Es ist eine außergewöhnliche Entscheidung einer US-Regierung: Präsident Barack Obama will einen US-Bürger gefangennehmen oder auch gezielt töten lassen. Laut Berichten der Nachrichtenagentur Reuters und der "Los Angeles Times" wurde der radikale muslimische Prediger Anwar al-Awlaki auf eine CIA-Liste der meistgesuchten Extremisten gesetzt, die zur Festnahme oder Tötung ausgeschrieben sind. Der Zeitung zufolge ist es offenbar das erste Mal seit 2001, dass Washington dem Geheimdienst die gezielte Tötung eines US-Bürgers genehmigt hat. Das US-Militär führe allerdings eine eigene Liste von Gesuchten, die ebenfalls zur Festnahme oder Tötung ausgeschrieben sind.
Ein früherer Regierungsvertreter erklärte der "New York Times", er wisse von keinem US-Bürger, dessen gezielte Tötung unter Obamas Vorgänger George W. Bush genehmigt worden sei.
Die US-Bürgerschaft Awlakis mache es "allerdings schwierig", gegen den radikalen Muslim vorzugehen, sagte Jane Harman, Vorsitzende des Unterausschusses für Geheimdienste im Kongress, der Nachrichtenagentur Reuters. Aber Obama habe deutlich gemacht, dass "Personen - auch Amerikaner -, die versuchen, unser Land anzugreifen, von uns verfolgt werden und Angriffsziele der Vereinigten Staaten sind".
Der 38-jährige Awlaki gilt als direkte Bedrohung für die USA. Er hatte Geheimdienstangaben zufolge Verbindungen zu den Attentätern vom 11. September 2001 und zudem Kontakt zum gescheiterten Detroit-Terrorbomber Umar Farouk Abdulmutallab. Auch mit dem US-Militärpsychiater Nidal Hasan, der im November 2009 auf der Militärbasis Fort Hood in Texas 13 Menschen erschoss, tauschte Awlaki E-Mails aus.
Anti-Terror-Experten zufolge wirbt Awlaki Kämpfer für das Terrornetzwerk al-Qaida auf der arabischen Halbinsel an und soll Pläne für Anschläge gegen Ziele in den USA und gegen US-Bürger im Ausland unterstützt haben. "Er ist in Terrorplots verwickelt", sagte ein Regierungsvertreter der "New York Times" und fügte hinzu: "Awlaki weiß, was er getan hat, und er würde nicht mit Handschlag und Blumen begrüßt."
Man würde direkte Maßnahmen gegen Terroristen ergreifen, hatte Geheimdienst-Koordinator Dennis C. Blair schon im Februar in einer Parlamentsanhörung gesagt - und wenn dies notwendigerweise die Tötung eines Amerikaners beinhalte, würde der Geheimdienst dazu autorisiert. Blair sprach in diesem Zusammenhang aber nicht von Awlaki.
Anti-Terror-Experten vermuten, dass Awlaki sich im Jemen versteckt hält. Der Jemen steht seit dem nur knapp vereitelten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug in Detroit an Weihnachten verstärkt im Fokus der Terrorfahnder. Der regionale Qaida-Ableger hatte sich zu dem Attentatsversuch bekannt.
Awlaki wurde am 21. April 1971 im US-Bundesstaat New Mexico geboren. Der Sohn jemenitischer Eltern verbrachte die ersten sechs Jahre seiner Kindheit in den USA. Später ging er mit seinen Eltern in den Jemen zurück, zog dann aber wieder in die USA und studierte unter anderem an einer Universität in Washington. Er wurde Imam an Moscheen in Denver, San Diego und Falls Church in Virginia. 2004 kehrte er in den Jemen zurück, wo er an einer Universität unterrichtete. 2006 wurde er inhaftiert, weil er im Verdacht stand, Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida zu haben und in Anschläge verwickelt zu sein. Im Dezember 2007 kam Awlaki frei, er hatte sich zuvor reuig gezeigt. Als es neue Vorwürfe gegen Awlaki gab, war dieser bereits untergetaucht.
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