ostersegen "Urbi et Orbi", mahnte in seiner Osterbotschaft eine "geistige und moralische" Umkehr an und sprach diverse politische Konflikte an, aber nicht die Probleme in seinem eigenen Machtbereich.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Die Leiterin des US-Opferverbands SNAP bezeichnete Sodanos Rede als beleidigend. "Den Opfern geht es um Trost und Heilung, sie sollten nicht beleidigt und ihre Aussagen nicht als 'unbedeutendes Geschwätz' abgetan werden", so Barbara Blaine. "Der Papst hat gesagt, die Wahrheit solle ans Licht gebracht werden - was denn nun?"
Nach Angaben von Vatikanexperten hat eine Ostermesse auf dem Petersplatz noch nie mit einem derartigen Grußwort begonnen. Beobachter interpretierten dies als eindeutigen Versuch der Klarstellung, dass lediglich eine kleine Minderheit Kinder missbraucht habe.
Der ungewöhnliche Auftritt Sodanos zeigt, wie sehr der Vatikan den Druck durch den Skandal spürt. Der Vatikan hat zuletzt mehrfach die Medien wegen ihrer Berichterstattung über den Missbrauchsskandal kritisiert. So hieß es in der Zeitung des Kirchenstaats am Samstag, der Papst sei Ziel einer "verabscheuungswürdigen Verleumdungskampagne" geworden.
Britische Anwälte wollen Papst zur Verantwortung ziehen
In zahlreichen Ländern, darunter auch Deutschland, werden immer mehr Vorwürfe der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kirchenvertreter laut. Auch Benedikt wird zunehmend kritisiert: Zahlreiche Katholiken erwarten von ihrem Kirchenoberhaupt eine Stellungnahme.
Besonders starken Gegenwind bekommt der Papst zurzeit aus Großbritannien: Mehr als 10.000 Menschen unterzeichneten auf der Website der Downing Street eine Petition gegen eine für September geplante Reise des Kirchenoberhaupts. Der viertägige Besuch in England und Schottland soll die Steuerzahler schätzungsweise 15 Millionen Pfund kosten.
Noch härtere Bandagen zieht eine Gruppe britischer Anwälte auf. Sie prüft, ob der Papst tatsächlich Anrecht auf die Immunität eines Staatsoberhaupts hat oder nicht doch nach dem Weltrechtsprinzip verfolgt werden könnte - wegen des angeblichen Vertuschens von sexuellem Missbrauch durch Priester.
"Der Papst war nicht klar genug"
Der Skandal hat die Osterfeiern von Katholiken weltweit überschattet. Der Bürgermeister von Bethlehem forderte eine deutliche Stellungnahme des Papstes. "Seine Heiligkeit sollte eine direkte Antwort auf all diese Taten einiger Priester der katholischen Kirche geben", sagte Victor Batarseh. Die Kirchenmitglieder seien beschämt über die Missbrauchsvorwürfe.
Auch ein Pilger aus der Schweiz, der zur Ostersonntagsmesse nach Bethlehem in die Geburtskirche gekommen war, sieht Benedikt XVI. in der Verantwortung: "Der Papst war nach meiner Ansicht bisher nicht klar genug mit einer Verurteilung des sexuellen Missbrauchs."
Auch in Brasilien wurden kritische Stimmen laut. "Der Papst muss dieses Problem lösen", sagte Miriana Lima auf dem Weg in die Kathedrale von Sao Paulo. "Die Kirche wurde davon zutiefst erschüttert."
Eine pensionierte Lehrerin aus Warschau sieht die gesamte katholische Kirche in der Verantwortung. "Die Kirche muss diese Fälle klar verurteilen, zeigen, wie sehr sie die Verfehlungen bedauert und versprechen, alles zu tun, damit so etwas nie wieder passiert", sagte die 55-jährige Anna Boetzel. Sie sei sehr enttäuscht und geschockt, plane aber nicht auszutreten.
Ein New Yorker Katholik brachte seine Betroffenheit vor der Kathedrale St. Patrick's zum Ausdruck. "Mein Vertrauen ist erschüttert, weil sie nicht alles tun, was nötig ist", sagte der 57-Jährige, der nicht namentlich genannt werden wollte. "Ich glaube aber, dass sich jetzt langsam etwas bewegt."
Zum Auftakt des Gottesdienstes ergriff der Vorsitzende des Kardinalskollegiums am Sonntag vor Zehntausenden Gläubigen das Wort und erklärte demonstrativ, Benedikt XVI. könne sich des Rückhalts der Gemeinde sicher sein. "Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit dir und wird sich nicht von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage beeinflussen lassen", sagte Kardinal Angelo Sodano dem Papst. Die Kardinäle, Kurienmitarbeiter und Bischöfe weltweit stünden hinter ihm, vor allem aber die "400.000 Priester, die großherzig dem Volk Gottes dienen".
Der Papst selber erteilte vom Balkon des Petersdoms den traditionellen Ostersegen "Urbi et Orbi", mahnte in seiner Osterbotschaft eine "geistige und moralische" Umkehr an und sprach diverse politische Konflikte an, aber nicht die Probleme in seinem eigenen Machtbereich.
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Die Leiterin des US-Opferverbands SNAP bezeichnete Sodanos Rede als beleidigend. "Den Opfern geht es um Trost und Heilung, sie sollten nicht beleidigt und ihre Aussagen nicht als 'unbedeutendes Geschwätz' abgetan werden", so Barbara Blaine. "Der Papst hat gesagt, die Wahrheit solle ans Licht gebracht werden - was denn nun?"
Nach Angaben von Vatikanexperten hat eine Ostermesse auf dem Petersplatz noch nie mit einem derartigen Grußwort begonnen. Beobachter interpretierten dies als eindeutigen Versuch der Klarstellung, dass lediglich eine kleine Minderheit Kinder missbraucht habe.
Der ungewöhnliche Auftritt Sodanos zeigt, wie sehr der Vatikan den Druck durch den Skandal spürt. Der Vatikan hat zuletzt mehrfach die Medien wegen ihrer Berichterstattung über den Missbrauchsskandal kritisiert. So hieß es in der Zeitung des Kirchenstaats am Samstag, der Papst sei Ziel einer "verabscheuungswürdigen Verleumdungskampagne" geworden.
Britische Anwälte wollen Papst zur Verantwortung ziehen
In zahlreichen Ländern, darunter auch Deutschland, werden immer mehr Vorwürfe der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kirchenvertreter laut. Auch Benedikt wird zunehmend kritisiert: Zahlreiche Katholiken erwarten von ihrem Kirchenoberhaupt eine Stellungnahme.
Besonders starken Gegenwind bekommt der Papst zurzeit aus Großbritannien: Mehr als 10.000 Menschen unterzeichneten auf der Website der Downing Street eine Petition gegen eine für September geplante Reise des Kirchenoberhaupts. Der viertägige Besuch in England und Schottland soll die Steuerzahler schätzungsweise 15 Millionen Pfund kosten.
Noch härtere Bandagen zieht eine Gruppe britischer Anwälte auf. Sie prüft, ob der Papst tatsächlich Anrecht auf die Immunität eines Staatsoberhaupts hat oder nicht doch nach dem Weltrechtsprinzip verfolgt werden könnte - wegen des angeblichen Vertuschens von sexuellem Missbrauch durch Priester.
"Der Papst war nicht klar genug"
Der Skandal hat die Osterfeiern von Katholiken weltweit überschattet. Der Bürgermeister von Bethlehem forderte eine deutliche Stellungnahme des Papstes. "Seine Heiligkeit sollte eine direkte Antwort auf all diese Taten einiger Priester der katholischen Kirche geben", sagte Victor Batarseh. Die Kirchenmitglieder seien beschämt über die Missbrauchsvorwürfe.
Auch ein Pilger aus der Schweiz, der zur Ostersonntagsmesse nach Bethlehem in die Geburtskirche gekommen war, sieht Benedikt XVI. in der Verantwortung: "Der Papst war nach meiner Ansicht bisher nicht klar genug mit einer Verurteilung des sexuellen Missbrauchs."
Auch in Brasilien wurden kritische Stimmen laut. "Der Papst muss dieses Problem lösen", sagte Miriana Lima auf dem Weg in die Kathedrale von Sao Paulo. "Die Kirche wurde davon zutiefst erschüttert."
Eine pensionierte Lehrerin aus Warschau sieht die gesamte katholische Kirche in der Verantwortung. "Die Kirche muss diese Fälle klar verurteilen, zeigen, wie sehr sie die Verfehlungen bedauert und versprechen, alles zu tun, damit so etwas nie wieder passiert", sagte die 55-jährige Anna Boetzel. Sie sei sehr enttäuscht und geschockt, plane aber nicht auszutreten.
Ein New Yorker Katholik brachte seine Betroffenheit vor der Kathedrale St. Patrick's zum Ausdruck. "Mein Vertrauen ist erschüttert, weil sie nicht alles tun, was nötig ist", sagte der 57-Jährige, der nicht namentlich genannt werden wollte. "Ich glaube aber, dass sich jetzt langsam etwas bewegt."
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